
Folgen des Ukraine-Kriegs Özdemir rechnet mit höheren Lebensmittelpreisen
Bundesagrarminister Özdemir rechnet mit weiter steigenden Preisen für Lebensmittel und fordert daher weitere Entlastungen. Die gestiegenen Kosten infolge des Ukraine-Kriegs und drohende Lücken in der globalen Versorgungslage sind heute auch Thema in Berlin.
Der Preisanstieg bei den Lebensmitteln hat nach Einschätzung von Bundesagrarminister Cem Özdemir noch nicht den Höhepunkt erreicht. Darum plädierte der Grünen-Politiker im "Tagesspiegel" für weitere Entlastungen - vor allem für einkommensschwächere Haushalte.
Özdemir brachte als eine mögliche Maßnahme für solche Entlastungen erneut die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse ins Spiel: "Ich fände das gut, weil Konsumausgaben gerade bei Ärmeren eine große Rolle spielen und weil das auch ein Beitrag für eine gesunde Ernährung wäre."
Die Debatte über das Streichen der Mehrwertsteuer läuft bereits seit Wochen. Unter anderem haben sich bereits er Sozialverband VdK, die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft dafür ausgesprochen, die Mehrwertsteuer bei Grundnahrungsmitteln vorübergehend auszusetzen. Dazu sollten etwa Obst, Gemüse, Milch und Hülsenfrüchte zählen.
Özdemir hatte bereits mehrfach seine Unterstützung für einen solchen Schritt deutlich gemacht. Er bezweifelte im "Tagesspiegel" jedoch, dass sich derzeit bei den Partnern in der Ampel-Koalition die nötige Mehrheit finden ließe, um ein zeitweises Aus der Mehrwertsteuer auf den Weg zu bringen.
Bundestag beschließt Finanzhilfen für Landwirte
Ein Grund für die steigenden Preise sind die höheren finanziellen Belastungen für Landwirte, etwa durch den ebenfalls teureren Dünger oder die höheren Energiepreise. Diese Kosten müssen sie teils an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben.
Um dem entgegenzuwirken, hat der Bundestag die gesetzliche Grundlage für die bereits angekündigte Krisenhilfe für Landwirte geregelt. 180 Millionen Euro sind dafür eingeplant. Landwirtschaftliche Betriebe sollen mit jeweils bis zu 15.000 Euro unterstützt werden. Das Geld soll spätestens bis Ende September ausgezahlt sein. Ein Drittel der Summe wird von der EU zur Verfügung gestellt, der Rest kommt vom Bund. Noch muss aber noch der Bundesrat der Krisenhilfe ebenfalls zustimmen.
Konferenz zu globaler Ernährungssicherheit
Um das Problem der steigenden Lebensmittelpreise geht es heute auch bei der Konferenz "Gemeinsam für globale Ernährungssicherheit" in Berlin. Neben Özdemir sollen auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Bundesentwicklungshilfeministerin Svenja Schulze an den Beratungen mit Vertretern verschiedener Länder und Hilfsorganisationen teilnehmen. Zentraler Punkt ist auch der Kampf gegen Hungersnöte und die durch den Krieg gegen die Ukraine verschärfte Versorgungslage in mehreren Staaten.
Eine Kernproblem sind die blockierten Getreideexporte aus der Ukraine. Özdemir mahnte, es müssten "dauerhafte und leistungsstarke Alternativen" zur Ausfuhr des Getreides über das Schwarze Meer gefunden werden. Solange Russland als "permanenter Aggressor" auftrete, "solange kann sich die Ukraine auch im Friedensfall nicht darauf verlassen, dass sie ihr Getreide sicher über das Schwarze Meer transportieren kann", warnte der Agrarminister. Den Export von Getreide aus der Ukraine zu sichern, bezeichnete er als eine "globale Aufgabe", für die darum auch die USA, die EU und die Wirtschaft "mit ins Boot geholt" werden müssten.
Höherer Weizenertrag in EU möglich?
Özdemir erwog als mögliche Lösungen einen Neubau einer Breitspur-Bahnverbindung zwischen der Ukraine und den baltischen Häfen. Möglicherweise sei auch der Export über die Donau am effektivsten. Doch auch außerhalb der Ukraine müsse mehr getan werden, um die globale Versorgung mit Weizen zu stärken. In der EU könnte aus Sicht des Grünen-Politikers beispielsweise in diesem Jahr ausnahmsweise auf den vorgeschriebenen Wechsel der Fruchtfolge verzichtet werden, um so den wiederholten Anbau von Weizen zu ermöglichen. Nach wissenschaftlichen Berechnungen könnten damit "allein in Deutschland bis zu 3,4 Millionen Tonnen Weizen zusätzlich produziert werden", so Özdemir.
Die Konferenz in Berlin gilt als Vorbereitung für den G7-Gipfel, der ab Sonntag in Elmau stattfindet. Konkrete Zusagen oder Beschlüsse, beispielsweise über finanzielle Hilfen, sind heute aber nicht zu erwarten.