Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

US-Börsen geben nach Tristesse an der Wall Street

Stand: 03.01.2024 22:13 Uhr

Gedämpfter Zinsoptimismus, aber auch Sorgen um die Lage im Nahen Osten haben die US-Börsen belastet. Die US-Anleger werden zudem wohl noch eine Weile mit den hohen Zinsen leben müssen.

Wie zuvor schon die europäischen Märkte haben sich auch die Wall-Street-Anleger heute vom Aktienmarkt zurückgezogen. Die großen Aktienindizes schlossen allesamt im Minus. Wie schon am Vortag standen dabei vor allem die besonders zinssensitiven Technologieaktien unter größerem Abgabedruck.

Die technologielastige Nasdaq gab am Ende 1,18 Prozent nach. Der marktbreite S&P-500-Index verlor 0,8 Prozent auf 4704 Stellen, der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, ging bei 37.430 Punkten um 0,76 Prozent tiefer aus dem Handel.

Händler wollten den bisher mäßigen Jahresstart aber nicht überbewerten. Einige Anleger, die im Zuge der Jahresendrallye gut verdient hätten, nähmen derzeit Gewinne mit, hieß es von dort. Die Mehrheit warte aber wohl auf neue Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten, die weitere Aufschlüsse über die wirtschaftliche und geldpolitische Entwicklung geben könnten.

Zunehmende Spannungen im Krieg zwischen Israel und der radikal-islamischen Palästinenser-Gruppe Hamas und der sich verschärfende russische Krieg gegen die Ukraine verunsicherten die Investoren zusätzlich.

Am Abend wurde dann das mit Spannung erwartete Sitzungsprotokoll der letzten Zinssitzung der Notenbank aus dem Dezember bekannt, im Fachjargon "Minutes" genannt. Dabei war sowohl für Bullen (Käufer) und Bären (Verkäufer) etwas dabei, entsprechend verhalten tendierten im Gefolge die Märkte.

Denn einerseits hat die Federal Reserve (Fed) ein Ende der Zinserhöhungen in Aussicht gestellt: "Die Teilnehmer waren der Ansicht, dass der Leitzins in diesem Straffungszyklus seinen Höchststand erreicht hat oder nahe dran ist", heißt es in dem am Abend veröffentlichten Protokoll zur Zinsentscheidung vom 13. Dezember. Bei der Inflationsbekämpfung habe man "klare Fortschritte" erzielt.

Andererseits solle die restriktive Ausrichtung jedoch zunächst beibehalten werden, bis die Inflation eindeutig und nachhaltig zurückgehe, heißt es in der Mitteilung ebenfalls. Man sei bereit, die Zinsen zu senken, falls sich der Inflationsrückgang im Jahr 2024 fortsetze. Der Zeitpunkt für einen solchen Schritt bleibe unsicher. Für März wird an den Terminmärkten mit einer ersten Zinssenkung um einen Viertelprozentpunkt gerechnet.

Zuvor hatte sich US-Währungshüter Thomas Bark für dieses Jahr nicht auf einen geldpolitischen Kurs festgelegt. "Es gibt keinen Autopiloten. Und die Daten, die dieses Jahr hereinkommen, zählen", betonte heute der Präsident des Notenbankbezirks Richmond.

Zinserhöhungen seien nicht vom Tisch, falls sich die Inflation als zäher als gedacht erweisen sollte. Zugleich hänge der Zeitplan und das Tempo etwaiger Zinssenkungen davon ab, ob der Preisauftrieb weiter abnehme und die Wirtschaft noch rund laufe.

Barkin sagte damit zwar nichts Neues, die fast schon euphorische Erwartungshaltung des Marktes war zuletzt aber weit darüber hinaus gegangen. Heftige Spekulationen über Art und Ausmaß von Zinssenkungen hatten die Börse, besonders die Technologieaktien, dabei immer weiter angetrieben.

Am Nachmittag stand zuvor der ISM-Einkaufsmanager-Index für die US-Industrie auf dem Terminplan, ein erstes Konjunktursignal aus der größten Volkswirtschaft der Welt. Trotz etwas besser als erwartet ausgefallener Daten war die Börsenreaktion verhalten.

Konkret hat sich die Stimmung in der US-Industrie im Dezember etwas stärker verbessert als erwartet. Der Einkaufsmanagerindex ISM stieg um 0,7 Punkte auf 47,4 Punkte, wie das private Institute for Supply Management (ISM) heute mitteilte. Analysten hatten im Schnitt lediglich eine Verbesserung auf 47,1 Zähler erwartet.

Der Indikator liegt damit aber den 14. Monat in Folge unter der Schwelle von 50 Punkten, was auf eine schrumpfende Industrie hinweist. Es scheine sich keine positive Dynamik in dem Sektor aufzubauen, schreibt Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen. Die Erwartung sinkender Leitzinsen der US-Notenbank Federal Reserve werde daher nicht grundsätzlich infrage gestellt.

Mit einer schwachen Wall Street im Rücken hat der Leitindex DAX am Nachmittag seine Verluste ausgeweitet und den Handel mit deutlichen Verlusten abgeschlossen. Am Ende verlor der Index 1,38 Prozent auf 16.538 Zähler.

Wie bereits am Vortag waren die Schwankungen hoch, das Tageshoch wurde im frühen Geschäft bei 16.784 Punkten erreicht, das Tagestief lag bei 16.479 Punkten. Der MDAX der mittelgroßen Werte geriet ebenfalls unter starken Verkaufsdruck und gab 2,18 Prozent auf 26.252 Zähler nach.

Bereits am Vortag hatte der DAX anfangs höhere Niveaus nicht behaupten können und war abgerutscht. Gestern hatte er dann aber noch knapp im Plus bei 16.769 Zählern geschlossen.

Das hat heute nicht geklappt. Nach dem letztlich richtungslosen Handel am Vortag haben sich heute die "Bären" (Verkäufer) durchgesetzt und dem DAX damit einen Fehlstart ins neue Börsenjahr eingebrockt. Für Verunsicherung sorgt aktuell die Angst vor einer weiteren Eskalation der Krise im Nahen Osten. Dazu kommt nachlassender Optimismus bezüglicher rascher Zinssenkungen der US-Notenbank.

Nach dem Tod des stellvertretenden Hamas-Chef Saleh al-Aruri am Dienstag bei einem Drohnen-Angriff in Beirut seien Vergeltungsschläge zu befürchten, hieß es von Beobachtern. Zudem ist der Markt nach der Rally zum Jahresschluss heißgelaufen, so dass eine technische Abkühlung nicht ungewöhnlich wäre.

"Viel Hoffnung auf Zinssenkungen und eine nur leichte Abkühlung der Wirtschaft wurde 2023 in die Kurse eingepreist, zu anfällig ist der Markt damit für enttäuschende Nachrichten aus dieser Richtung", fasste Jürgen Molnar, Stratege vom Broker RoboMarkets, zusammen.

Antje Erhard, HR, zu den Auswirkungen der Huthi-Angriffe für die Börse

tagesschau24, 03.01.2024 14:00 Uhr

Dass die Zinssenkungsfantasie in den USA derzeit nachlässt, zeigt sich auch am Devisenmarkt, zudem bleibt in Krisenzeiten der Dollar begehrt. Die europäische Gemeinschaftswährung baute am Nachmittag ihre Verluste weiter aus und notierte zuletzt im US-Handel bei 1,0919 Dollar leicht über Tagestief. Am Morgen wurde noch rund ein halber Dollar-Cent mehr bezahlt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0919 (Dienstag: 1,0956) Dollar fest. Die Hoffnung auf niedrigere US-Leitzinsen hatte den Euro in den vergangenen Wochen gestärkt.

Berichte über eine Störung auf Libyens wichtigstem Ölfeld trieben die Preise für Rohöl nach oben. Die Nordseesorte Brent und US-Leichtöl WTI verteuern sich um rund 3,0 Prozent.

Zwei Ingenieure sagten der Nachrichtenagentur Reuters, dass Proteste zu einer teilweisen Reduzierung der Produktion auf Libyens Ölfeld Sharara mit einer Kapazität von 300.000 Barrel pro Tag geführt hätten. Auch die Lage im Roten Meer bleibt angespannt, nachdem Huthi-Rebellen nach US-Angaben zwei Anti-Schiffsraketen abgefeuert haben. Zu den Angriffen im Roten Meer kommt es seit einigen Wochen, nachdem sich die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen mit der radikal-islamischen Hamas solidarisch erklärten.

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Dezember 2023 im Vergleich zum November vor allem saisonbedingt um 31.000 auf 2,637 Millionen Menschen gestiegen. Die Arbeitslosenquote sei um 0,1 Punkte auf 5,7 Prozent nach oben gegangen, teilte die Bundesagentur für Arbeit mit. Im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres stieg die Zahl der Arbeitslosen um 183.000. Auch ein leichter Anstieg der Kurzarbeit sei zu verzeichnen. Im Dezember verzeichnete die Bundesagentur 713.000 offene Stellen, 68.000 weniger als ein Jahr zuvor.

Die ausgeprägte Kursschwäche an der US-Technologiebörse Nasdaq ist heute auf die europäischen Märkte übergesprungen. Der Stoxx 600 Technology Index verlor deutlich und ist im neuen Börsenjahr bislang der schwächste Sektor. Im DAX verloren Papiere des Chip-Produzenten Infineon rund 3,9 Prozent, auch Siemens-Titel notierten 3,6 Prozent schwächer. Am Index-Ende standen Siemens-Energy, die über fünf Prozent nachgeben.

Dagegen konnte die Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall mit Kursen über 300 Euro zwischenzeitlich einen neuen Rekordstand erreichen. Am Ende stand die Aktie aber wieder leicht darunter und gab etwas nach. Im Leitindex konnten Aktien von Münchener Rück und Hannover Rück gegen den Trend moderat zulegen und sich oben in der DAX-Rangliste platzieren. Die T-Aktie war Tagessieger mit einem Plus von rund 1,4 Prozent. Laut Marktteilnehmern war das Papier gefragt, weil erwartet wird, dass die Telekom mit ihrem angekündigten Aktienrückkaufprogramm startet.

Der Flugzeugbauer Airbus will sich mit einem Milliardenbetrag die Cybersicherheits- und Datensparte des kriselnden französischen IT-Dienstleisters Atos sichern. Airbus bewerte das Geschäft rund um Big Data und Security (BDS) mit 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro inklusive Schulden, teilte Atos mit. Die Gespräche seien aber noch in einem frühen Stadium. Zuvor hatte die "Financial Times" über ein entsprechendes Angebot berichtet. Atos sucht seit geraumer Zeit wegen Verlusten im angestammten IT-Dienstleistungsgeschäft und wegen hoher Schulden nach Lösungen. Die Anleger waren skeptisch, Airbus-Papiere verloren im DAX rund drei Prozent.

Europas größer Autobauer Volkswagen meldet einen Erfolg bei der Entwicklung der Feststoffzelle, die als nächste Generation von E-Auto-Batterien gilt. Eine Feststoffzellenbatterie habe im VW-Labor in Salzgitter nun einen Langzeittest bestanden, teilte die fürs Batteriegeschäft zuständige Konzerntochter PowerCo mit. Die Zelle habe mehr als 1000 Ladezyklen absolviert, was einer Gesamtreichweite von rund 500.000 Kilometern entspreche, so PowerCo.

Die Feststoffzelle gilt in der Branche als nächster großer Schritt in der Batterieentwicklung. Anders als in den bisher in E-Autos eingesetzten Lithium-Ionen-Akkus kommt im Innern kein flüssiges Elektrolyt zum Einsatz, sondern ein festes. Die Hersteller erhoffen sich davon mehr Reichweite, schnelleres Laden und weniger Verschleiß.

Der Prozess gegen Manager von Wirecard könnte fast doppelt so lang dauern wie zunächst terminiert. Das Landgericht München I hat 86 zusätzliche Prozesstage bis zum 19. Dezember dieses Jahres angesetzt. Der Prozess gegen den früheren Vorstandschef Markus Braun, den Kronzeugen Oliver Bellenhaus und den ehemaligen Chefbuchhalter des 2020 kollabierten Konzerns läuft seit dem 8. Dezember 2022. Wirecard war im Sommer 2020 zusammengebrochen, nachdem die Wirtschaftsprüfer 1,9 Milliarden Euro nicht ausfindig machen konnten, die in der Bilanz verbucht werden sollten.

Der irische Billigflieger Ryanair hat im Dezember zwar mehr Fluggäste befördert als ein Jahr zuvor. Die Passagierzahl wuchs um neun Prozent auf 12,5 Millionen, wie das Unternehmen heute in Dublin mitteilte. Die Auslastung fiel jedoch um einen Prozentpunkt auf 91 Prozent. Die Aktie von Ryanair sank in Dublin um rund drei Prozent. Ryanair verwies darauf, dass große Reiseanbieter wie unter anderem Booking.com Anfang Dezember Ryanair-Flüge aus dem Programm genommen hätten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Januar 2024 um 10:00 Uhr.