HSH Nordbank: Teil zwei Die Zocker von der HSH Nordbank

Stand: 13.10.2009 13:18 Uhr

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Ende 2007 wurde es für die HSH-Manager allmählich klamm. Die US-Hypothekenkrise brachte auch die HSH Nordbank in Not. Die ehemalige Landesbank hatte sich in den Jahren zuvor zu niedrigen Zinssätzen viel Geld geliehen. Denn bis 2005 standen die Länder als Eigentümer für ihre Landesbanken gerade.

Dann endete auf Druck der Europäischen Kommission diese sogenannte Gewährträgerhaftung. Doch noch bekam die HSH Nordbank mit diesem starken Bürgen im Rücken einen günstigen Zins. Investiert wurde das Geld überwiegend in risikoreiche Kreditersatzgeschäfte.

Die Bank wollte hohe Renditeziele um 15 Prozent erreichen. Denn sie sollte an die Börse geführt werden, und die Länder als Eigentümer wollten für ihre überschuldeten Haushalte hohe Dividenden sehen.

Coup des Managements

Zwei Jahre später kippte der Markt für forderungsbesicherte Wertpapiere. Das Geldhaus saß auf hohen Kreditrisiken, es fehlte an Liquidität. "Die Bank ist schwach kapitalisiert", sagte damals Sabine Bauer von der Ratingagentur Fitch. Die Kernkapitalquote der HSH-Nordbank, die das Verhältnis von Eigenkapital zu den potentiellen Risiken ausdrückt, lag Ende September 2007 bei 6,4 Prozent.

"Das ist schon ziemlich knapp für eine Bank mit umfangreichen Kreditgeschäft." Die Bankenaufsicht verlangt zwar nur vier Prozent, aber andere Banken kamen auf hohe einstellige oder zweistellige Kennziffern. Doch da gelang dem HSH-Management ein Coup, bei dem sich selbst Profis die Augen rieben.

Lehman sicherte Kredite ab

Trotz des darnieder liegenden Verbriefungsmarktes konnte die HSH Nordbank Risiken von Gewerbeimmobiliendarlehen im Gesamtwert von 7,6 Milliarden Euro weiterreichen. Lehman Brothers sicherte Kredite über drei Milliarden ab, für 2,6 Milliarden stand die Hypo Real Estate gerade, und die französische BNP Paribas übernahm die restlichen zwei Milliarden.

Lehman Brothers Gebäude

Lehman Brothers Gebäude

Sofort gab es Spekulationen, denn über die Details war Stillschweigen verabredet worden. Investmentbanker fragten sich, ob die HSH Nordbank mehr für die Absicherung zahlt, als sie an den Krediten verdient. Viele rätselten, wo die Risiken geblieben waren – und fanden keine Antwort.

Komplexe Konstruktionen

Eine Antwort liefert jetzt das Gutachten der KPMG. Es beschreibt, wie Verpackungskünstler in Nadelstreifen über Zweckgesellschaften wie Omega 52 und Omega 55 die Risiken so versteckten, dass selbst Finanzexperten wie Professor Peter Nippel von der Christian-Albrechts-Universität Kiel verunsichert sind: "Die Konstruktionen sind so komplex, dass sie nur schwer zu durchdringen sind. Aus den Unterlagen geht aber hervor, dass die Geschäfte für die HSH Nordbank einen Risikohebel von 100 hatten. Das bedeutet: Die HSH hat sich noch stärker von Marktschwankungen abhängig gemacht. Tatsächlich kam es dann aufgrund des Preisverfalls an den Wertpapiermärkten und vor allem in Folge von Bankenpleiten zu immensen Verlusten."

Die Verpackungskünstler saßen in der Londoner Niederlassung der HSH Nordbank. Dorthin wollte Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher vergebens die Verantwortung für ein Geschäft abschieben, das eine trickreiche Struktur hatte.

Zweckgesellschaften gegründet

Nippel interpretiert die Informationen aus dem KPMG-Gutachten so, dass die HSH Nordbank an BNP Paribas forderungsbesicherte Wertpapiere verkauft hat, um erkennbar hohe Risiken aus der eigenen Bilanz zu entfernen. Doch eigentlich wollten auch die Franzosen die Risiken nicht haben - in ihrer Bilanz schon gar nicht.

Deshalb gründeten sie zwei Zweckgesellschaften - Omega 52 und Omega 55. Dort landeten, so Nippel, die hochriskanten Papiere: "Nehmen wir zum Beispiel Omega 55. So, wie ich das Geschäft verstehe, hat die HSH in diesem Fall Risiken aus einem Wertpapierportfolio von 816 Millionen Euro zuerst an die BNP Paribas oder gleich an die Zweckgesellschaft übertragen. So beschaffte man sich Liquidität, und die Risiken waren aus der Bilanz.

Der Eingang zum Sitz der Bank BNP Paribas

Der Eingang zum Sitz der Bank BNP Paribas

Die Zweckgesellschaft diente sicher zunächst einmal dazu, dass die riskanten Papiere nicht in der Bilanz der BNPP auftauchten. Darüber hinaus dürfte die BNPP aber auch kein Interesse an der Übernahme des wirtschaftlichen Risikos gehabt haben. Also wurde eine Gesellschaft in Irland gegründet, deren einziger Zweck es war, mit diesen Papieren zu handeln."

Giftmüll aus der Welt geschafft?

Damit war der Giftmüll der HSH Nordbank aus der Welt geschafft. Aus der Welt? Oder nur aus dem Blick? Denn was geschieht, wenn Omega 55 rote Zahlen ausweist? Wer steht dafür gerade? Experte Nippel: "Wenn Omega 55 Verluste schreibt - was schon aus damaliger Sicht recht wahrscheinlich war - muss irgendjemand dafür aufkommen. BNPP wollte das Risiko sicherlich nicht allein tragen, deshalb hat sich die HSH verpflichtet, unter bestimmten Bedingungen Zahlungen an Omega 55 zu leisten. Diese Bedingungen sind so gestaltet, dass das Risiko der HSH offenbar noch gesteigert wurde. Die HSH hat die Risiken des Wertpapierportfolios abgegeben, dafür aber auf den ersten Blick nicht erkennbare Risiken aus der Beteiligung an der Zweckgesellschaft übernommen. Das nennt man Risikotausch."

Omega-Papiere sind nicht mehr handelbar

Ein Tausch, der böse ausging, zumindest für die Bank. Zwar war vertraglich vereinbart, dass die Zweckgesellschaft Ende 2014 geschlossen und die HSH Nordbank wieder ausbezahlt werden soll. Aber nur, wenn Omega 55 keine Verluste geschrieben hat. Tatsächlich aber war vereinbart, dass die Nordbanker schon bei geringen Marktschwankungen für Omega gerade stehen müssen. Die Briefkastenfirma in Dublin hat die Zahlungsverpflichtung der HSH, im Bankerkauderwelsch mit dem Begriff "Liquiditätsfazilität" vernebelt, voll in Anspruch genommen. Denn der Derivatemarkt war zusammengebrochen. Bis heute sind die Papiere von Omega 52 und Omega 55 nicht mehr handelbar.

Lesen Sie im Teil 3, wie das Hütchenspiel der Manager funktionierte.