Stecker-Solaranlagen Grüner Strom vom Balkon
Stromkosten sparen und gleichzeitig etwas für die Umwelt tun: Kleine Solarkraftwerke für den Eigenbedarf machen das möglich. Man braucht nicht mal eine Genehmigung dafür.
Sie heißen Plug-and-Play-Solar, Balkonkraftwerk oder Guerilla-PV. Hinter diesen Begriffen verbergen sich kleine Photovoltaik-Anlagen mit einem maximalen Nennwert von 600 Watt. Sie ermöglichen es Verbrauchern seit einiger Zeit, ihren eigenen Solarstrom zu produzieren - und zwar ohne behördliche Genehmigung. Auch Mieter sind dazu berechtigt; die ausdrückliche Erlaubnis des Vermieters brauchen sie lediglich im Einzelfall.
Bis zu 600 Watt
Die kleinen Photovoltaik-Anlagen passen in den Vorgarten, auf den Balkon oder die Terrasse. Sie bestehen aus ein oder zwei Solarpaneelen, einem sogenannten Wechselrichter, der den produzierten Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt, und einem Stecksystem für den Anschluss ans häusliche Stromnetz. Die Menge des produzierten Stroms wird durch eine technische Vorrichtung gedeckelt: Maximal werden 600 Watt erzeugt. Dadurch wird natürlich nicht der gesamte Strombedarf des Haushalts gedeckt; dennoch kann auf diese Weise die Stromrechnung verringert werden, weil entsprechend weniger Elektrizität vom Versorger zugekauft werden muss.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen empfiehlt Stecker-Solaranlagen ausdrücklich, weil das Klima die Energiewende brauche: "Die Erfahrung zeigt, dass der Ausbau der Solarenergie bisher im erheblichen Maße durch private Haushalte getragen wurde. Um die Energiewende in Bewegung zu halten, sind auch kleinste PV-Anlagen willkommen", sagt Martin Brandis, Referent der Energieberatung der Verbraucherzentrale. "Mit Stecker-PV-Geräten können sich nicht nur Hauseigentümer, sondern auch Mieterinnen und Mieter an der Energiewende beteiligen."
Aufstellort und Größe
Welche Anlagengröße sich für wen lohnt, hängt von zweierlei Faktoren ab. Erstens: Wie hoch ist der Stromverbrauch? Zweitens: Wie viel Platz steht zur Verfügung? So lohnt sich für einen Vier-Personen-Haushalt mit großer, sonniger Rasenfläche nach Süden sicherlich die größte Variante mit zwei Paneelen und der Maximalleistung von 600 Watt. Ein Einpersonenhaushalt, der das Paneel an der Balkonbrüstung anbringen will, kommt hingegen mit einem kleineren Paneel mit einer Nennleistung von 200 Watt aus.
Wichtig ist der Aufstellort: Als optimal gelten eine Ausrichtung nach Südosten und ein Einfallswinkel von 36 Grad. Auch sollte möglichst wenig Schatten auf die Solarpaneele fallen. Es gibt inzwischen aber auch Anlagen, die bei leichter Verschattung nur minimale Leistungseinbußen haben - das hat mit speziellen Schaltkreisen innerhalb des Solarpaneels zu tun.
Eine sogenannte PERC-Zelle, ein besonders effektives Solarmodul.
Bei Umzug: einfach abstöpseln
Das Praktische: Die Anlagen werden nicht fest verbaut, sondern variabel installiert. Dadurch ist einerseits keine behördliche Genehmigung notwendig, und andererseits können sie bei einem Umzug einfach mitgenommen werden. Empfehlung der Verbraucherzentrale: Wer die Solarpaneele allerdings auf dem Dach, der Hauswand oder direkt am Balkongeländer anbringen möchte, sollte den Vermieter bzw. die Hausgemeinschaft informieren, da hier ein Eingriff in die Optik des Hauses vorliegt.
Besser den Profi ranlassen
Stecker-Solargeräte sind absolut sicher und können theoretisch selbst an den Stromkreis angeschlossen werden. Viele Anbieter verkaufen die Anlagen mit handelsüblichen Schuko-Steckern. Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V., auch bekannt unter seiner Abkürzung VDE, rät von der Verwendung dieser Anschluss-Option allerdings ausdrücklich ab.
"Wir empfehlen dringend, einen Elektriker zurate zu ziehen, der unter anderem eine genormte Energiesteckvorrichtung für die Solaranlage installiert", sagt Florian Regnery, Projektmanager für Netzbetrieb beim VDE. Diese speziellen Stecker heißen - benannt nach dem bislang einzigen Hersteller - "Wieland"-Stecker und entsprechen der Industrienorm. "Im Prinzip gelten für die kleinen Solaranlagen dieselben Sicherheitsregeln und Vorschriften wie für die großen Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern", erklärt Regnery.
Gefahr nur bei Mehrfachsteckdosen
Der Experte weist außerdem darauf hin, dass niemals mehrere Anlagen über eine Mehrfach-Verteilersteckdose an eine Haushaltssteckdose angeschlossen werden dürfen; es bestehe die Gefahr, dass es durch eine Überlastung der Stromleitung zu einem Brand komme. Bei Anschluss einer einzigen Anlage sei man grundsätzlich auf der sicheren Seite, sofern alle Sicherheitsregeln beachtet würden, so Regnery. Bei der Einhaltung helfe der Elektriker.
Die Anlage vom Strom zu nehmen, ist ebenso einfach und ungefährlich wie der Anschluss: Zieht man sie aus der Steckdose, sorgt der Wechselrichter innerhalb des Bruchteils einer Sekunde dafür, dass kein Strom mehr fließt.
Das Grundprinzip, das dahintersteckt, ist der sogenannte photoelektrische Effekt. Er basiert auf der Fähigkeit bestimmter Stoffe, Licht direkt in Strom umzuwandeln. Entdeckt wurde der photoelektrische Effekt bereits im Jahr 1839 von dem französischen Wissenschaftler Alexandre Edmond Becquerel, doch es sollte noch mehr als 100 Jahre dauern, bis die Technik so ausgereift war, dass Solarzellen aus Sonnenenergie Strom erzeugten.
Die erste technische Anwendung erfolgte in den fünfziger Jahren in Telefonverstärkern. Kurze Zeit später eroberte die Solarenergie die US-Raumfahrt und kam viele Jahre lang hauptsächlich in der Satellitentechnik zum Einsatz. Die breite Masse lernte das Prinzip der Photovoltaik dank weitaus kleinerer Geräte mit niedrigem Stromverbrauch kennen: in Taschenrechnern etwa oder in solarbetriebenen Parkscheinautomaten.
Seit den 1980er Jahren wird die Photovoltaik intensiv erforscht, vor allem in Deutschland, den USA und Japan. Seit Beginn des Jahrtausends verbreiten sich Photovoltaik-Anlagen immer stärker; so hat sich die Zahl allein in Deutschland zwischen 2005 und 2019 annähernd verfünfundzwanzigfacht. Solartechnik "made in Germany" war lange Zeit Vorreiter, doch zuletzt liefen asiatische Hersteller hiesigen Produzenten den Rang ab.
Anmelden nicht vergessen
Auch wenn keine offizielle Genehmigung erteilt werden muss: Ganz ohne Behördenkontakt geht es leider nicht. So müssen auch kleine Solaranlagen bei der Bundesnetzagentur angemeldet werden. Die Behörde muss Bescheid wissen, weil sie die Anlage ins so genannte Marktstammdatenregister einträgt. Hier sind sämtliche strom- und gaserzeugende Anlagen des Landes vermerkt.
Und auch das örtliche Versorgungsunternehmen müsse in Kenntnis gesetzt werden, betont Martin Brandis von der Verbraucherzentralen-Energieberatung: "Man sollte sich informieren, wie der lokale Strom-Netzbetreiber zu diesen Geräten steht. Errichtet er bürokratische, technische oder finanzielle Hürden? Werden besondere Anschlüsse oder Zähler verlangt? Ist eine Anmeldeprozedur erforderlich? Ist der Verbraucher gegebenenfalls gewillt und in der Lage, diese Hürden zu überwinden? Es gibt allerdings und zum Glück zahlreiche Netzbetreiber, die solche Anlagen formlos und unbürokratisch ermöglichen."
Hintergrund: Auch wenn die Stecker-Solargeräte in aller Regel nur für den Eigenverbrauch gedacht sind, kann theoretisch darüber Strom ins Energienetz eingespeist werden. Dies ist zwar erlaubt, hätte aber zur Folge, dass der Stromzähler rückwärtsläuft. Alte Zähler "bemerken" dies nicht; es bedarf moderner Zähler, die beide Richtungen erfassen.
Eigener Strom kann auch verkauft werden
Theoretisch kann man sich also auch mit einer Mini-Solaranlage ein kleines Zubrot verdienen, indem man Strom ins Netz einspeist - laut Erneuerbare-Energien-Gesetz ist das vorgesehen, und zwar in Form der EEG-Einspeisevergütung. Doch in der Realität decken die kleinen Anlagen nur einen Teil des Eigenbedarfs; auch dann, wenn die Besitzer nicht zu Hause sind, denn in aller Regel ziehen Geräte wie Kühlschrank und Router oder auch Fernseher im Standby-Modus rund um die Uhr Strom.
Wieviel Strom erzeugt wird, kann durch anschließbare Messgeräte ermittelt werden. Bei einem Schuko-Anschluss reicht hierfür ein herkömmliches Strommessgerät; bei der Verwendung eines Wieland-Steckers muss eine spezielle Elektronik in der Steckdose eingebaut werden, damit die Verbrauchsdaten ermittelt werden können.
Ob an der Balkonbrüstung, auf der Terrasse, im Vorgarten oder auf dem Dach: Auch kleine Photovoltaik-Anlagen können die eigene Energiebilanz aufbessern.
Die eigene Rechnung mit grünem Strom entlasten
Mit der eigenen Stecker-Solaranlage schlagen Verbraucher zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits sparen sie bei der Stromrechnung, und andererseits verbessern sie ihre persönliche Energiebilanz. Denn wer seinen eigenen Strom produziert - und sei es nur in kleinem Maße -, der ist weniger auf Energie angewiesen, die möglicherweise konventionell erzeugt wird. "Jede kleine PV-Anlage leistet einen Beitrag zur Senkung der Stromrechnung und der Umweltbelastung", betont Energieberater Brandis. "Besonders positiv ist, dass Verbraucher, die nur wenig Strom erzeugen können, meistens anfangen darüber nachzudenken, wie sie ihren Stromverbrauch verringern können."
Die Kosten für Mini-Solaranlagen halten sich in überschaubaren Grenzen. Je nach Größe und Anbieter starten die Angebote bei rund 350 Euro. Für ein Komplettpaket mit Maximal-Nennwert inklusive zweier Paneele, Wechselrichter, Leitung, Stecker und neuem Stromzähler werden etwas mehr als eintausend Euro fällig. Je nach Höhe der Investition und der bisherigen Stromkosten können sich die Kosten für die Anlagen nach fünf bis zehn Jahren amortisieren.