Renovierung einer Wärmedämmung an einem Wohnhaus.

Teure Sanierungspläne Warum der Energieberater gut gewählt sein sollte

Stand: 24.06.2023 06:00 Uhr

Fördergeld des Staates für die Haussanierung gibt es nur, wenn ein Energieberater eingeschaltet ist. Doch der Beruf ist nicht geschützt. Und selbst auf staatlich empfohlene Berater ist nicht immer Verlass.

Von Lisa Wurscher

Frank Deitschun ist öffentlich bestellter und vereidigter Bausachverständiger und immer dann gefragt, wenn Pfusch im Spiel ist. In seinem Büro in Bremen häufen sich Beschwerden über Energieberater: "Wir gucken uns Sachen an und fragen uns dann ernsthaft: Was machen gerade die Energieberater mit den Häuslebauern?"

Ein Beispiel: Ein Hausbesitzer aus Bayern, der seinen Namen nicht öffentlich nennen will. Er möchte seine Ölheizung loswerden und noch ein paar weitere Sanierungsarbeiten durchführen. Der Sanierungsfahrplan, den ihm sein Energieberater vorgelegt hat, strotzt schon auf den ersten Blick vor Fehlern: Fotos von einem fremden Haus, ein völlig falsches Baujahr bei der Heizung und eine angeblich ungedämmte Kellerdecke, die de facto schon seit Jahren eine Dämmung hat.

"Das Ding ist nichts wert."

Er habe sich das Vorgehen wesentlich professioneller vorgestellt, wundert sich dieser Hausbesitzer und räumt ein, durch diesen Reinfall das Vertrauen in den Prozess Energieberatung verloren zu haben.

Der Bausachverständige Frank hat den Sanierungsfahrplan dieses Hausbesitzers genauer unter die Lupe genommen und kommt zu folgendem Ergebnis: Schon die Auswertung des energetischen Ist-Zustandes des Einfamilienhauses sei unbrauchbar. Das Objekt sei offensichtlich nicht intensiv begangen worden. Beim Thema Wärmeschutz habe der Energieberater zwar Werte vorgegeben, aber nicht erläutert, ob und wie sie erreicht werden können. Das Fazit des Bausachverständigen: "Das Ding ist aus meiner Sicht nichts wert."

Berater von der Deutschen Energieagentur empfohlen

Die Sachverständigen-Einschätzung richtet sich in diesem Fall gegen einen Energieberater, der von der Deutschen Energieagentur - kurz dena - offiziell empfohlen wird. Der betroffene Hausbesitzer hat also richtig gehandelt. Wer für bestimmte energetische Maßnahmen Fördermittel des Bundes beantragen will, ist sogar verpflichtet, einen der auf der dena-Webseite gelisteten Energieeffizienz-Experten zu beauftragen.

Das bundeseigene Unternehmen teilt auf die Frage nach der Qualitätssicherung unter anderem mit, dass nur einschlägige Berufsgruppen wie Architekten oder Handwerksmeister als Energieberater zugelassen würden. Zudem fänden bei geförderten Maßnahmen stichprobenartige Vor-Ort-Kontrollen statt.

Schwerpunkt der Ausbildung: Förderanträge ausfüllen

Umfangreiches Fachwissen der Energieberater scheint trotzdem keine Selbstverständlichkeit zu sein. Selbst der Berufsverband fordert bessere Arbeit. Stefanie Koepsell vom Deutschen Energieberater-Netzwerk in Offenbach verweist darauf, dass die Energieeffizienz-Experten-Liste der dena die einzige Möglichkeit für Verbraucher sei, nach Experten aus dem Bereich Energieberatung zu suchen. Aus Sicht des Berufsverbandes muss das Thema Qualitätssicherung und -überprüfung weiter vorangetrieben sowie ein Berufsbild für Energieberater entwickelt werden.

Ein Problem könnte in der Ausbildung zum Energieberater liegen. Der YouTuber Alexander Boerger aus Berlin hat dazu Insider-Informationen. Er hat sich in seinem Kanal auf Energiethemen spezialisiert. Um sein Wissen zu erweitern, hat er im November 2022 einen Online-Kurs zum Energieberater absolviert. Die Lerninhalte haben ihn überrascht. Er hat er hatte damit gerechnet, zu erfahren, wie Dämmung und eine Wärmepumpe funktionieren. Stattdessen habe der Schwerpunkt der Ausbildung aber darauf gelegen, Förderanträge richtig auszufüllen und Förderungsbetrug zu verhindern.

"Risiko größer als 50 Prozent"

Schlechte Energieberatung kann kostspielige Folgen haben. So warnt der Bausachverständige Deitschun: "Das Risiko ist größer als 50 Prozent, dass eine Energieberatung in die falsche Richtung geht, dass die Immobilieneigentümer viel Geld ausgeben und keinen Ertrag haben."

Den bayerischen Hausbesitzer hätte der Sanierungsfahrplan jedenfalls an seine finanziellen Grenzen gebracht. 180.000 Euro hatte der Energieberater für die Sanierungsmaßnahmen veranschlagt - fast seine komplette Altersvorsorge. Nach den schlechten Erfahrungen wird er seine Pläne nochmals gründlich überdenken.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Plusminus im Ersten am 21. Juni 2023 um 21:45 Uhr.