Die Beine von drei Männern und einer Frau, aufgenommen bei der Jahrespressekonferenz von VW im März 2019.

Frauen in DAX-Vorständen Noch kein ausgewogenes Verhältnis

Stand: 19.10.2022 10:27 Uhr

In den DAX-Konzernen liegt der Frauenanteil in den Vorständen bei nur 14 Prozent. Gerade einmal drei börsennotierte Konzerne haben ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern.

Erstmals gibt es in drei DAX-Konzernen ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern im Vorstand. Laut eines Berichts der deutsch-schwedischen AllBright-Stiftung, die sich für mehr Frauen und Diversität in den Führungspositionen der Wirtschaft einsetzt, ist dies der Fall bei dem Autozulieferer Continental, dem Dialysespezialisten Fresenius Medical Care und dem Medizintechnikhersteller Siemens Healthineers.

Ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis sei erreicht, wenn der Anteil der unterrepräsentierten Gruppe mindestens 40 Prozent betrage, heißt es in der Untersuchung. Drei weitere Konzerne im deutschen Leitindex - Beiersdorf, die Deutsche Telekom und Mercedes Benz - sind ebenfalls nicht mehr weit entfernt.

Frauenanteil in den Konzernen wächst weiter nur leicht

Generell stieg der Frauenanteil in der Topetage der größten deutschen Unternehmen den Angaben zufolge innerhalb eines Jahres allerdings nur leicht um 0,8 Prozentpunkte auf 14,2 Prozent. Die Vorstände der insgesamt 160 DAX-, MDAX- und SDAX-Konzerne waren zum Stand September von 599 Männern und 99 Frauen besetzt. Knapp 85 Prozent der Vorstandsmitglieder sind also nach wie vor Männer.

Die gute Dynamik des Vorjahres bei der Erhöhung des Frauenanteils habe sich in diesem Jahr abgeschwächt, heißt es von den Autoren des Berichts. Der nur geringe Zuwachs beim Frauenanteil ist dabei allein auf die großen DAX-Konzerne zurückzuführen. Mehr als die Hälfte aller weiblicher Vorstandsmitglieder ist Teil eines DAX-Konzerns.

Quote in kleineren Unternehmen geringer

"Mehr denn je geht es jetzt darum, sich neu und besser aufzustellen und sich dafür die besten Köpfe zu sichern - auch und gerade die weiblichen", betonten Stiftungs-Geschäftsführer Wiebke Ankersen und Christian Berg. Den DAX-Unternehmen gelinge das zurzeit am besten. Für mittlere und kleinere Unternehmen, die noch keine Frau im Vorstand hätten, werde es dagegen schwieriger. "Denn der Trend, dass Top-Managerinnen bevorzugt Unternehmen wählen, in denen es schon Frauen im Vorstandsteam gibt, bestätigt sich auch in diesem Jahr."

Bei den mittelgroßen Unternehmen des MDAX stagnierte der Frauenanteil danach in den Vorständen bei 11,3 Prozent, bei kleineren Firmen im SDAX bei 10,4 Prozent. Diesen Unternehmen ist es laut der Studie im vergangenen Jahr häufig nicht gelungen, ausscheidende Top-Managerinnen durch Kolleginnen zu ersetzen. In 74 MDAX- und SDAX-Unternehmen gebe es derzeit keine einzige Frau im Vorstand. Der Untersuchung zufolge würde es bei dem durchschnittlichen Veränderungstempo der vergangenen fünf Jahre noch 26 Jahre dauern, bis ein Frauenanteil von 50 Prozent in den Börsen-Vorständen erreicht wäre.

Die Untersuchung macht auch Unternehmen aus, die weder im Vorstand noch im Aufsichtsrat eine Frau haben. Dazu zählen etwa der Finanzvermittler Hypoport, der Batteriehersteller Varta oder die Adler Group.

Mehr Chefs mit Namen Christian als weibliche CEOs

An der Vorstandsspitze sind Frauen weiterhin eine Ausnahme. Die Zahl weiblicher Vorsitzender stieg im Vorjahresvergleich von acht auf neun. Nach dem 1. September wurde noch Carla Kriwet zur Vorstandschefin des Dialysespezialisten Fresenius Medical Care befördert. Derzeit gibt es mehr Vorstandsvorsitzende, die Christian heißen (zehn) als weibliche Vorstandsvorsitzende (neun).

Mittelfristig sieht die Stiftung aber Chancen für mehr Managerinnen an der Spitze. Jede vierte der neuen Frauen im Vorstand sei zuletzt für das Finanzressort rekrutiert worden. Dieser Posten sei in der Vergangenheit häufiger Sprungbrett für den Vorstandsvorsitz gewesen.

Gesetzliche Vorlage

Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und mehr als drei Vorständen müssen bei der Neubesetzung in dem Gremium inzwischen darauf achten, dass mindestens eine Frau in der Topetage sitzt. Das Mindestbeteiligungsgebot gilt bei Bestellungen ab dem 1. August 2022.

Nach Einschätzung von Bundesfrauenministerin Lisa Paus wirkt das Gesetz. Bereits vor dessen Inkrafttreten hätten die Unternehmen mehr Vorständinnen berufen. "Und dennoch können wir uns auf den Erfolgen nicht ausruhen", mahnte die Grünen-Politikerin in einem Schlusswort.

Deutschland im internationalen Vergleich

International hinken selbst die DAX-Konzerne der Studie zufolge teilweise hinterher. Im DAX liegt der Frauenanteil bei 20,2 Prozent. Der Frauenanteil in der Topetage der 40 größten Börsenunternehmen in den USA liegt dagegen etwa bei 31 Prozent, gefolgt von Großbritannien (27,9 Prozent) und Schweden (26,5 Prozent).

In den Vereinigten Staaten gibt es mit Tesla lediglich ein einziges Unternehmen unter den 40 größten Konzernen ohne eine Frau. Im deutschen DAX sind es hingegen sieben Unternehmen: unter anderem Linde, Munich Re oder die Porsche Automobil Holding.