Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Verluste zum Jahresstart Dämpfer für die Wall-Street-Bullen

Stand: 02.01.2024 22:13 Uhr

Mit einem Fehlstart sind die US-Börsen ins neue Jahr gegangen. Vor allem Tech-Aktien hatten es schwer, an die starke Rally der Vorwochen anzuknüpfen. Der DAX konnte Gewinne nicht halten.

Schwacher Jahresauftakt in New York. Die großen Wall-Street-Indizes konnten am ersten Handelstag des neuen Jahres nicht an die Avancen zum Jahresschluss anknüpfen und schlossen überwiegend leichter. Vor allem Technologieaktien mussten ihrem starken Lauf zuletzt Tribut zollen, die Anleger nahmen Gewinne mit. Anleger im Techsektor hinterfragten zu Jahresbeginn die Zinswende der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wieder etwas stärker.

Technologiewerte waren 2023 die großen Gewinner an den Börsen. Das voraussichtliche Erreichen des Zinsgipfels bei nachlassender Inflation war gerade für Technologiekonzerne eine gute Nachricht, weil die Finanzierungen ihrer hohen Investitionen dadurch wieder erschwinglicher werden. Bleibt zusätzlich - wie von vielen Marktteilnehmern zurzeit erhofft - eine Rezension in den USA aus, können die Unternehmen ihre Gewinne leichter steigern. Doch in Stein gemeißelt sind diese Vorstellungen längst nicht.

Am besten hielt sich der Dow-Jones-Index, der Leitindex der Standardwerte, der am Ende sogar noch leicht ins Plus drehte. Der Schlusskurs lag bei 37.715 Punkten, ein moderater Tagesgewinn von 0,1 Prozent. Der marktbreite S&P-500-Index, in dem sowohl Standard- als auch Technologieaktien enthalten sind, gab 0,57 Prozent nach. Klarer im Minus tendierten beide Nasdaq-Indizes. Der Composite-Index verlor 1,6, der Auswahlindex Nasdaq 100 gab knapp 1,7 Prozent nach. In der Nähe ihrer Rekordstände hatten die Indizes an der Wall Street am Freitagabend bereits leicht nachgegeben.

"Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Märkte eine Pause einlegen, um eine Hausse von der Größenordnung des gerade zu Ende gegangenen vierten Quartals zu verdauen", relativierte Marktstratege John Stoltzfus von Oppenheimer Asset Management. Die US-Aktienmärkte hatten den Großteil ihrer Jahresgewinne in der Ende Oktober begonnenen Rally erzielt.

Der Dow Jones Industrial schaffte 2023 ein Plus von fast 14 Prozent, während der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 um 54 Prozent hochgeschnellt war. Der Nasdaq-Composite-Index hatte im abgelaufenen Jahr rund 43 Prozent zugelegt.

Unter den Einzelwerten im Dow bot sich den Anlegern ein ungewohntes Bild. Denn Indexschwergewicht Apple fielen deutlich um 3,58 Prozent und gehörten in einem schwachen Branchenumfeld zu den größten Verlierern am ersten Handelstag des neuen Jahres. Dies aber auch, nachdem die Barclays-Analysten die Papiere wegen der erwartet schwachen Nachfrage nach dem neuesten iPhone von "Equal Weight" auf "Underweight" abgestuft hatten.

Gleich zum Jahresauftakt durchliefen die heimischen Anleger am Aktienmarkt ein Wechselbad der Gefühle. Der DAX schwankte heute deutlich zwischen 16.648 und 16.963 Punkten. Zwar legten die Aktienkurse nach dem Start am Morgen zunächst kräftig zu, und der DAX verpasste nach einer Handelsstunde sein Rekordhoch nur um 40 Punkte; anschließend verließ die Anleger jedoch der Mut. Zwischenzeitlich drehte der Index am Nachmittag dabei sogar ins Minus. Auch die sich abzeichnende schwächere Wall-Street-Tendenz dämpfte den Tatendrang der Optimisten.

Am Ende ging der deutsche Leitindex bei 16.769 Punkten um 0,11 Prozent dann trotz der Schwankungen im Verlauf nur leicht höher aus dem Handel. Am letzten Handelstag 2023 lag der Schlussstand bei 16.751 Punkten. Getrieben von der Hoffnung auf sinkende Zinsen war der DAX im vergangenen Jahr um gut 20 Prozent gestiegen und hatte Mitte Dezember bei 17.003 Punkten ein Allzeithoch erreicht. Die Frage ist nun, ob es in diesem rasanten Tempo weitergehen kann.

"Der Realitätscheck im Deutschen Aktienindex steht erst noch aus, denn die großen Marktteilnehmer kehren meist in der zweiten Januarwoche zurück an ihre Bildschirme", so Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. Dabei dürfte vor allem der anhaltende Krieg in Nahost und die seit langem stärksten russischen Angriffe auf die Ukraine für Verunsicherung am Markt sorgen. Der MDAX der mittelgroßen Werte schloss bei 26.838 Zählern allerdings um 1,1 Prozent klar schwächer.

Während die japanischen Aktienmärkte noch bis Donnerstag geschlossen bleiben, verbuchten die Aktienmärkte in China heute klare Verluste. Sie reagierten damit auf Daten zur chinesischen Industrie vom Freitag und heute Morgen.

Vergangene Woche hatte der Euro noch die Marke von 1,11 Dollar erklommen. Heute fiel die europäische Gemeinschaftswährung unter die Marke von 1,10 Dollar. Im US-Handel wurden zuletzt 1,0941 Dollar bezahlt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0956 (Freitag: 1,1050) Dollar fest. Die Zinssenkungsfantasien in den USA, die den Euro gegenüber der US-Währung gestärkt hatten, reichen offenbar nicht für eine weitere Aufwertung des Euro aus.

Fundamentaler Rückenwind für die Gemeinschaftswährung half heute nicht. Dabei hat sich die Stimmung in den Industrieunternehmen der Eurozone hat sich im Dezember unerwartet etwas weiter aufgehellt.

Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global stieg im Monatsvergleich um 0,2 Punkte auf 44,4 Zähler. Analysten hatten im Schnitt damit gerechnet, dass das vorläufige Ergebnis von 44,2 Zählern bestätigt wird. Der Indexwert erreichte damit nun im Dezember den höchsten Stand seit sieben Monaten, bleibt aber weiter deutlich unter der sogenannten Expansionsschwelle. Mit weniger als 50 Punkten signalisiert er nach wie vor einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivitäten.

Nach oben ging es am Kryptowährungsmarkt. Der Bitcoin stieg zum ersten Mal seit April 2022 über die Marke von 45.000 Dollar gestiegen und erreichte mit 45.911 Dollar ein 21-Monats-Hoch. Der Optimismus der Anleger über die mögliche Zulassung von börsengehandelten Bitcoin-Spotfonds trieb die weltweit größte und bekannteste Cyber-Devise an.

Die Ölpreise sind wegen der Spannungen im Roten Meer heute zunächst gestiegen, fallen aktuell aber wieder zurück. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung kostete 1,5 Prozent weniger, die US-Sorte WTI gab um 1,7 Prozent nach. Am Markt wurde am Morgen auf die Spannungen im Roten Meer verwiesen, wo wichtige Schiffsrouten für den internationalen Handelsverkehr und den Transport von Rohöl verlaufen. Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen sind vermehrt Handelsschiffe im Roten Meer von den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen angegriffen worden.

Im DAX ging es am ersten Börsentag 2024 mit den Kursen des Rüstungskonzerns Rheinmetall kräftig aufwärts. Die Papiere erreichten sogar ein Rekordhoch knapp über 300 Euro. Am Ende stand ein Plus von über vier Prozent.

An der Londoner Börse stiegen die Kurse von BAE Systems und Babcock International. Anleger reagierten laut Experten auf eine positive Einschätzung der Bank JPMorgan zur Rüstungsbranche. Deren Analyst David Perry rechnet in einer Studie mit einem Fortdauern der geopolitischen Spannungen im neuen Jahr: "Politiker in Europa und den USA werden letztlich höhere Verteidigungsausgaben gutheißen und auch die Ukraine weiterhin unterstützen".

Nach einer positiven Einschätzung von JPMorgan stiegen auch Papiere des Medizintechnik-Unternehmens Sartorius im DAX um über 3,3 Prozent. Zu den Gewinnern im neuen Jahr zählte auch die Aktie des sich im Umbau befindlichen Gesundheitskonzerns Fresenius. Am DAX-Ende standen zusammen mit Chiphersteller Infineon Papiere des Online-Modehauses Zalando, die auch schon im vergangenen Jahr schlecht gelaufen waren.

Die Erholungsrally bei den Papieren des Biotech-Konzerns Morphosys setzte sich auch im neuen Jahr fort. Sie kletterten im SDAX um um rund 3,0 Prozent und im Verlauf noch höher auf ein neues Hoch seit Dezember 2021. Nachdem im November Anleger durch die Nachricht geschockt wurden, dass das Krebsmittel Pelabresib in einer Studie an Myelofibrose-Patienten wichtige Sekundärziele verfehlt hatte, hat sich die Aktie seit dem folgenden Kursrutsch wieder mehr als verdoppelt. Inzwischen hoffen Investoren wieder, dass Pelabresib dennoch in den USA eine Zulassung erhalten und zum Kassenschlager werden könnte.

Der Chipindustrieausrüster ASML hat einige chinesische Kunden wenige Wochen vor der Ausweitung von Exportbeschränkungen nicht mehr mit Maschinen zur Chipherstellung beliefern können. Eine Lizenz für die Auslieferung bestimmter Lithografiesysteme sei teilweise von der niederländischen Regierung zurückgezogen worden, teilte das Unternehmen mit. Der Rückzug der Lizenzen habe keine wesentlichen Effekte auf den Finanzausblick für das Jahr 2023, hieß es von ASML. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg in der Nacht zum Dienstag unter Berufung auf Insider berichtete, hat die Regierung von US-Präsident Joe Biden auf den vorzeitigen Lieferstopp gedrungen.

Der Präsident der österreichischen Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn schließt einen Konkurs und damit eine Zerschlagung der insolventen Signa-Gruppe des Tiroler Investors Rene Benko nicht aus. "Man soll natürlich für alle Entwicklungen gerüstet sein, man kann hier derzeit gar nichts ausschließen", sagte Peschorn am Dienstag zum ORF Radio.

Damit die Gläubiger, darunter auch die Republik Österreich, dem Sanierungsplan zustimmen, müsse jetzt bei Signa alles offengelegt werden, forderte der Präsident der österreichischen Finanzverwaltung. "Es ist nun die Stunde der Transparenz, es muss alles auf den Tisch."

Nach der Signa-Holding, der Dachgesellschaft, wurde zuletzt auch für die operativen Töchter und Flagschiffe der Gruppe, Signa Prime und Signa Development, ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung am Handelsgericht Wien eröffnet. Signa Prime umfasst die wichtigsten Immobilien, darunter das KaDeWe in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg, das Oberpollinger in München sowie der im Bau befindliche "Elbtower" in Hamburg oder das Kaufhaus "Lamarr" in Wien. Die Signa-Insolvenz ist die größte Pleite in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte.

Der US-Elektroautopionier Tesla hat sein Auslieferungsziel im vergangenen Jahr erreicht. Im vierten Quartal gingen 484.507 Autos an die Endkunden, wie Tesla heute in Austin (US-Bundesstaat Texas) mitteilte. Damit lieferte Tesla im gesamten Jahr knapp 1,81 Millionen Autos aus, das war ein Plus von rund 38 Prozent zum Vorjahr. Angepeilt hatte Tesla-Chef und Starunternehmer Elon Musk rund 1,8 Millionen Fahrzeuge.

Der weit überwiegende Teil der verkauften Autos waren mit 1,74 Millionen Wagen das Model 3 und das Model Y. Tesla lag mit den Verkäufen im vierten Quartal in etwa auf Linie mit den Erwartungen von Experten. Die Aktie gab nach wechselvollem Handelsverlauf am Ende leicht um 0,1 Prozent nach. Die Finanzzahlen zum abgelaufenen Jahr legt Tesla am 24. Januar nach US-Börsenschluss vor.

Auch der chinesische Tesla-Rivale BYD hat im abgelaufenen Jahr seinen Absatz deutlich um knapp 62 Prozent gesteigert. Es seien gut drei Millionen Fahrzeuge verkauft worden, teilte der weltgrößte Verkäufer von batteriebetriebenen E-Fahrzeugen (BEVs) und Plug-in-Hybriden gestern mit. Dabei habe es sich um etwa 1,6 Millionen BEVs und 1,4 Millionen Plug-in-Hybride gehandelt. BYD hatte zuletzt den Bau seines ersten europäischen Autowerks in Ungarn angekündigt. Experten zufolge soll damit insbesondere der Markt in Europa erschlossen werden.

Die Aussicht auf wieder steigende Umsätze beim Biontech-Konkurrenten Moderna lockt die Anleger an. Die Aktien stiegen um über 13 Prozent und standen damit so hoch wie seit dreieinhalb Monaten nicht mehr. Auch Biontech-Papiere waren gefragt.

Moderna-Konzernchef Stéphane Bancel erklärte in einem Aktionärsbrief, dass der Impfstoffherstellers für 2025 ein Umsatzwachstum erwartet. Er begründete seinen Optimismus mit der erwarteten Markteinführung eines RSV-Impfstoffkandidaten im Jahr 2024 und der möglichen Markteinführung des Grippe/Covid-Kombinationsimpfstoffs bereits im Jahr 2025. Moderna hatte im abgelaufenen Jahr die nur noch geringe Nachfrage nach Covid-19-Impfstoffen zu schaffen gemacht. Die Aktien waren um fast 45 Prozent gefallen.

Der Schweizer Pharmakonzern Novartis hat sich in einem potenziell milliardenschweren Deal die Rechte an einer Gentherapie des Biotechunternehmens Voyager Therapeutics gesichert. Die US-Firma erhält im Zuge der Partnerschaft zunächst eine Vorauszahlung von 100 Millionen Dollar von Novartis, wie Voyager heute mitteilte. Dem Biotechunternehmen winken erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen von bis zu 1,2 Milliarden Dollar sowie Lizenzzahlungen auf mögliche spätere Umsätze mit Produkten, die eine bestimmte Technologie von Voyager enthalten. Voyager-Aktien springen rund ein Viertel nach oben.

Die Gen- und Zelltherapie gilt als große Zukunftshoffnung zum Kampf gegen verschiedene Krankheiten, weltweit investieren Pharmariesen Milliardenbeträge in diesen Ansatz. Gentherapien zielen darauf ab, Krankheiten zu heilen, indem die fehlende oder defekte Version eines Gens in den Zellen eines Patienten durch ein intaktes Gen ersetzt wird. Novartis selbst hat die SMA-Gentherapie Zolgensma auf den Markt gebracht, die sich der Konzern mit einer milliardenschweren Übernahme gesichert hatte und die mit einem Listenpreis von mehr als zwei Millionen Dollar für eine Einmalbehandlung als teuerste Arznei der Welt gilt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 02. Januar 2024 NDR Info um 09:41 Uhr und tagesschau24 um 10:37 Uhr.