USA und EU erhöhen Druck auf Russland Sanktionen treffen auch Energiefirmen

Stand: 12.09.2014 10:02 Uhr

Die neuen EU-Sanktionen gegen Russland treffen vor allem die großen Energiekonzerne, die Banken und die Rüstungsindustrie. Es wurden Reiseverbote erteilt und Konten gesperrt. Auch die USA kündigten Maßnahmen an. Moskau drohte mit Gegenmaßnahmen.

Als Reaktion auf das russische Verhalten im Ukraine-Konflikt verschärfen EU und USA ihre Sanktionen gegen Moskau. Die seit dem Morgen geltenden Strafmaßnahmen der Europäischen Union sollen den Zugang russischer Banken zum EU-Kapitalmarkt erschweren.

Aus dem EU-Amtsblatt geht ebenfalls hervor, dass auch die größten Energieunternehmen Russlands von den Sanktionen betroffen sind: der Ölproduzent Rosneft, der Gaskonzern Gazprom und der Leitungsbetreiber Transneft. Anleihen dieser Unternehmen dürfen ab sofort nicht mehr an den Finanzmärkten der EU gehandelt werden. Das gilt auch für drei Rüstungsunternehmen: Oboronprom ist der wichtigste Gesellschafter des Hubschrauberproduzenten Russian Helicopters, United Aircraft Corporation stellt Kampfflugzeuge her und Uralvagonzavod ist der führende russische Panzerhersteller.

Auf einer Liste von Unternehmen, an die keine sowohl zivil als auch militärisch nutzbaren Produkte mehr geliefert werden, stehen unter anderem der Hersteller der Kalaschnikow-Sturmgewehre und Almas-Antej. Sie stellen unter anderem das Buk-Raketensystem her, mit dem die malaysische Passagiermaschine MH17 abgeschossen worden sein soll.

Reiseverbote und Kontensperrungen

Zudem wurde die Verbotsliste der EU um 24 Namen auf 119 erweitert. Es handelt sich um prominente Separatistenführer in der Ostukraine und russische Politiker, darunter die Chef-Separatisten Alexander Sachartschenko, Wladimir Kononow und Miroslaw Rudenko sowie der ultranationalistische russische Duma-Abgeordnete Wladimir Schirinowski. Sie dürfen nicht mehr in EU-Länder reisen, zudem werden ihre Konten in der EU gesperrt.

Innerhalb der EU waren die Wirtschaftssanktionen gegen den wichtigen Handelspartner im Osten bis zuletzt umstritten, weil mehrere EU-Regierungen eine erneute Verschärfung der Krise befürchteten.

Die USA kündigten verschärfte Maßnahmen gegen Finanz-, Energie- und Verteidigungsbereiche der russischen Wirtschaft an. US-Präsident Barack Obama teilte mit, das Vorgehen sei mit Brüssel koordiniert. Einzelheiten werde seine Regierung im Tagesverlauf bekannt gegeben.

Russland steht im Verdacht, neben eigenen Truppen auch Waffen zur Unterstützung der Separatisten in das Konfliktgebiet zu schicken.

Moskau droht mit Gegenmaßnahmen

Moskau bestreitet dagegen, eine Mitschuld an der Eskalation zu tragen. Das russische Außenministerium warf der EU vor, mit den Sanktionen gegen den Friedensprozess in der Ostukraine zu arbeiten.

Der Kreml drohte seinerseits mit Maßnahmen - möglich sind Importbegrenzungen für ausländische Autos sowie eine Einschränkung der Überflugrechte für westliche Airlines. Kremlsprecher Dimitri Peskow kritisierte die Entscheidung Brüssels als unverständlich. Russland habe sich um eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts bemüht. Die Rechnung für die Sanktionen müssten aber auch die europäischen Unternehmen und Steuerzahler tragen, warnte er.

Zugeständnis an Putin?

Ungeachtet der neuen Sanktionen will die EU Russland angeblich in einem Streitpunkt entgegenkommen. Laut "Süddeutscher Zeitung" sollen zahlreiche Bestimmungen des im Juni unterzeichneten Freihandelsabkommens mit der Ukraine vorerst nicht umgesetzt werden. Beispielsweise würden ukrainische Zollschranken zunächst erhalten bleiben. Russland habe eine Liste mit mehr als 2300 Änderungswünschen übermittelt, hieß es aus Brüssel.

Hermann Krause, H. Krause, ARD Moskau, 12.09.2014 08:03 Uhr

Dort kommen heute Vertreter der EU, der Ukraine und Russlands zusammen, um einen Kompromiss auszuhandeln. Sie stehen unter Zeitdruck, weil sowohl das EU-Parlament als auch das ukrainische Parlament das Assoziierungs- und Freihandelsabkommen kommende Woche ratifizieren wollen. Die für den 16. September im Parlament geplante Ratifizierung werde wie vorgesehen vonstattengehen, hieß es in der Ukraine.

Noch 1000 russische Soldaten in der Ostukraine

Zugleich stellte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy Moskau die Aufhebung der jüngsten Sanktionen für den Fall in Aussicht, dass Russland den Friedensprozess in der Ostukraine unterstützt. Im Konfliktgebiet, das teilweise von prorussischen Separatisten kontrolliert wird, gilt weiterhin die Vereinbarung über eine Waffenruhe. Sie ist jedoch immer wieder gebrochen worden. Nach Einschätzung der NATO hat Russland weiterhin noch etwa 1000 Soldaten jenseits der Grenze in der Ostukraine im Einsatz.

Der ukrainische Sicherheitsrat hatte gestern erstmals den Verlust der Kontrolle über Grenzgebiete zu Russland im südlichen Bereich des Donezker Gebietes eingeräumt. Die Separatisten hatten diese bereits seit knapp zwei Wochen zu ihrem Einflussbereich gezählt. Damit beherrschen sie mehr als 300 Kilometer Grenze vom Asowschen Meer bis nach Lugansk.

Indes begann die Ukraine mit dem Bau von Befestigungsanlagen an der Grenze zu Russland. "Geplant sind zwei Verteidigungslinien", teilte die Pressestelle der "Anti-Terror-Operation" in Kiew mit. Unabhängig davon will Regierungschef Arseni Jazenjuk entlang der Grenze auch eine rund 2300 Kilometer lange Mauer bauen lassen.