Boxen mit verschiedenen Gemüsen stehen auf dem Bioland-Hof Strotdrees zum Verkauf bereit.

Hohe Inflation Bio-Lebensmittelmarkt erholt sich vom Preisschock

Stand: 29.12.2023 11:07 Uhr

Der deutsche Bio-Lebensmittelmarkt erholt sich nach einem kurzzeitigen Rückgang während der Inflation. Die Branche warnt jedoch vor geplanten Sparmaßnahmen der Regierung im Bereich der Förderungen.

Der Markt für Bio-Lebensmittel in Deutschland scheint sich nach vorübergehenden Einbußen in der Zeit hoher Inflation wieder zu erholen, wie aus einem aktuellen Marktbericht des Deutschen Bauernverbands hervorgeht. Der "Öko-Umsatz konsolidiert sich 2023", heißt es darin.

Bis Oktober sei der Umsatz von frischen Bio-Produkten um 2,8 Prozent gewachsen, ergeben die Daten des Marktforschungsunternehmens GfK. Auch das Sortiment verpackter Ware dürfte im positiven Bereich gelegen haben. "Der deutsche Öko-Lebensmittelumsatz würde damit 2023 in Richtung 16 Milliarden Euro wachsen." Dabei spielen die großen Handelsketten und der Preis eine wichtigere Rolle.

Positive Signale trotz vorherigem Rückgang

Nach einem Minus von 3,5 Prozent im Jahr 2022 nach Zahlen des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft, gibt es optimistische Aussichten für das Jahr 2024. "Für 2024 kann mit wachsenden Umsätzen gerechnet werden", heißt es in dem Marktbericht zum Jahreswechsel. Denn alle großen Ketten des Lebensmitteleinzelhandels profilierten sich mit Öko-Sortimenten.

Auf eine schnellere Ausdehnung der Bio-Landwirtschaft setzt auch die Politik - und dafür kommt es auf eine weiter wachsende Nachfrage an. Erklärtes Ziel der Koalition ist es, den Bio-Anteil schon bis 2030 auf 30 Prozent der gesamten Agrarfläche auszuweiten. Zuletzt war er weiter gestiegen - aber nur leicht auf 11,2 Prozent mit Stand Ende 2022. Biologisch arbeiten nun 14,2 Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe.

Bio-Markt trotzt Rückschlag im Jahr 2022

Im ersten Jahr der Corona-Pandemie 2020, in dem viele zu Hause kochten, war der Umsatz um 22 Prozent auf 15 Milliarden Euro hochgeschnellt und wuchs 2021 noch weiter auf 15,9 Milliarden Euro. Im Jahr 2022 kam dann ein ungewohnter Rückschlag. Trotz der Rückkehr vieler Menschen in Restaurants und Kantinen, in denen es meist kein Bio-Angebot gibt, habe bio den Umsatz aber noch "weitgehend" halten können, erläuterte der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft.

Von einer Kaufzurückhaltung bei teureren Lebensmitteln in der hohen Inflation waren aber auch Bio-Produkte berührt, die meist etwas mehr kosten - mit einem starken Trend hin zum Kauf im Supermarkt, während Fachgeschäfte das Nachsehen hatten. "Öko-Umsatzgewinner" seien wieder die Discounter gewesen, heißt es im Bericht des Bauernverbands. Der Bundesverband Naturkost Naturwaren berichtete kürzlich aber, dass die anfangs gesunkene Nachfrage im zweiten Halbjahr 2023 gestiegen sei. Seit Juni gebe es durchweg höhere Umsatzzahlen als im Vorjahresmonat.

Özdemirs Strategie zur Belebung des Bio-Absatzes

Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) hat eine Strategie seines Ressorts vorgelegt, die den Bio-Absatz ankurbeln soll. Im Blick steht etwa verstärkte Bio-Forschung, um Erträge des ökologischen Landbaus zu steigern. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen auch genauer über Bio-Vorteile für den Umwelt- und Tierschutz informiert werden.

Ein Hebel sollen mehr Bio-Speisen in Kantinen, Mensen und Restaurants sein. Um den Bio-Anteil von Küchen leichter erkennbar zu machen, können Anbieter demnach freiwillig ein Logo in den Medaillenfarben verwenden. Es zeigt den Bio-Anteil am Gesamtwert des Wareneinkaufs und reicht von Gold (90-100 Prozent bio) über Silber (50-89 Prozent) bis zu Bronze (20-49 Prozent). Einige Betriebe haben bereits begonnen, diese Logos zu verwenden.

Die Logos können laut Ministerium angebracht werden, wenn Betriebe zertifiziert sind - die eigene Kantine in Bonn und die des Arbeitsministeriums in Berlin hätten auch schon ein Logo in Bronze.

Bio-Branche warnt vor geplanten Sparmaßnahmen

Für mehr bio komme es außerdem darauf an, dass mehr Höfe mitmachen. Dabei betonte Özdemir schon bei der Vorlage seiner Strategie Mitte November: "Niemand muss auf bio umsteigen." Es sei eine Option.

Die Stimmung in der gesamten Branche ist aber auf einem Tiefpunkt, seit Pläne der Regierungskoalition bekannt wurden, gleich zwei Vergünstigungen zu streichen, um zu sparen: die Regelungen zu Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge. Özdemir ging dazu auf Distanz. Der Bauernverband warnt aber im Marktbericht, die gedämpften wirtschaftlichen Aussichten drohten sich so zusätzlich zu verschlechtern. Auch von Bio-Produzenten kamen scharfe Proteste.