Heizungsanlage

Neue Heizungen gefragt Energiewende im Heizkeller

Stand: 15.03.2021 17:56 Uhr

Im Lockdown haben viele Bürger in die Sanierung ihres Hauses investiert. Alte Heizungen wurden ausgetauscht. Der Run auf Wärmepumpe und Holzpellets bescherte der Branche einen Boom. Hält der Trend an?

Von Notker Blechner, tagesschau.de

Heizungsinstallateure waren im Corona-Jahr 2020 voll ausgelastet. Kunden mussten Tage oder gar Wochen warten, bis sie einen Termin bekamen. Auch im aktuellen Lockdown können die Handwerker kaum noch Aufträge annehmen. Vor Ostern sei kein Termin mehr frei, heißt es öfters.

13 Prozent mehr Heizungen verkauft

Tatsächlich ist die Nachfrage nach neuen Heizungen oder Modernisierungen regelrecht explodiert. 2020 stieg der Absatz von Heizungen um 13 Prozent, berichtet der Bundesverband der deutschen Heizungsindustrie (BDH). Zum Vergleich: Im Durchschnitt wuchs die Branche seit 2000 gerade mal um zwei Prozent pro Jahr.

Besonders Heizungssysteme, die hohe Effizienz mit erneuerbaren Energien koppeln, waren im Corona-Jahr gefragt, erklärt BDH-Hauptgeschäftsführer Andreas Lücke gegenüber tagesschau.de. Der Verkauf von Wärmepumpen stieg im vergangenen Jahr um 40 Prozent, der Absatz von Holzzentralheizungen erhöhte sich gar um knapp 140 Prozent. Auch der Heizungshersteller Buderus berichtet von einer sehr positiven Entwicklung des deutschen Marktes besonders im zweiten Halbjahr. Vor allem der Absatz von Biomasse-Kesseln habe deutlich zugelegt.

Entwicklung des deutschen Wärmeerzeugermarkts

"Cocooning"-Effekt und großzügige Förderung des Staats

Zahlreiche Bürger haben sich im Lockdown in die eigenen vier Wände zurückgezogen und es sich dort schöner gemacht. Das Geld, das sie sonst für Reisen oder fürs Ausgehen am Abend ausgegeben hätten, steckten sie in die Wohnungs- und Hausmodernisierung. Lücke spricht vom "Cocooning"-Effekt. Die Bürger hatten kein Problem damit, den Heizungsbauer in den Keller zu lassen, erklärt er.

Beschleunigt wurde der Trend durch üppige Förderprogramme. Seit Anfang 2020 zahlt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) bis zu 45 Prozent der Kosten für den Austausch einer alten Ölheizung durch eine Anlage, die ausschließlich erneuerbare Energien nutzt. Beim Umstieg auf einen Gaskessel mit Solarthermie-Anlage, Wärmepumpe oder Holzpellets-Heizung erhalten sie immerhin noch 40 Prozent der Kosten.

Großer Beitrag zum Klimaschutz

Das Klimaschutz-Potenzial in Häusern ist enorm. Schätzungen zufolge gehen 35 bis 40 Prozent der gesamten CO2-Emissionen hierzulande vom Gebäudebereich aus. "Der Wärmemarkt macht 54 Prozent des Endenergieverbrauchs aus", sagt BDH-Hauptgeschäftsführer Lücke.

Hand dreht Heizkörper auf | picture alliance / dpa

Vor allem beim Heizen sparten die Bundesbürger Energie ein. Bild: picture alliance / dpa

Die Mehrheit der deutschen Heizungen gilt als sanierungsbedürftig. Jeder vierte Heizkessel ist älter als 25 Jahre. Noch heizen die meisten Deutschen mit Öl oder Gas. Zwei Drittel der insgesamt rund 21 Millionen Heizanlagen werden mit fossilen Energieträgern befeuert. Am weitesten verbreitet sind Gasheizungen.

Das langsame Ende der guten alten Ölheizung

Die Politik will langfristig alte Ölheizungen aus deutschen Häusern verbannen. Ab 2026 dürfen in bestehenden Gebäuden nur noch neue Ölbrenner installiert werden, wenn ein Teil des Wärmebedarfs aus erneuerbaren Energien kommt. Das heißt: Eine neue Ölheizung muss dann mit einer Wärmepumpe, einer Solarthermie-Anlage oder einer Holzpellet-Anlage kombiniert werden.

Die vor dem Jahr 2026 installierten Ölheizungen dürfen nur noch so lange betrieben werden, bis sie 30 Jahre alt sind. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) beträgt der Altersdurchschnitt von mit Öl betriebenen Heizungen 21 Jahre. Zeitweise kursierte das Gerücht, dass künftig Ölheizungen gar nicht mehr erlaubt seien.

Die ökologische Stigmatisierung der Ölheizung ist teilweise übertrieben. Ein moderner Öl-Brennwertkessel schneidet in der Ökobilanz besser ab als eine jahrzehntealte Gasheizung. Neue Ölheizungen senken den Energieverbrauch um gut ein Viertel.

CO2-Abgabe macht Öl und Gas teurer

In der Realität sind Ölheizungen ohnehin kaum noch gefragt. Ihr Anteil an den Heizungsverkäufen hat sich binnen fünf Jahren halbiert auf nur noch fünf Prozent. Vielen Bürgern wird zunehmend bewusst, dass Heizöl immer teurer wird. Die in diesem Jahr eingeführte CO2-Abgabe führt zu einer Erhöhung des Heizölpreises um bis zu acht Cent pro Liter. In den nächsten Jahren wird die CO2-Abgabe weiter steigen und damit Heizöl noch teurer machen. "Auf lange Sicht dürfte das Heizen mit Öl unwirtschaftlich werden", meint Corinna Kodim, Energieexpertin vom Hauseigentümerverband Haus & Grund, in der "Süddeutschen Zeitung". "Wer heute seine Heizung erneuert, sollte möglichst auf einen anderen Brennstoff wechseln", rät sie.

Heizöl saisonal 30 Jahre | Seasonax

Bild: Seasonax

Bafa, KfW - wo gibt's die beste Förderung?

Die neuen Förderprogramme der Bafa bieten einen großen Anreiz zum Umstieg auf Heizsysteme mit erneuerbaren Energien. Wer die Hilfen nutzen will, sollte allerdings beachten, dass er erst den Installateur beauftragen kann, wenn der Förderantrag akzeptiert wurde. Sonst gibt’s kein Geld.

Vermieter können einen kleinen Teil der Investitionen auf den Mieter abwälzen. Alternativ haben sie die Möglichkeit, bei der KfW Zuschüsse von bis zu 48.000 Euro zu erhalten oder günstige Kredite für die energetische Sanierung aufzunehmen.

Die Wärmepumpe hat nicht nur Vorteile

Einige Hausbesitzer scheuen vor den Investitionskosten von neuen "grünen" Heizsystemen noch zurück - vor allem bei Häusern im Bestand. Da wird dann lieber der alte Ölkessel oder die alte Gastherme ausgetauscht. "Wer keine erneuerbaren Energien einbinden kann oder möchte, kann heute einen Gas- oder Öl-Brennwertkessel installieren, der sich nachträglich mit zum Beispiel einer Luft-Wärmepumpe zu einem Hybridgerät erweitern lässt", heißt es von Buderus.

Allerdings hat auch die hoch gelobte Wärmepumpe ihre Nachteile. In einer Studie verweist das Energiewirtschaftliche Institut an der Uni Köln auf ihren hohen Strombedarf, der gerade in kalten Wintern von den Kraftwerkskapazitäten nicht gedeckt werden könnte. Es könnte dann zu Stromlücken kommen. Der Wirkungsgrad der Wärmepumpe sinkt, je kälter es wird. Dann muss besonders viel Strom zum Heizen eingesetzt werden. Darüber hinaus strapazieren die brummenden Geräusche der Wärmepumpe mitunter die Nerven der Nachbarn in dicht bebauten Siedlungen.

Noch viel Potenzial für die Brennstoffzellenheizung

Eine Alternative sind Brennstoffzellenheizungen, bei denen möglichst "grüner" Wasserstoff mit Sauerstoff Strom und Wärme erzeugt. Sie haben einen höheren Wirkungsgrad. Noch sind sie allerdings nicht sehr verbreitet in Deutschland. Gut 5000 Stück wurden bisher bundesweit verkauft, die meisten vom Marktführer Viessmann.

BDH-Vertreter Lücke spricht von einem "Emerging Market". Nach Einschätzung von Timm Kehler, Vorstand vom Branchenverband Zukunft Erdgas, habe die Brennstoffzellenheizung gar das Potenzial, zum Game Changer der Wärmewende zu werden. "Sie ermöglicht den Einstieg in das Wasserstoffzeitalter für jedermann."

Ob der Heizungs-Boom in diesem Jahr weitergeht, auch wenn der Corona-Effekt nachlässt und die Bürger wieder raus dürfen, ist ungewiss. "Wir gehen davon aus, dass sich der gute Marktverlauf in diesem Jahr fortsetzt. Die Branche sieht bisher keinen Rückgang der starken Nachfrage", sagt Lücke vom BDH.