Haus aus dem 3D-Drucker

Häuser aus dem 3D-Drucker Planen, Drucken, Wohnen

Stand: 20.02.2021 15:52 Uhr

Auf Long Island, unweit von New York, entstehen Einfamilienhäuser aus dem 3D-Drucker. Könnte die Technik die gesamte Bauwirtschaft revolutionieren - und Wohnen erschwinglicher machen?

"Own a piece of history", auf deutsch: "Besitze ein Stück Geschichte" - mit dieser Ankündigung versucht die Immobilienfirma, bei der Makler Stephen King arbeitet, Käufer anzulocken. Es gilt, die noch etwas skeptischen Kunden von einem Objekt zu überzeugen, das ebenso neu wie unerprobt ist: Das erste Einfamilienhaus, frisch aus dem Drucker, sucht Käufer.

Häuser für "Durchschnittsamerikaner"

King steht vor einem leeren Grundstück und zeigt auf die Bäume: Dahinter soll in zwei Wochen das erste Kundenhaus gebaut werden. Ohne Keller, versteht sich - das ist in den USA ohnehin normal.

Verkaufsschild für ein Haus aus dem 3D-Drucker

"Hier wird das weltweit erste Haus aus dem 3D-Drucker verkauft", steht auf dem Schild in Riverhead auf Long Island.

"Die Kosten für einen Neubau waren noch nie so hoch wie jetzt, und preisgünstige Häuser werden besonders auf Long Island dringend gebraucht", sagt King. "Mit dieser neuen Technologie kann sich auch ein durchschnittlicher Amerikaner ein Haus leisten, während normale Neubauten völlig außer Reichweite sind."

130 Quadratmeter in zwei Tagen

Hier, in der beschaulichen Kleinstadt Riverhead auf Long Island, etwas mehr als 100 Kilometer von New York City entfernt, hat die Firma SQ4D ihr erstes Modell-Haus gedruckt und führt es nun stolz den potenziellen Käufern vor. Drei Schlafzimmer, eine Doppelgarage, 130 Quadratmeter groß. Auf die Betonkonstruktion wird dann ein Holzdach gesetzt. In nur 48 Stunden stand der Rohbau, gesteuert von einem Computer und einem Zementdrucker.

Firmenmiteigentümer Kirk Anderson erzählt stolz von seinem Projekt, das mit wenig Manpower, aber umso mehr Computertechnologie daher kommt. "Wir mixen unseren Zement nach Bedarf und können mit unsere Maschine jede denkbare Form ausdrucken. Man kann eine geschwungene Wand zum gleichen Preis bekommen wie eine gerade", sagt er. "Wir sagen dem Gerät genau, was es zu tun hat, wie viel es ausdrucken muss, wo der Zement konkret platziert werden soll. Das ist ein automatisierter Prozess, der gefährliche Jobs ersetzt."

Nahaufnahme einer Wand eines Haus aus dem 3D-Drucker

Schicht für Schicht wird der Zement "ausgedruckt". Bauarbeiter werden nicht mehr benötigt.

In dünnen Schichten wird der Zement aufgetragen, bis die Wände stehen. Bauarbeiter werden hier im Rohbau nicht mehr gebraucht. Keine schöne Aussicht für eine Industrie, die mit vielen ungelernten Kräften arbeitet. Die Kunden jedoch freut es, denn allein für den Rohbau verspricht die Firma eine Einsparung von etwa 40 Prozent. Das gesamte Haus soll etwa ein Drittel billiger sein als ein konventioneller Bau.

Eigenheim-Traum in Schichtbeton

Was verrückt klingt, könnte die Zukunft des Hausbaus revolutionieren. Jedenfalls für die, denen Beton nicht zu kalt und umweltfeindlich ist. 299.000 Dollar muss man für das Einfamilienhaus in River Head hinblättern, Innenausbau inklusive, also einzugsbereit. Die Schränke sind zwar auch aus Beton, aber dafür dauert es von der Planung bis zum Einzug nur 100 Tage - das zumindest verspricht Anderson. Das wäre rekordverdächtig und für Familien ein unschlagbares Argument.

Küche in einem Haus aus dem 3D-Drucker

Bei den einzugsfertigen Häusern kommt auch die Einrichtung aus dem 3D-Drucker - sogar die Küche.

Makler King kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: "Wenn Du ein Käufer bist, und Dein Budget umfasst 299.000 Dollar, hast Du hier auf Long Island genau null Optionen. Schon gar nicht für einen Neubau wie diesen, der stärker, besser isoliert und energieeffizienter ist."

Nicht viele Gemeinden haben sich bisher offen für die neue Konstruktionsweise gezeigt und die Bauregeln angepasst, so wie Riverhead. Die Gemeinde ist also ein Pionier in einem Land, das nicht gerade arm an Pionieren ist. Vielleicht haben sich auch deshalb bereits Dutzende Käufer angemeldet. Womöglich wollen viele aber nicht nur Geld sparen, sondern auch ein Stück Geschichte besitzen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete WDR Fernsehen am 29. September 2020 um 19:30 Uhr in der Sendung "Lokalzeit Münsterland".