Containerschiffe im Roten Meer.

Konflikt im Nahen Osten Weiter weniger Frachtschiffe im Roten Meer

Stand: 11.03.2024 15:00 Uhr

Angesichts des anhaltenden Konflikts im Nahen Osten meidet die internationale Containerschifffahrt weiterhin das Rote Meer und den Suezkanal. Auch in den deutschen Seehäfen hinterlassen die weltweiten Krisen ihre Spuren.

Die geringfügige Erholung der internationalen Containerschifffahrt im Roten Meer ist schon wieder passé. Nachdem die Zahl der täglichen Containerschiffe zwischenzeitlich wieder auf rund 50 gestiegen war, liegt sie gegenwärtig mit etwa 40 wieder nahe am Tiefpunkt von Mitte Januar. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr passierten täglich noch durchschnittlich deutlich mehr als 100 Schiffe das Rote Meer.

Dies geht aus dem jüngsten Kiel Trade Indicator des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervor. Das Barometer wertet die weltweiten Positionsdaten von Containerschiffen in Echtzeit aus. Die Kieler Forscher kommen auf Basis ihrer Daten zum Schluss: "Damit ist der Einbruch des Schiffsverkehrs im Roten Meer seit den Angriffen der Huthi-Rebellen offenbar noch nicht gestoppt."

Kap der Guten Hoffnung statt Rotes Meer

Die Huthis im Jemen haben als Reaktion auf Israels Militäroffensive im Gazastreifen wiederholt Frachtschiffe in der Nähe des Roten Meeres angegriffen. Statt durch das Rote Meer fahren deshalb nun viele Schiffe um Afrika herum. Die Menge an Schiffen rund ums Kap der Guten Hoffnung hat sich dem IfW zufolge binnen Jahresfrist verdreifacht.

Wegen des Umwegs setzen die Reedereien nach Einschätzung des Instituts inzwischen wohl auch mehr Schiffe ein, um die enge Hafentaktung gewährleisten zu können. So sei die Zahl der Containerschiffe, die täglich auf See unterwegs sind, von Januar auf Februar leicht um 0,3 Prozent gestiegen und liege derzeit bei rund 5.450 Schiffen.

Forscher geben Entwarnung

Welche Folgen hat das für die deutschen Häfen und die deutsche Wirtschaft? Gesamtwirtschaftlich und speziell für die deutsche Wirtschaft seien keine negativen Folgen zu erwarten, erklärten die Regierungsberater vom IfW. "Sowohl die Frachtraten nach Europa als auch die ankommende Warenmenge in der Nordsee stabilisieren sich."

Zunächst hatten die Angriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Miliz auf die Handelsschifffahrt zu einer Unterbrechung der üblichen Seeroute durch den Suezkanal geführt und zweiwöchige Verspätungen wegen des Umwegs um Afrika herum verursacht. Inzwischen normalisiere sich die Schiffsfrequenz in den Häfen wieder.

Frachtraten normalisieren sich

Im Dezember 2023 und im Januar dieses Jahres legten nach Angaben des Instituts noch rund 25 Prozent weniger Schiffe in Hamburg, Bremerhaven, aber auch in Rotterdam und Antwerpen an. Diese Lücke habe sich im Februar auf rund 15 Prozent reduziert. Bremerhaven liege sogar zwei Prozent im Plus.

Auch die Frachtraten für den Transport eines Standardcontainers von China nach Nordeuropa hatten sich zuletzt stabilisiert. Seit dem Hoch Mitte Januar mit annähernd 5.500 Euro (6.000 US-Dollar) pro Container war der Spotpreis kontinuierlich auf derzeit rund 4.100 Euro (4.500 US-Dollar) gesunken.

Forscher: Deutschland muss sich bei Lieferketten breiter aufstellen

"Auch wenn die gesamtwirtschaftlichen Folgen überschaubar sind: Die abermalige Unterbrechung gewohnter Handelsrouten im Nadelöhr des Roten Meeres trifft auf eine sensibilisierte Stimmung für geoökonomische Risiken und Abhängigkeiten", sagte Julian Hinz, Forschungsdirektor und Leiter des Kiel Trade Indicators am IfW Kiel.

Deutschland und Europa seien wirtschaftlich so wohlhabend, gerade weil sie als offene Volkswirtschaften vom Handel lebten. "Es muss also um Diversifizierung gehen, nicht um ein Abkapseln." Deshalb müsse man sich breiter aufstellen bei Lieferketten und Handelspartnern, um Abhängigkeiten von einzelnen Zulieferern, Ländern, aber auch Handelsrouten zu reduzieren.

Seehäfen bekommen schwachen Außenhandel zu spüren

In der Summe haben die weltweiten Krisen 2023 in den deutschen Seehäfen deutliche Spuren hinterlassen. Deren Güterumschlag ging 2023 um 4,1 Prozent auf 267,8 Millionen Tonnen zurück, wie das Statistische Bundesamt heute in Wiesbaden mitteilte. Das Minus traf in unterschiedlichem Ausmaß alle wichtigen Seehäfen. Eine Ausnahme bildet der größte Ostseehafen Rostock, der den Statistikern zufolge besonders von einem stark gestiegenen Umschlag mit Erdöl profitierte.

Die beiden wichtigsten Partnerländer im Seehandel waren im vergangenen Jahr die USA mit einem Güterumschlag von 27,9 Millionen Tonnen und Norwegen mit 25,1 Millionen Tonnen. "Schweden löste 2022 die Russische Föderation als bis dahin wichtigstes Partnerland ab und lag 2023 mit 23,0 Millionen Tonnen Güterumschlag auf Rang 3, gefolgt von China mit 20,1 Millionen Tonnen auf Rang 4", so die Statistiker.

"Zu den Verschiebungen in der Rangfolge der wichtigsten Partnerländer haben die verstärkten Lieferungen fossiler Energieträger durch die USA infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine beigetragen."

Containerumschlag abermals gesunken

Der Containerumschlag der deutschen Seehäfen lag den Angaben zufolge 2023 mit 12,7 Millionen 20-Fuß-Standardcontainern (TEU) um 8,5 Prozent unter dem Vorjahreswert. "Dies war der zweite Rückgang des Containerumschlags in Folge. Das Vorkrisenniveau des Jahres 2019 von 15,0 Millionen TEU wurde damit noch nicht wieder erreicht."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Januar 2024 um 05:57 Uhr.