
Bieterstreit um die Schufa Verbraucherdaten treiben den Preis
Ein Finanzinvestor und die Volks- und Raiffeisenbanken könnten sich bald ein Bietergefecht um die Wirtschaftsauskunftei Schufa liefern. Sie liefert Daten zur Kreditwürdigkeit von Millionen Verbrauchern - das macht sie so interessant.
Das Bundeskartellamt hat die den Verkauf der Schufa prinzipiell erlaubt. Die Behörde gab dazu heute zwei Zusammenschlussvorhaben frei, die ganz unterschiedliche Ziele haben. In beiden Fällen würde sich die Eigentümerstruktur des Unternehmens aber deutlich verändern.
Finanzinvestor gegen Volksbanken
Zum einen verfolgt der schwedische Investmentfonds EQT das Ziel, bis zu 100 Prozent der Anteile der Schufa zu kaufen. Genau das will der Plan der genossenschaftlichen Teambank verhindern. Die Teambank gehört zur DZ Bank-Gruppe, bei ihr sind die Anteile der Volks- und Raiffeisenbanken an der Schufa gebündelt. Nach eigenen Angaben hält die Teambank, die etwa Ratenkredite wie den "easycredit" anbietet, einen Anteil von knapp 18 Prozent an der Schufa.
EQT hatte sich seinerseits von der französischen Großbank Société Générale zehn Prozent an der Wiesbadener Kredit-Auskunftei gesichert und eine Komplett-Übernahme beim Kartellamt angemeldet. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben jedoch ein Vorkaufsrecht für zum Verkauf stehende Anteile an der Schufa. Sie pochen auf die Neutralität der Schufa. Das Unternehmen wird Insidern zufolge mit rund zwei Milliarden Euro bewertet.
Datensammler auf vielen Ebenen
Die Begehrlichkeiten in Richtung der Schufa, die 1927 als "Schutzgemeinschaft für Absatzfinanzierung" gegründet wurde, haben gute Gründe. Die Schufa sammelt Daten zum Zahlungsverhalten und zu Kreditverpflichtungen von rund 68 Millionen Bürgern. Das Unternehmen ist privatwirtschaftlich seit dem Jahr 2000 als Aktiengesellschaft organisiert und keine halbstaatliche oder öffentliche Instanz, wie viele Verbraucher annehmen.
Als "Datenkrake", die viele Informationen zur finanziellen Situation von Millionen Käufern im Internet, Kreditnehmern oder Kreditkarten- und Bankkunden und sogar Vertragskunden von Mobilfunkunternehmen sammelt und auswertet, ist die Schufa für viele Player in der Kreditwirtschaft, aber auch darüber hinaus, interessant. Durch ihren "Bonitäts-Score" kann eine Schufa-Information darüber entscheiden, ob einem Kunden oder einer Kundin ein Kredit gewährt wird oder nicht.
Das Scoring und die Datensammlungen das Unternehmen stehen seit langem auch in der Kritik von Verbraucher- und Datenschützern. Den Zugang zu ihren Daten gewähren die Bundesbürger der Schufa aber selbst, nämlich durch ihre Zustimmung bei der Eröffnung eines Kontos oder auch eines Stromliefervertrages. Bis 2018 war diese Zustimmung noch ausdrücklich über die sogenannte Schufa-Klausel erforderlich. Seitdem reicht die Information im Kleingedruckten des entsprechenden Vertrages. Die Schufa nutzt aber auch öffentlich zugängliche Quellen wie Schuldnerverzeichnisse oder Bekanntmachungen von Insolvenzen, um einen Score zu ermitteln.
Kredit-Score in der Kritik
Auch der "Score", also die Bewertung der Kreditwürdigkeit von Verbrauchern, den die Schufa vergibt, ist nicht unumstritten. Die Bonitätsnote, die das Unternehmen ermittelt, ist das Betriebsgeheimnis der Schufa. Als klar gilt, dass sich "vertragsgemäßes Verhalten" - also pünktliche Zahlungen von Kreditraten oder Handyrechnungen oder auch beim Immobilienkredit - positiv darauf auswirken. Weniger günstig sind Mahnbescheide, ein Inkassoverfahren oder gar eine Verbraucherinsolvenz. Ob und wie sich eine größere Anzahl von Kreditverträgen oder mehrere Konten und Handyverträgen auf den Score auswirken, ist nicht bekannt.
Der Score kann von einem Kreditgeber, etwa einer Bank, eingesehen werden "wenn ein berechtigtes Interesse" daran besteht. Auch ein Händler, bei dem eine Ratenzahlung angefragt wird, kann einen Blick in diesen Score werfen.
Ausgebremst beim Einblick in Kontobewegungen
Über das Projekt "CheckNow" hatte das Unternehmen ab 2020 versucht, sogar Einblick in Kontobewegungen von Bank- und Kreditkunden zu bekommen und zum Bestandteil ihres Score zu machen. "CheckNow" in seiner ursprünglichen Ausführung sollte eigentlich Menschen mit mangelnder Bonität ermöglichen, trotzdem beispielsweise einen Mobilfunkvertrag zu bekommen. Um eine "zweite Chance" zu erhalten, sollten Kundinnen und Kunden ihr Einverständnis dazu geben, dass die Münchner Schufa-Tochterfirma Finapi auf ihr Online-Bankkonto schaut.
Kern der öffentlichen Kritik war jedoch eine weitere Einwilligung, die sich die Schufa nach Recherchen von NDR, WDR und SZ in dem Pilotprojekt über ein kleines Häkchen erteilen lassen wollte. Wer dies anklickte, erteilte der Schufa die Erlaubnis, die sensiblen Kontoauszüge für andere Zwecke umfangreich auszuwerten - womöglich zum Nachteil der Kunden. Ende November 2021 erklärte die Schufa, "CheckNow" einzustellen.
Ein Investment, das sich lohnt
Der Wert, den die Daten der Schufa für einen potenziellen Mehrheitseigner darstellen können, wird durch diese Initiativen aber veranschaulicht. Das Unternehmen, das 900 Mitarbeiter beschäftigt und im letzten Geschäftsjahr einen Umsatz von 230 Millionen Euro erwirtschaftete, ist mit einer Gewinnmarge von rund einem Drittel der Erlöse bereits jetzt hochrentabel.
Aus Sicht des Finanzinvestors EQT lohnt sich dafür offenbar ein Milliarden-Investment für die Übernahme. EQT hat zudem signalisiert, dass man einen dreistelligen Millionenbetrag zur Verfügung zu stellen wolle, um das Wachstum der Schufa zu beschleunigen. Wer letztlich das Rennen um die Herrschaft über die Schufa macht, ist derzeit noch völlig offen.