
Nachhaltigkeit Bewusster Einkaufen fällt schwer
Nachhaltiger Konsum fällt vielen Menschen schwer - auch jetzt in der Vorweihnachtszeit. Obwohl das Bewusstsein wächst, unnötigen Konsum zu vermeiden, sind es eher wirtschaftliche Gründe, die helfen, Gewohnheiten umzustellen.
Neben dem Biohonig setzt Linda Leidens gerade die neuen Kinderrucksäcke in Szene. In ihrem Laden "Tante Lille" in Hoffnungsthal bei Köln verkauft sie ausgewählte Accessoires: Kinderbettwäsche, Seife, Küchenbretter, Kerzen im skandinavischen Design. Ein kleiner Laden, der neben Kaffee und Mittagstisch, auf nachhaltige Produkte setzt. "Wir haben in Deutschland tolle kleine Betriebe, die hier im Land unter guten Bedingungen produzieren. Die möchte ich in meinem Laden unterstützen", sagt die Diplom-Kauffrau. Sie merkt, dass die Menschen bewusster einkaufen wollen und sich über die Herkunft von Produkten mehr Gedanken machen als früher.
Lieber eine Sache weniger kaufen
"Es wird super angenommen. Die Kunden möchten Produkte kaufen, die nachhaltig produziert sind und nicht durch die ganze Welt verschifft wurden. Unsere Lebensmittel sind ohne Zusätze, unsere Produkte nicht aus China", sagt Leidens. Neulich hatten sie im Ort zum Weihnachtsshopping geladen und bis spät am Abend die Läden an der Hauptstraße geöffnet. "Da kaufe ich lieber eine Sache weniger ein, die dann aber langlebig ist oder einen guten Zweck unterstützt", so Leidens. Man könne sich natürlich nicht komplett davon freisprechen, aber das Bewusstsein beim Shopping sei vielen ihrer Kundinnen und Kunden wichtig, sagt sie.
Weniger Geld für Konsum
Hanno Brenner ist auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken. Durch die Energiekrise und die Inflation merkt er, dass ihm weniger Geld bleibt und er daher auch weniger für Geschenke und Konsum ausgeben will. "Früher habe ich im Netz ohne viele Gedanken für mich bestellt und auch Geschenke für Freunde und Familie", sagt Brenner. "Mittlerweile recherchiere ich mehr und gucke, wohin das Geld fließt. Es kann natürlich nicht immer alles nachhaltig sein, aber die Krise hat mich wachgerüttelt."
Dieses Phänomen hat das Wuppertal Institut in einer Studie untersucht. 58 Prozent der Befragten sagen, dass nachhaltiges Handeln im Alltag für sie an Bedeutung gewinnt. Auf der einen Seite gebe es Menschen, die bewusst aus ökologischen Gründen nachhaltig einkaufen und sich dieses Kaufmotiv natürlich auch leisten können. Die Forscherinnen und Forscher des Wuppertal Instituts sagen, dass nachhaltiges Verhalten auf der anderen Seite aber auch zunehmend wirtschaftliche Gründe habe: Menschen also wegen der Krise und weniger Geld im Portemonnaie die Entscheidung treffen, gebrauchte Artikel zu kaufen und zu verschenken.
Gebrauchtkauf als Alternative
Etwas mehr als die Hälfte der Befragten sei überzeugt, dass ein Gebrauchtkauf nicht nur nachhaltiger, sondern in Zukunft vor allem auch eine wirtschaftlich bessere Alternative zum Neukauf ist. Die andauernde Preissteigerung zwinge viele Menschen dazu, den Gürtel enger zu schnallen, so das Wuppertal Institut. 85 Prozent der Befragten gaben an, sich aufgrund gestiegener Preise einschränken zu müssen.
"Wir sehen, dass die Menschen stärker auf ihre Ausgaben achten müssen und deshalb nach neuen Einnahmequellen oder nach Möglichkeiten zum Sparen suchen", sagt Dr. Henning Wilts, Leiter der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut. "Das zeigen auch die Ergebnisse der Studie: 19 Prozent - also rund ein Fünftel der Befragten - geben an, dass sie aufgrund der aktuellen Preisinflation häufiger Secondhand kaufen, um Geld zu sparen und häufiger gebrauchte Dinge verkaufen, um Geld einzunehmen. Nachhaltiges Handeln ist damit aktuell für viele Menschen auch eine wirtschaftliche Entscheidung", ergänzt Wilts.
Green Sunday statt Black Friday
Passend zum Black Friday und den Rabattaktionen Ende November hatten Kleinanzeigenportale zu einem Green Sunday ausgerufen. Der Appell der Branche: Auch Gebrauchtes funktioniert gut als Geschenk und als Alternative zu unreflektiert bestellter Neuware. Für Hanno Brenner funktioniert das nur bedingt: "Man muss immer ein Mittelmaß finden zwischen Anspruch und Realität. Tagelang im Internet nach den perfekten gebrauchten Geschenken zu stöbern, kann ich nicht. Da kaufe ich lieber auch bewusst Neuware." Ein wenig den Konsum reduzieren, sagt Brenner, das sei aber machbar und wichtig in der aktuellen Zeit.