
Chinesischer Bezahldienst Alipay droht die Zerschlagung
Chinas Machthaber gehen immer rigoroser gegen die Tech-Industrie des Landes vor. Die weitverbreitete Zahlungs-App AliPay soll nun offenbar dazu gezwungen werden, Nutzerdaten an ein teilstaatliches Unternehmen abzugeben.
China zieht die Daumenschrauben gegenüber seiner Tech-Industrie weiter an. Ganz oben auf der Liste der Unternehmen, die der Regierung in Peking offenbar zu mächtig geworden sind, steht der Finanzdienstleister Ant Group. Nach Informationen der "Financial Times" wollen die Behörden die hochprofitable Zahlungs-App AliPay des Fintech-Konzerns zerschlagen und eine getrennte Plattform für das Kreditgeschäft des Unternehmens schaffen.
Der Plan sehe zudem vor, dass Ant die seinen Kreditentscheidungen zugrunde liegenden Nutzerdaten an ein neues Joint Venture zur Kreditwürdigkeitsprüfung übergeben muss. Dieses sei teilweise in Staatsbesitz, berichtet die Zeitung unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. An der Hongkonger Börse sorgte die Meldung für Verunsicherung. Der dortige Leitindex Hang Seng gab am Morgen um gut zwei Prozent nach. Insbesondere Technologie-Aktien standen unter Druck.
Mutterkonzern Alibaba unter Druck
Die Zerschlagungs-Pläne reihen sich ein in eine ganze Serie von Maßnahmen der chinesischen Behörden gegen die Tech-Konzerne des Landes. Damit soll nach Einschätzung von Experten die Kontrolle über Wirtschaft und Gesellschaft gestärkt werden. Bereits im Herbst vergangenen Jahres war die Ant Group ins Visier der Regulierer geraten: Sie vereitelten den geplanten Börsengang des Unternehmens und belasteten damit auch den Mutterkonzern Alibaba.
Nur zwei Tage vor dem geplanten Debüt an den Börsen in Shanghai und Hongkong bemängelte die Finanzaufsicht bei Alibaba-Gründer Jack Ma, dass wegen veränderter Regularien die Offenlegungspflichten wohl nicht erfüllt würden. Kurz vor der Ziellinie platzte die Erstemission des chinesischen Branchenführers beim mobilen Zahlungsverkehr, die mit einem Volumen von mehr als 37 Milliarden Dollar der weltgrößte Börsengang gewesen wäre.
Auch Spieleanbieter betroffen
Zuletzt hatte Peking im Juli für Verunsicherung bei Tech-Investoren gesorgt, nachdem die staatliche Wirtschaftszeitung "Economic Information Daily" Onlinespiele als "geistiges Opium" und "elektronische Drogen" bezeichnet hatte. Das schickte die Aktien von Anbietern wie Tencent, Netease und Bilibili auf Talfahrt.
Bei Anlegern wuchs daraufhin die Sorge, dass die Spieleindustrie mit einem Umsatzvolumen von 360 Milliarden Dollar im Jahr das nächste Opfer staatlicher Regulierung werden könnte. Tencent-Aktien waren bereits im Juni unter Druck geraten, weil die Audiostreaming-Tochter Tencent Music auf Anordnung der Behörden die exklusiven Vermarktungsrechte für Musikstreaming abgeben soll. Zuvor waren die Aktien von Lernplattformen wie Gaotu Techedu, New Oriental Education und TAL Education eingebrochen, weil sie einem Gesetzentwurf zufolge künftig keine Gewinne mehr erzielen dürfen.
Unternehmer Jack Ma im Visier
Besonders ins Visier der regierenden Kommunisten geraten ist Jack Ma, Gründer des Onlinehändlers Alibaba, der auch der Mutterkonzern der Ant Group und damit von Alipay ist. Ma hatte es im vergangenen Jahr gewagt, auf einer hochkarätig besetzten Konferenz in Shanghai Chinas Aufsichtsbehörden als "Altherrenklub" zu kritisieren. "Gute Innovation hat keine Angst vor Regulierung, aber sie hat Angst vor veralteten Vorschriften", wurde Ma zitiert. Die Zukunft dürfe nicht "mit Methoden von gestern" reguliert werden.
Kurz danach tauchte Ma in der Öffentlichkeit nicht mehr auf. Bei einem fest eingeplanten Auftritt als Juror in einer Talentshow fehlte er. Und kurz nach seiner Behördenkritik entschied Chinas Finanzaufsicht, den Börsengang der Ant Group abzusagen. Jack Ma hat sich dazu nie geäußert. Alibaba-Chef Daniel Zhang lobte dagegen Chinas Regulierer wenige Tage nach dem abgesagten Börsengang in den höchsten Tönen. Allerdings deutet die nun drohende Zerschlagung von Alipay darauf hin, dass das Firmen-Imperium von Jack Ma weiter im Visier der Regierung bleibt.