Hintergrund

Interview zum deutschen Kaufverhalten Einmal Mercedes, immer Mercedes?

Stand: 26.08.2007 13:41 Uhr

Die Tradition, in der Familie immer einen Mercedes, VW oder Opel zu kaufen, bröckelt. Was zählt ist: "Geiz ist geil." Und: Auch andere Mütter haben schöne Töchter, sagt Peter Brietsche von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Gespräch mit tagesschau.de. Doch den Deutschen ist die Kauflust auf deutsche Autos eigentlich ganz und gar nicht nicht vergangen.

tagesschau.de Wie hat sich das Kaufverhalten der deutschen Verbraucher in Bezug auf Autos verändert, bzw. hat es sich überhaupt verändert?

Peter Brietsche: Es hat sich etwas geändert. Mercedes war immer ein Traum, mit dem man groß geworden ist. Ein Mercedes ist das Sinnbild von einem großen, sicheren Wagen mit einem Vorzeigewert. Es ist der Wagen des Chefs. Und man war abgesichert, wenn man sich solch einen Wagen kaufen konnte.

Es gab dann einen Bruch, als sich Mercedes mit Chrysler vergrößert hat, die Marke smart aufgebaut und den Maybach kreiert hat – kurz gesagt: In den Jahren, in denen die "Anhängsel" kamen. Spätestens dann haben wir uns als Konsument gefragt: Was macht Mercedes? Es hat sich viel verändert bei Mercedes… Aber der einzige – über Jahre - konstante Aspekt ist der Verkaufspreis, der sich immer noch auf Premium-Niveau befindet.

tagesschau.de: Heißt das, dass die Marke Mercedes keine Strahlkraft mehr hat?

Brietsche: Doch. Trotz der technischen Probleme überstrahlt das Markenimage noch alles – doch sie bekam einen Knacks. Wir erinnern uns daran, dass die A-Klasse bei dem so genannten Elch-Test umgekippt ist oder auch an die M-Klasse, bei der es anfangs Qualitätsprobleme gab. Die Verbraucher haben inzwischen gemerkt, dass die anderen Mutterkonzerne auch tolle Töchter haben.

tagesschau.de: Bleiben die Deutschen den deutschen Autos nicht mehr treu?

Brietsche: Das würde ich so nicht behaupten, denn Mercedes, VW oder Opel zu kaufen, ist immer noch das Festhalten an der Tradition. Es ist immer noch so, dass wir Deutsche deutsche Qualität kaufen wollen. Allerdings bröckelt diese Ansicht. Die Markenstärke zählt nicht mehr ganz so viel, was jetzt eher zählt ist: Geiz ist geil. Heutzutage geht man eher Kompromisse ein: Man kauft zwar mit „dem Kopf", aber man folgt auch seinen Träumen….. Vernunft öffnet den Zugang auch für andere Marken.

tagesschau.de: Also auf die Marke kommt es nicht mehr ganz so an, sondern auf das Geld?

Brietsche: Ja, der Verbraucher handelt nach dem Motto: Deale mit deinem Händler, denn die Hersteller sind bereit, mehr Wert fürs Geld zu bieten.

tagesschau.de: Wird nur noch auf den Preis geachtet? Ist die Qualität denn komplett nebensächlich geworden? Wie sieht es mit der TÜV-Statistik aus?

Brietsche: Der Traum, einen Mercedes zu kaufen, ist immer noch vorhanden, aber andere Faktoren und Zwänge sind ausschlaggebend für die Kaufentscheidung. Es wird zwar nach wie vor mit den Augen gekauft, aber der eigentliche Kauf wird vermehrt hinausgezögert. Man ist vorsichtiger geworden, das Geld auszugeben.

tagesschau.de: Was müssen die Hersteller Ihrer Meinung nach tun, damit die Deutschen wieder deutsche Autos so wie früher kaufen?

Brietsche: Die deutschen Hersteller müssen das Vertrauen wieder zurückgewinnen und dabei die Balance zwischen Qualität und Preis wahren.

Die Gespräch führte Kristina Görlitzer