Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

Ruhiger Handel Durchatmen an der Wall Street

Stand: 18.08.2022 22:29 Uhr

Die Handelsbewegungen an der New Yorker Börse waren überschaubar. Die großen Indizes fanden lange keine klare Richtung. Auch die DAX-Anleger agierten verhalten.

Trotz robuster neuer Konjunkturdaten im Rücken waren die Handelsbewegungen an der New Yorker Börse überschaubar. Die großen Indizes fanden lange keine klare Richtung, erst gegen Ende der Sitzung zogen die Notierungen noch etwas an und schlossen leicht im Plus.

Der Leitindex Dow Jones ging bei 33.999 Punkten nahezu unverändert aus dem Handel. Auch an der Technologiebörse Nasdaq tat sich lange nicht viel, mit 0,21 Prozent auf 12.965 Zähler rückte sie am Ende dann aber noch moderat vor. Ähnlich der Auswahlindex Nasdaq 100 mit einem Zuwachs von 0,26 Prozent und der marktbreite S&P, der 0,23 Prozent zulegte auf 4283 Stellen.

Den Börsen gehe nach der Aufholjagd der vergangenen Wochen die Puste aus, sagten Händler. "Wir hatten große Gewinne, der Markt verdaut das zu diesem Zeitpunkt. Im Moment befinden wir uns in einer Warteschleife und einige Leute befürchten, dass wir ein weiteres Tief sehen werden", sagte Joe Saluzzi, leitender Manager des Segments Handel beim Broker Themis Trading.

Seit Mitte Juni ist der S&P 500 um 17 Prozent gestiegen, unterstützt durch positive Ergebnisse der amerikanischen Unternehmen. Die Nasdaq hat gleichzeitig 22 Prozent gutgemacht. "Die jüngste Rally wurde eindeutig von einer Kombination aus besseren Wirtschaftsdaten als befürchtet und Gewinnen angetrieben", sagte Art Hogan, Chefmarktstratege beim Vermögensverwalter B. Riley Wealth.

Etwas Auftrieb erhielt der Markt im Verlauf nach Äußerungen der Fed-Bankerin Mary Daly. Die US-Währungshüterin plädiert dafür, beim Straffen der Geldpolitik nicht über das Ziel hinauszuschießen.

Die Federal Reserve solle keinen "unnötigen Fehler" begehen, indem sie die Zinszügel zu stark anziehe, sagte die Chefin des Fed-Bezirks San Francisco heute dem TV-Sender CNN. Zuletzt hatte sie sich strikt für weitere Zinserhöhungen stark gemacht und davor gewarnt, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen sei.

Der Chef der Fed-Filiale von St. Louis, James Bullard, favorisiert hingegen eine Erhöhung der Leitzinsen um 0,75 Prozentpunkte bei der nächsten Sitzung der US-Zentralbank im September. Die Federal Reserve (Fed) sollte sich weiterhin zügig auf ein Zinsniveau bewegen, das die Inflation deutlich nach unten bringe, sagte Bullard heute dem "Wall Street Journal".

Damit gehen die Spekulationen weiter, ob sich die Fed im September für einen weiteren großen Zinsschritt von 75 Basispunkten entscheiden, oder eine etwas gemäßigtere Position mit "nur" 50 Basispunkten Erhöhung einnehmen wird. In jedem Fall wird weiter an der Zinsschraube gedreht werden, zumindest bis sich sichtbare Erfolge beim Kampf gegen die Inflation einstellen.

Update Wirtschaft vom 18.08.2022

Klaus-Rainer Jackisch, HR, tagesschau24

Unter den US-Einzeltiteln fiel das Papier des Netzwerkausrüsters Cisco mit einem Kursplus von 5,8 Prozent positiv auf. Das Unternehmen hat im jüngsten Quartal dank nachlassender Probleme bei der Chip-Versorgung besser als erwartet abgeschnitten. Analysten großer Investmenthäuser erhöhten daraufhin die Kursziele für Cisco-Aktien.

Der DAX machte heute nur einen Teil der gestrigen Kursverluste wieder wett. Ein erneuter Angriff auf die Marke von 14.000 Punkten ist damit nicht in Sicht. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 13.697 Zählern um 0,52 Prozent höher. Am Vortag war er nach einer einwöchigen Erholungsphase an der 14.000-Punkte-Marke gescheitert und deutlich um rund zwei Prozent zurückgefallen.

Nur kurz hatte es heute so ausgesehen, als ob der Index in einer Gegenreaktion wieder stärker würde Tritt fassen können. Die Gewinne erreichten in der Spitze bis auf 13.775 Punkte, gingen danach aber größtenteils wieder verloren. Das Tagestief lag bei 13.638 Punkten.

"Für eine Wiederaufnahme des Aufwärtstrends bräuchte der Markt jetzt positive Impulse, die die wieder neu aufgeflammten Inflations- und Zinssorgen kompensieren können", sagte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege bei RoboMarkets: "Ansonsten droht bei einem saisonal schwächeren Handelsvolumen in den kommenden Tagen ein weiteres Abrutschen."

Die weitere Börsenentwicklung wird wie schon zuletzt stark von der Geldpolitik der Vereinigten Staaten abhängen. Wer von der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) dabei einen klaren Zinsfahrplan für die nächste Zeit erwartet hatte, wird aber derzeit enttäuscht.

Entschieden werde nach "Datenlage" hieß es in den gestern veröffentlichten Sitzungspapieren der letzten Zinssitzung, was bedeutet, dass die Fed die Wirkung ihrer bisherigen deutlichen Zinserhöhungen von 225 Basispunkten wohl noch abwarten will. Vor allem wollen die US-Notenbanker um Bankchef Powell bei ihrem Kampf gegen die Inflation vermeiden, mit einer zu starken Zinswende die Konjunktur abzuwürgen.

Zuletzt waren die Anleger vor allem an der Wall Street sehr zuversichtlich gewesen, dass der Höhepunkt der Inflation erreicht und weitere starke Zinserhöhungen damit vermieden werden könnten. Im Sog der daraufhin steigenden US-Kurse war auch der DAX angestiegen. Nach den gestrigen Fed-Protokollen dürfte nun bei vielen Investoren eine Denkpause angesagt sein.

Die aktuellen Konjunkturdaten aus den USA geben jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass die Fed mit ihren Maßnahmen die Konjunktur abgewürgt hätte. Im Gegenteil, das Geschäftsklima in der US-Region Philadelphia hat sich im August überraschend stark aufgehellt. Der auch an der Börse vielbeachtete Indikator für die Industrie (Philly-Fed-Index) stieg um 18,5 Punkte auf plus 6,2 Zähler, wie die regionale Zentralbank am Nachmittag in Philadelphia mitteilte. Zuvor war der Stimmungsindikator viermal in Folge gefallen.

Volkswirte wurden von dem Ausmaß der Stimmungsaufhellung im August überrascht. Sie hatten im Schnitt lediglich mit einem Anstieg von minus 12,3 auf minus 5,0 Punkte gerechnet.

Auch der Arbeitsmarkt in den USA hat sich in der vergangenen Woche besser als erwartet entwickelt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel um 2000 auf 250.000, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Analysten hatten dagegen mit einem Anstieg gerechnet.

Die Daten aus der Vorwoche wurden zudem deutlich nach unten revidiert. Wie das Arbeitsministerium weiter mitteilte, waren nicht wie zunächst gemeldet 262.000 Anträge eingereicht worden, sondern nur 252.000.

Einerseits spricht damit viel dafür, dass die Wirtschaft sich derzeit weiter robust entwickelt, andererseits können die Daten die Notenbank zu deutlicheren Zinsschritten ermutigen. Ein boomender Arbeitsmarkt ist jedenfalls kein Zeichen dafür, dass sich die Inflation alsbald abschwächen dürfte.

Am Devisenmarkt richten sich die Investoren derweil auf weiter stark steigende Zinsen in den USA ein und greifen daher bei der US-Währung zu. Auch die guten Konjunkturdaten stützen den Greenback. Der Euro fiel im US-Handel weiter zurück und näherte sich bei einem Kurs von 1,0091 Dollar der Parität. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs noch auf 1,0178 (Mittwoch: 1,0164) Dollar fest.

Gewinne verzeichnete heute die norwegische Krone gegenüber anderen wichtigen Währungen. Angesichts der hohen Inflation hat die norwegische Notenbank ihren Leitzins zwar wie erwartet um 0,5 Prozentpunkte auf 1,75 Prozent stark erhöht, allerdings auch signalisiert, den Leitzins in Zukunft schneller als bislang geplant anheben zu wollen.

In Norwegen wächst die Sorge, dass die an fossilen Rohstoffen reiche Wirtschaft, die die Corona-Pandemie relativ gut überstanden hat, überhitzen könnte, wenn die wieder steigende Nachfrage nach Dienstleistungen mit Rekordverkäufen von Erdgas und Rohöl nach Europa zusammenfällt.

Die Inflation im Euroraum hat sich im Juli unterdessen auf hohem Niveau weiter beschleunigt und einen Rekordwert erreicht. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhten sich die Verbraucherpreise um 8,9 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat laut einer zweiten Schätzung mitteilte. Die erste Schätzung wurde damit wie von Volkswirten erwartet bestätigt. Dies ist die höchste Rate seit Einführung des Euro als Buchgeld 1999. Im Vormonat waren die Verbraucherpreise um 8,6 Prozent gestiegen.

Die Rekordwerte bringen die EZB weiter in Zugzwang. Bisher hat die Bank im Kampf gegen die Inflation eher zaghaft agiert, mit einem Zinsschritt von 50 Basispunkten.

Auch im Euro-Raum dürfte die nächste Zinserhöhung aber trotz der Rezessionsgefahren indes nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die Inflationsaussichten hätten sich seit der Juli-Sitzung nicht verbessert, sagte Notenbank-Direktorin Isabel Schnabel der Nachrichtenagentur Reuters.

Mit der von der Bundesregierung beschlossenen Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas dürfte die Inflationsrate nach Prognose von Ökonomen von derzeit 7,5 Prozent nicht wie bislang befürchtet über die Zehn-Prozent-Marke steigen.

Die Ölpreise erholen sich weiter. Ein Barrel der US-Nordseesorte Brent und der US-Leichtölsorte WTI kosteten rund 4,0 Prozent mehr. Am Ölmarkt haben Sorgen bezüglich eines zu hohen Angebotes bei gleichzeitig zu geringer Nachfrage Marktbeobachtern zufolge etwas abgenommen. Dazu trugen auch Daten zu den US-Lagerbeständen vom Vortag bei. Diese waren in der vergangenen Woche unerwartet und deutlich gesunken, was als Zeichen für eine anziehende Nachfrage gewertet wurde.

Nach dem rund zwölfprozentigen Kursrutsch von gestern geht es für die Uniper-Papiere heute weiter bergab. Ein Marktteilnehmer sagte, es belasteten Aussagen des Unternehmens im Halbjahresbericht zu den derzeit anschwellenden Verlusten durch die Situation auf dem Gasmarkt.

Bei der derzeitigen Geschwindigkeit der Verschlechterung werde es wahrscheinlich, dass die beschlossene Gasumlage früher implementiert werden müsse und zu niedrig sei. Der Börsianer erwartet daher eine Anpassung nach oben, aber erst nach drei Monaten. Dies erhöhe die Gefahr, dass über das beschlossene Rettungspaket hinaus eine weitere Finanzspritze erforderlich werden könnte.

Der Autozulieferer Hella verspricht sich vom neuen Geschäftsjahr dank sehr vielen neuen Aufträgen eine deutlich bessere Entwicklung als zuletzt. So soll der Umsatz nach einem leichten Rückgang auf 6,3 Milliarden Euro im Vorjahr auf 7,1 bis 7,6 Milliarden Euro wachsen, wie das SDAX-Unternehmen mitteilte. Dabei sind Effekte durch Wechselkurse sowie Zu- und Verkäufe ausgeklammert. Analysten hatten im Schnitt einen Wert am unteren Ende der Bandbreite erwartet. Der Scheinwerferspezialist holte in der Autozuliefersparte ein Auftragsvolumen in Rekordhöhe von rund zehn Milliarden Euro herein.

Die Papiere der Shop Apotheke entwickeln sich überdurchschnittlich wegen optimistischer Nachrichten des Schweizer Konkurrenten Zur Rose. Die Online-Apotheke strebt bereits 2023 und damit früher als zuletzt angekündigt eine operative Profitabilität an.

Der Nutzfahrzeugzulieferer SAF-Holland ist bei der Übernahme des schwedischen Bremsenherstellers Haldex am Ziel. Zum Ende der Annahmefrist am 16. August hätten die Haldex-Aktionäre rund 68,35 Prozent der Papiere angedient, teilte das im SDAX notierte Unternehmen mit. Zusammen mit den bereits gehaltenen 25 Prozent kontrolliert SAF-Holland demnach gut 93 Prozent der Haldex-Aktien. Das Übernahmeangebot hatte unter der Voraussetzung gestanden, dass SAF-Holland 90 Prozent der Anteile erhält.

Der niederländische Zahlungsdienstleister Adyen hat sich im ersten Halbjahr schlechter geschlagen als erwartet. Das Unternehmen verfehlte gleich in mehreren Aspekten die Erwartungen von Analysten. Das operative Ergebnis lag sogar unter dem Wert des zweiten Halbjahres 2021. Neben Belastungen durch Wechselkurseffekte sah sich das Management auch mit erhöhten Ausgaben für Reisen und Neueinstellungen von Fachkräften konfrontiert. Entsprechend verstimmt reagierten Anleger: Es ging für die Aktie prozentual zweistellig nach unten.

Qualcomm erwägt einem Medienbericht zufolge die Rückkehr in den Servermarkt mit einem neuen Chip. Das Ziel des US-Halbleiterherstellers sei, seine Abhängigkeit vom Smartphone-Markt zu reduzieren, berichtete "Bloomberg" am Abend unter Berufung auf mit dem Plan vertraute Personen.

Das Projekt hänge mit dem Erwerb des Chipherstellers Nuvia durch Qualcomm im vergangenen Jahr zusammen. Zudem suche der Konzern schon nach Kunden für das neue Produkt und die Cloud-Abteilung von Amazon habe schon zugestimmt, einen Blick auf das Angebot zu werfen, hieß es im Bericht weiter. Die Aktien von Qualcomm stiegen nach der Ankündigung um fast drei Prozent.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 18. August 2022 um 09:00 Uhr.