Eine aufwachende Frau hält einen Wecker.

Chronomedizin Was die Zeitumstellung mit dem Körper macht

Stand: 29.10.2023 03:49 Uhr

In der Nacht auf Sonntag wurde die Uhr eine Stunde zurückgestellt, es gilt wieder die Normalzeit. Doch Umfragen haben gezeigt, dass die Deutschen am liebsten die ewige Sommerzeit hätten. Was sagt die Forschung dazu?

Von Anja Braun, SWR

Ab heute gilt wieder die Normalzeit - die Uhr wurde in der Nacht um eine Stunde zurückgestellt, es ist also eine Stunde dazugekommen. Für den Körper ist die Umstellung zunächst belastend, doch er kann sich an den neuen Rhythmus anpassen.

Eigentlich sollte die Umstellung abgeschafft werden. Europaweit hat man sich längst geeinigt, auf das Umstellen der Uhr im Frühjahr und Herbst auf lange Sicht zu verzichten. Nur wird jetzt darum gerungen, welche Zeit dann eingestellt werden soll - die ewige Normalzeit oder die ewige Sommerzeit? In Umfragen haben zumindest die Deutschen da eine klare Vorliebe gezeigt - sie wollen die Sommerzeit.

Schlafforschung rät zu ewiger Normalzeit

Für die Schlafforschung ist dagegen klar: Die Normalzeit - auf die jetzt am Wochenende umgestellt wird - ist besser. Wissenschaftler Albrecht Vorster von der Universitätsklinik für Neurologie in Bern betont im Interview mit dem SWR:

Die Normalzeit ist die Zeit, wo die Sonne mittags um 12:00 Uhr ihren höchsten Punkt erreicht und wo im Jahresmittel morgens um 06:00 Uhr die Sonne aufgeht und sie abends um 06:00 Uhr untergeht.
Albrecht Vorster, Schlafforscher

Nach Umstellung im März mehr Klinikeinweisungen

Die Sommerzeit wurde 1980 als künstliche Zeit eingeführt. Durch den Abzug einer Stunde im März wird der Rhythmus verschoben, und die Sonne geht dann - im Jahresmittel - erst um 7:00 Uhr auf. Doch viele Menschen stecken diese Umstellung nicht so gut weg, sagt Vorster. "Bei der Zeitumstellung im März, wo wir eine Stunde früher aufstehen müssen, haben wir in den darauffolgenden zwei Tage messbar mehr Krankenhauseinweisungen."

Im Herbst haben die Menschen weniger Probleme mit der Uhrumstellung, denn da bekommen sie eine Stunde geschenkt. Schlafforscher Vorster unterstreicht, nach der Uhrumstellung im Herbst gebe es etwas weniger Klinikeinweisungen als im Frühjahr.

Sommerzeit benachteiligt späte Chronotypen, die Eulen

Die Umstellung auf die Sommerzeit benachteiligt laut der Forschung die späten Chronotypen - die sogenannten Eulen. Diese Gruppe tut sich schwer, je früher der Tag losgeht, sagt Michael Schredl, Schlafforscher am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim.

Aus zahlreichen Studien sei bekannt, dass gerade der späte Chronotyp, also die Eule, am frühen Vormittag schlechtere kognitive Leistungen zeige und durch einen frühen Schul- oder Unistart benachteiligt sei. Deshalb fordern auch Bildungsforschende, dass Klassenarbeiten und Tests auf spätere Tageszeiten gelegt werden sollten, um diese Benachteiligung etwas aufzufangen.

Uhrumstellung wird mit Jetlag verglichen

Die Schlafforschung vergleicht die Uhrumstellung oft mit einem Jetlag. Doch die Umstellung des Körpers auf die Normal- oder Sommerzeit sei noch schwieriger als bei einem herkömmlichen Jetlag, so Schredl, da wir am selben Ort bleiben und es daher keinen neuen Hell-Dunkel-Rhythmus gibt.

Die Schwierigkeit liegt darin, dass "man seinen eigenen Rhythmus gegen die Sonne verschieben muss, und da braucht man eben dann andere Zeitgeber: nicht das Licht, sondern eben Zeitgeber wie körperliche Aktivität, Mahlzeiten. Dann braucht der Körper, je nachdem wie gut man das verkraftet, etwa eine Woche, bis er sich umstellt."

Die Schlafforschung rät, in der Woche nach der Uhrumstellung weniger streng mit sich selbst zu sein und so häufig, wie es geht, nach draußen zu gehen und Sonne zu tanken. Denn im Herbst und Winter haben zumindest hierzulande alle das Problem, dass sie zu wenig Sonnenlicht bekommen.

Auch der Berner Schlafforscher Vorster empfiehlt Menschen, die Probleme im Herbst haben, viel Zeit draußen zu verbringen. "Dann können wir die Zeitumstellung viel besser wegstecken."

Zeitumstellung nach hinten verschieben?

Der Schweizer Wissenschaftler schlägt außerdem vor, die Zeitumstellung einfach in einen anderen Monat zu verlegen. Statt im März sollten die Uhren im April umgestellt werden. Das würde schon einige Beschwerden verbessern.

Denn im März sei es sehr unangenehm, dann wieder zwei Wochen lang im Dunkeln aufstehen zu müssen, weil die Sonne durch die Zeitumstellung zu dem Zeitpunkt noch nicht aufgegangen ist. Ende April sei das kein Problem mehr, da gehe die Sonne sowieso früh genug auf.

Anja Braun, SWR, tagesschau, 28.10.2023 08:42 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Nova am 27. Oktober 2023 um 18:10 Uhr.