Interview

Irakischer Ministerpräsident wirbt um Investitionen "Deutsche Firmen können noch Vorreiter sein"

Stand: 22.10.2015 13:33 Uhr

Deutschland und der Irak haben ein Abkommen zum Schutz und zur Förderung von Investitionen unterzeichnet. Iraks Regierungschef al Maliki hat Verständnis für das zögerliche Engagement deutscher Firmen. "Aber die Bedingungen haben sich geändert", sagt er im ARD-Interview.

Investieren, wo Bomben explodieren? Regierungschef Nuri al Maliki, der bei seinem Berlin-Besuch mit der Bundesregierung den gegenseitigen Schutz der Investitionen vereinbarte, hat Verständnis für das bisher zögerliche Engagement deutscher Firmen im Irak. "Aber die Bedingungen haben sich geändert", verspricht er. Im Gespräch mit Christian Thiels vom ARD-Hauptstadtstudio wirbt er mit alten Beziehungen und dem guten Ruf deutscher Unternehmen im Irak um Investoren - noch sei es nicht zu spät, um Vorreiter zu sein.

Christian Thiels: Herr Ministerpräsident, welche Erwartungen haben Sie an Deutschland bezüglich des Wiederaufbaus im Irak?

Nuri al Maliki: Mit Deutschland verbinden uns alte Beziehungen, Vertrauen  in die deutsche Politik, die deutsche Wirtschaft und in die Fähigkeiten der deutschen Unternehmen. Deshalb streben wir nach festen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen. Wir hoffen, dass eine Tür geöffnet wird und die deutschen Firmen zurückkehren. Sei es, um ihre früher begonnenen Projekte fortzuführen oder neue Projekte im Irak zu beginnen. Wir wollen die Infrastruktur vollständig modernisieren: auf dem Gebiet der Industrie, des Erdöls, der Elektrizität und der Landwirtschaft.

Thiels: Deutschland ist bisher eher zurückhaltend gewesen mit Investitionen im Irak - im Gegensatz zu anderen Ländern.

Al Maliki: Wir verstehen die Zurückhaltung. Die Sicherheitslage, die im Land herrschte, ermutigte Investoren nicht, zu kommen. Wir haben versucht, Investoren zu überzeugen - aber nicht nur die deutschen Firmen, sondern auch alle anderen Unternehmen haben gezögert. Aber die Erfolge auf dem Gebiet der Sicherheit, die Stabilität im politischen Prozess, das Festhalten an der nationalen Einheit und der Erfolg bei der nationalen Aussöhnung, die Gründung der Investitionsbehörde und das Investitionsgesetz, das die Firmen schützt - das alles sind wesentliche Veränderungen. Ich denke, dass heute die Vorbehalte, die die Firmen daran gehindert haben zu kommen, beseitigt sind. Wir werden ihnen eine solide Grundlage für ihre Investitionen bieten.

Thiels: Viele deutsche Unternehmen trauen sich dennoch nicht, im Irak zu investieren, weil sie glauben, die Sicherheitslage sei so schwierig. Was können Sie den deutschen Unternehmen sagen, um sie zu ermutigen, im Irak zu investieren?

Al Maliki: Der Regierung der nationalen irakischen Einheit ist es gelungen, die Sicherheitslage zu beherrschen. Jetzt wollen wir die Herausforderungen auf dem Gebiet des Aufbaus meistern: Ein großer Teil der Sicherheitsorgane, die Armee und die Polizei, werden beauftragt sein, insbesondere die Sicherheit der Firmen im Irak zu erhöhen.

Thiels: Deutschland und der Irak haben traditionell sehr gute Beziehungen. Hat die deutsche Wirtschaft durch ihre Zurückhaltung bereits etwas verpasst?

Al Maliki: Es gibt immer noch sehr große Chancen für die deutschen Firmen. Sie sind erwünscht und haben einen guten Ruf im Irak. Der Prozess der umfassenden Modernisierung  steht noch am Anfang. Deshalb können die deutschen Firmen Vorreiter sein, auf der Grundlage unserer Wünsche und unseres Vertrauens in ihre Fähigkeiten.

Thiels: Der Irak ist ein ganz wesentliches Land für den Friedensprozess in der Golfregion. Welche Rolle wird der Irak, welche Rolle kann Deutschland spielen?

Al Maliki: Beide Länder werden eine große Rolle dabei spielen, die Stabilität in der Region und in der Welt zu unterstützen und ungelöste Probleme zu lösen. Das Verständnis, das aus den Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern entsteht, wird helfen, Lösungen zu finden. Eines der Probleme, bei dessen Lösung wir die deutsche Regierung  um Hilfe bitten, ist, dass sie uns hilft, uns aus den internationalen Sanktionen herauszuholen, die aufgrund der Verschwörungen des früheren Regimes verhängt worden.

Thiels: Wenn Sie Deutschland wieder verlassen, was möchten Sie nach Bagdad mitnehmen?

Al Maliki: Die Minister unsere Delegation repräsentieren die verschiedensten Sektoren: der Innenminister, der Verteidigungsminister, der Minister für Industrie, der Leiter der obersten nationalen Behörde für Investitionen, der Landwirtschaftsminister. Sie alle werden Verträge mit den deutschen Amtskollegen unterschreiben. Wir werden mit diesen unterschriebenen Verträgen und mit einer klaren Perspektive für die beteiligten deutschen Firmen zurückkehren.

Das Interview führte Christian Thiels, ARD-Hauptstadtstudio