
Erneuerbare Energien Solarstrom-Vergütung unter Marktwert
Photovoltaik galt mal als eine hoch subventionierte Form der Stromerzeugung. Das hat sich geändert. Inzwischen bekommen Besitzer neuer Anlagen weniger Förderung für ihren eingespeisten Strom, als er am Markt eigentlich wert ist.
Selbst zur Energiewende beitragen: Das können Privatpersonen zum Beispiel mit Solarzellen auf dem eigenen Hausdach. Diese Möglichkeit wird viel genutzt. Inzwischen sind deutschlandweit über zwei Millionen Photovoltaikanlagen in Betrieb, die meisten davon auf Dächern von Privathaushalten. Das wichtigste Instrument, um den Ausbau der Photovoltaik zu fördern, war viele Jahre lang die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Also der garantierte Erlös pro Kilowattstunde Solarstrom, die ins Stromnetz eingespeist wird.
Doch diese Einspeisevergütung ist zuletzt immer unattraktiver geworden. Denn sie sinkt bei neu gebauten Photovoltaik-Anlagen Monat für Monat immer weiter. Jetzt ist ein symbolischer Punkt erreicht: Die Einspeisevergütung ist sogar niedriger als der eigentliche Marktpreis für den Strom. Andreas Henze vom Solarverband Bayern kritisiert, inzwischen könne man bei der Einspeisevergütung kaum noch von einer Förderung für den Sonnenstrom sprechen, "sondern das ist eigentlich das Gegenteil". Dabei werde der zusätzliche Strom für die Energieversorgung Deutschlands dringend gebraucht.
Die Schere geht auseinander
In Zahlen: Die garantierte Einspeisevergütung für Anlagen mit einer Leistung bis zehn Kilowattstunden, wie sie auf Einfamilienhäusern üblich sind, lag vor zwanzig Jahren noch bei über 50 Cent pro Kilowattstunde Solarstrom. Wer heute so eine Photovoltaikanlage installiert, bekommt pro Kilowattstunde Strom, den er ins Netz einspeist, gerade noch 6,7 Cent - und damit fast einen Cent weniger, als der eingespeiste Solarstrom im Durchschnitt des vergangenen Jahres am Strommarkt wert war. Dieser von den Netzbetreibern errechnete Jahresmarktwert liegt für 2021 bei 7,6 Cent pro Kilowattstunde. Durch den Anstieg der Börsenstrompreise ist diese Schere vor allem über den Winter weit auseinandergegangen.
Ursache für den höheren Preis waren teils Sondereffekte wie der Anstieg von Kohle- und Gaspreisen durch die weltweite Wirtschaftserholung nach der Coronakrise - und der Ukraine-Konflikt. Teils stehen dahinter aber auch bleibende Veränderungen wie der steigende CO2-Preis im EU-Emissionshandel. Der Bundesverband Solarwirtschaft bezweifelt, dass der extreme Anstieg der vergangenen Monate von Dauer sein wird. Wo der Preis auf dem Strommarkt sich am Ende neu einpendelt, wird sich zeigen.
Große Solarparks profitieren
Klar ist jedoch: Große Anlagen, die ihren erzeugten Strom per Direktvermarktung verkaufen, profitieren von den gestiegenen Marktpreisen für Strom, sie können Zusatzerlöse erzielen. Kleine Anlagen auf Hausdächern dagegen müssen weiter mit der sinkenden Einspeisevergütung zurechtkommen.
Hinter diesem im EEG verankerten Mechanismus von stetigen Abschlägen bei der Vergütung von Solarstrom steckt die Erwartung, dass die Solarmodule und -anlagen mit der Zeit immer billiger werden. Das stimmt derzeit jedoch nicht mehr. Inzwischen steigt der Preis für die Installation von Photovoltaikanlagen wieder. Das hat mit Unterbrechungen von Lieferketten wegen Corona zu tun, berichtet Tobias Schmitt von der Münchner Solarfirma Emondo.
Aber nicht nur. Denn vor allem große Solarparks boomen, weil sie ihren Strom vorbei an den Mechanismen des EEG direkt am Markt verkaufen können. Das treibt die Nachfrage nach Solarpaneelen, die für Anlagen jeder Größe gebraucht werden. "Die Herstellung kann gar nicht im Moment so schnell mitwachsen, wie der Markt das verlangt", sagt Schmitt, "und das wird sich nicht morgen erledigt haben. Also wird sich dieses Problem verschärfen." Für Endkunden seien die Anlagen inzwischen wieder in etwa so teuer wie in den Jahren 2017 oder 2018. Die gesetzliche Einspeisevergütung dagegen ist viel geringer als damals.
Hoher Eigenverbrauch ist entscheidend
Zwar lohnen sich Photovoltaikanlagen auf Privathäusern in vielen Fällen trotzdem noch. Aber dafür ist es entscheidend, dass der Besitzer möglichst viel von seinem Strom auch selbst verbraucht. Denn dann spart er direkt an seiner Stromrechnung, und die wird ja derzeit immer höher - aufgrund der gestiegenen Marktpreise für Strom. Solarfirmen melden derzeit deshalb eine ungebrochen hohe Nachfrage im Einfamilienhaus-Segment.
Doch ein Problem bleibt: Weil sich einerseits der Eigenverbrauch von Solarstrom immer mehr lohnt, andererseits das Einspeisen ins Netz immer weniger, ergibt sich in vielen Fällen ein Anreiz dafür, die Solaranlagen kleiner zu planen als eigentlich möglich wäre. Denn vom Solarstrom einer Anlage, die das ganze Dach füllt, können Familien oft nur einen kleineren Anteil selbst verbrauchen. Das schmälert dann die Rendite.
Solarfirmen berichten, dass sich Besitzer von privaten Einfamilienhausbesitzer trotz der niedrigen Einspeisevergütung häufig davon überzeugen lassen, ihr ganzes Dach mit Photovoltaik auszunutzen, wenn schon einmal ein Gerüst steht. Stark betroffen sind jedoch mittelgroße Anlagen auf Gewerbedächern, hier gab es laut Bundesverband Solarwirtschaft im vergangenen Jahr einen deutlichen Einbruch. Denn den Strom im Gebäude selbst zu verbrauchen ist zum Beispiel bei Lagerhallen mit ihren großen Dächern kaum möglich.
Ministerium verspricht umfassendes Solarpaket
Das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium will im April ein Eil-Paket zum Klimaschutz im Kabinett vorlegen. Darin soll eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes enthalten sein, mit einem "umfassenden Paket für die Solarenergie". Eine Ministeriumssprecherin schreibt auf BR-Anfrage: "Es ist Ziel des Solarpakets, größere Anreize für den Ausbau der Solarenergie zu schaffen und auch die Dächer dabei vollständiger auszunutzen." Die aktuelle Situation auf dem Strom- und Anlagenmarkt werde man dabei einbeziehen. Details will das Ministerium jedoch noch nicht nennen.