Lebensmittelpreise sind an einem Marktstand ausgeschildert.

Jahresbilanz 2023 Deutliche Einbußen für Einzelhändler

Stand: 05.01.2024 11:29 Uhr

Das zweite Jahr in Folge mussten Einzelhändler in Deutschland 2023 schrumpfende Umsätze hinnehmen. Preisbereinigt gingen sie um mehr als drei Prozent zurück. Wie könnte das Geschäft in diesem Jahr laufen?

Der Umsatz im Einzelhandel ist im abgelaufenen Jahr nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes spürbar zurückgegangen. Die Unternehmen erwirtschafteten 2023 preisbereinigt 3,1 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Nominal verbuchte der Einzelhandel demnach zwar ein Plus. Die deutschen Einzelhändler haben ihren Umsatz im vergangenen Jahr aber nur dank steigender Preise um nominal 2,4 Prozent erhöhen können.

Die genauen Zahlen für Dezember lagen den Statistikern noch nicht vor, sie verwiesen aber darauf, dass ein beträchtlicher Teil des Weihnachtsgeschäfts sich wegen Sonderaktionen auf November vorverlagert habe.

Der Trend im beginnenden Weihnachtsgeschäft zeigte überraschend stark nach unten: Trotz Sonderaktionen wie "Black Friday" und "Cyber Monday" schrumpfte der reale Umsatz im November um unerwartet kräftige 2,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat. "Eine Konsumwende ist weiterhin außer Sicht", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger.

Schwächerer Internet- und Versandhandel

Der reale Umsatz mit Nicht-Lebensmitteln sank laut den Statistikern im November 2023 um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Im Internet- und Versandhandel ging er 3,5 Prozent zurück. Demgegenüber setzte der Einzelhandel im Verkauf von Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren, der bereits einen starken Oktober verzeichnet hatte, auch im November preisbereinigt mehr um als im Vorjahr (2,6 Prozent). Und dennoch: Im vergangenen Jahr meldeten aufgrund schwacher Zahlen diverse Modeketten wie Peek & Cloppenburg, Onygo oder Hallhuber Insolvenz an.

Besonders starke Einbußen verzeichneten Lebensmittelfachgeschäfte sowie Läden für Einrichtungsgegenstände, Haushaltsgeräte und Baubedarf. Im Lebensmitteleinzelhandel sind die Unterschiede zwischen preisbereinigten und nominalen Umsätzen besonders deutlich. Im November erwirtschafteten die Unternehmen real 0,7 Prozent weniger als im Vorjahr, während der nicht preisbereinigte Umsatz um 4,3 Prozent zulegte.

Gründe für die hohen Preise bei Lebensmitteln sind unter anderem die noch immer hohen Kosten für Energie, Dünge- und Futtermittel. Die Verbraucherzentrale wies zudem darauf hin, dass Arbeitskräftemangel und Mindestlohn die Personalkosten erhöhten. Allerdings gibt es immer wieder auch Kritik, dass Hersteller ihre Preise unangemessen stark heraufsetzen.

Das vergangene Jahr war im Einzelhandel das zweite in Folge mit realen Umsatzverlusten. Hintergrund sind die stark gestiegenen Verbraucherpreise, die zu Konsumzurückhaltung geführt haben. Im Jahr 2020 und auch noch 2021 hatte es in der Corona-Krise einen deutlichen Umsatzschub unter anderem durch den Internet- und Versandhandel gegeben. Die realen Umsätze aus dem Jahr 2023 sind daher noch 1,6 Prozent höher gewesen als im Jahr 2019.

Neue Impulse für den Konsum?

Experten zufolge könnte die nachlassende Teuerung dem privaten Konsum im Laufe des Jahres nach und nach neue Impulse geben. Die Inflationsrate für das Gesamtjahr 2023 ist nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes auf 5,9 Prozent gesunken - nach 6,9 Prozent im Jahr zuvor.

"Die weiterhin spürbare Zurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher dürfte dem Einzelhandel einen schwierigen Start in das Jahr 2024 bescheren", sagte ifo-Experte Patrick Höppner zur Situation im neuen Jahr. Allerdings dürften die sinkende Inflation und steigende Löhne und Gehälter die Kaufkraft stärken und im Jahresverlauf für mehr Nachfrage im Einzelhandel sorgen, so Höppner.

"Die Inflationsdynamik in Deutschland ist gebrochen und die Zeit wirklich hoher Inflationsraten ist vorbei", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Sebastian Dullien. Er rechnet damit, dass sich die Teuerungsrate 2024 mehr als halbiert - auf 2,5 Prozent im Gesamtjahr.

Dadurch könnten die Reallöhne wieder deutlicher wachsen, was die Kaufkraft der Verbraucher stärken würde. Im dritten Quartal 2023 gab es bereits ein leichtes Plus der Reallöhne in Deutschland um 0,6 Prozent. Ein Konsumboom, der die deutsche Wirtschaft aus der Flaute zieht, ist aber vorerst nicht in Sicht.

Claudia Wehrle, ARD Finanzredaktion, tagesschau, 05.01.2024 09:30 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 25. Dezember 2023 um 23:11 Uhr.