Wohnhäuser sind am frühen Morgen im Stadtteil Eimsbüttel in Hamburg zu sehen.

Deutscher Mieterbund Wohnkosten überlasten jeden dritten Mieterhaushalt

Stand: 29.06.2023 13:29 Uhr

Mehr als sieben Millionen Haushalte sind laut Mieterbund von ihren Wohnkosten überlastet. Das liegt auch an den rapide gestiegenen Energiekosten. Der Präsident des Verbandes spricht von "alarmierenden Zahlen".

In Deutschland ist etwa jeder dritte Miethaushalt bei den Wohnkosten überlastet. So zahlen mehr als drei Millionen Haushalte für Kaltmiete und Heizkosten mehr als 40 Prozent ihres Nettoeinkommens, wie aus einer vom Deutschen Mieterbund (DMB) heute vorgestellten Studie hervorgeht. Bei weiteren rund 4,3 Millionen Haushalten machten diese Kosten zwischen 30 und 40 Prozent des Einkommens aus.

Als überlastet gelten Mieterinnen und Mieter dabei, wenn sie mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten ausgeben müssen. Der Mieterbund geht von insgesamt 21 Millionen Haushalten in Deutschland aus, in denen Menschen zur Miete leben. Davon seien insgesamt also über sieben Millionen Haushalte durch ihre Wohnkosten überlastet.

Das Statistische Bundesamt spricht dagegen erst ab Mietausgaben von über 40 Prozent des Einkommens von einer "Überlastung" durch die Wohnkosten. Zahlen für 2022 hat das Statistikamt bisher noch nicht veröffentlicht. Durchschnittlich gaben Mieterinnen und Mieter laut dem Mieterbund zuletzt 28 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen aus. 

Ausgaben für Wärmeenergie verdoppelt

Knapp die Hälfte der 21 Millionen Mieterhaushalte gehört dem Mieterbund zufolge dabei zu den untersten drei Einkommensklassen, denen im Durchschnitt 1709 Euro im Monat zur Verfügung stehen. Die deutlich höhere Belastung der Mieterhaushalte liegt auch an den stark gestiegenen Energiepreisen im letzten Jahr. Demnach mussten Mieterinnen und Mieter 2021 noch 64 Euro im Monat für Wärmeenergie ausgeben, während sich die Ausgaben für das Heizen im Folgejahr 2022 mit durchschnittlich 123 Euro im Monat nahezu verdoppelten.

"Das sind alarmierende Zahlen, die selbst den Letzten wachrütteln sollten", sagte Verbandspräsident Lukas Siebenkotten dazu. Es sei erfreulich, dass die Ampel die Mehrbelastung der Mieterinnen und Mieter dem Vernehmen nach zumindest beim Heizungsaustausch reduzieren wolle. Das reicht aber aus Sicht von Siebenkotten nicht, die versprochenen Mietrechtsreformen aus dem Koalitionsvertrag "müssen jetzt endlich umgesetzt werden", fordert er. Ermittelt hat die aktuellen Daten und Zahlen das Öko-Institut im Auftrag des Mieterbunds.

1973 mehr als 700.000 fertiggestellte Wohnungen

Druck auf die Mietpreise wird auch durch den mangelnden Wohnraum ausgelöst. In Zeiten angespannter Immobilienmärkte werden in Deutschland aktuell deutlich weniger Wohnungen gebaut als im Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte. Die Bundesregierung hat sich das Ziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr gesetzt, dieses im vergangenen Jahr aber deutlich verfehlt: 2022 wurden lediglich 295.300 Wohnungen fertiggestellt - also 27 Prozent weniger als im Schnitt der Jahre 1950 bis 2022, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. Seit Beginn der Baustatistik 1950 wurden im Mittel 405.000 neue Wohnungen jährlich errichtet.

Den bisher höchsten Stand gab es 1973 mit gut 714.200 Wohnungen in der früheren Bundesrepublik. Nach der deutschen Vereinigung war 1995 das Rekordjahr mit rund 602.800 Einheiten im gesamtdeutschen Bundesgebiet. Die wenigsten Wohnungen wurden im Zuge der globalen Finanzmarktkrise 2009 fertiggestellt: Im damaligen Rezessionsjahr waren es nur 159.000. Auch für das laufende Jahr wird mit deutlich unter 400.000 fertiggestellten Wohnungen gerechnet - die Bauindustrie geht bestenfalls von 250.000 Wohnungen aus.

Wohnfläche pro Kopf um 37 Prozent gestiegen

Dabei leben die Menschen trotz aller Debatten um Wohnungsmangel in Deutschland im Schnitt auf immer mehr Wohnfläche. Mit dem gesellschaftlichen Wandel und zunehmenden Wohlstand wuchsen im Laufe der Jahre die Ansprüche in puncto Wohnen der Menschen in Deutschland. "Allein in den drei Jahrzehnten seit der deutschen Vereinigung ist diese Entwicklung deutlich sichtbar", erklärte das Statistikamt.

Rechnerisch hatte eine Person Ende 2021 im Schnitt 47,7 Quadratmeter Wohnfläche und 2,3 Wohnräume zur Verfügung. Das entspreche einem Anstieg der Wohnfläche pro Kopf um rund 37 Prozent binnen 30 Jahren: Im Jahr 1991 wohnten die Menschen den Angaben zufolge noch im Schnitt auf 34,9 Quadratmeter Wohnfläche pro Kopf und in 1,8 Wohnräumen. Die Durchschnittsgröße einer Wohnung sei in dem Zeitraum von gut 82 Quadratmetern auf gut 92 Quadratmeter Wohnfläche gestiegen, schrieben die Statistiker.