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marktbericht

DAX gibt nach Schwache BIP-Zahlen drücken die Stimmung

Stand: 15.01.2024 18:13 Uhr

Der DAX startete mit Verlusten in die neue Woche. Schwache heimische Konjunkturdaten lasteten dabei ebenso auf den Kursen wie feiertagsbedingt fehlende Impulse von der Wall Street.

Der DAX hat zum Start in die neue Woche nachgegeben. Der deutsche Leitindex schloss am Ende bei 16.622 Punkten um 0,49 Prozent schwächer. Vor allem am Nachmittag gab es kaum noch Schwankungen, da wegen des Martin-Luther-King-Feiertages in den USA die Wall Street heute geschlossen bleibt. Ohne die US-Investoren fehlten dem Aktienmarkt somit wichtige Impulse, was aber nicht ungewöhnlich ist.

Der Index bewegte sich in einer überschaubaren Bandbreite zwischen 16.609 und 16.736 Punkten. Am Freitag stand noch ein Plus von einem Prozent auf 16.705 Zählern auf der Anzeigetafel der Börse. Der industrie- und exportlastige MDAX der mittelgroßen Werte verlor 1,18 Prozent auf 25.987 Punkte.

Hauptgrund für den mäßigen Wochenstart war aber nicht nur die Abwesenheit der US-Anleger, sondern auch schlechte Nachrichten von der deutschen Wirtschaft. Denn diese ist 2023 nach heute veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes um 0,3 Prozent geschrumpft.

Übergeordnet bleibt die Unsicherheit über die weitere Geldpolitik, insbesondere der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Diese hatte zuletzt entgegen den hohen Erwartungen am Markt größere Zinssenkungsfantasien gedämpft, womit Zeitpunkt und Umfang von Senkungen unklar bleiben. Zudem präsentiert sich die US-Wirtschaft trotz der hohen Zinsen robust und die Inflation weiterhin über der selbstgesetzten Zielzone von zwei Prozent, so dass keine unmittelbare Not für die Fed besteht, die Zügel zu lockern.

Diskussionen über Zinssenkungen in der Euro-Zone sind auch aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel derzeit noch nicht angebracht. "Vielleicht können wir somit bis zur Sommerpause warten, oder was immer, aber ich möchte nicht spekulieren", sagte Nagel. Die Börsen seien manchmal optimistisch und manchmal auch überoptimistisch. "Das ist ihre Sichtweise, ich habe eine andere Ansicht."

Aus Sicht von Daniela Hathorn, Marktanalystin bei Capital.com, gibt es eine "Diskrepanz zwischen den Markterwartungen und den Plänen der Zentralbanken". Die Anpassung der Erwartungen, dass Zinssenkungen zwar unweigerlich kommen werden, aber nicht so schnell wie erwartet, belaste Aktien.

Frischen Schwung könnte die anlaufende Bilanzsaison bringen. Analyst Sven Streibel von der DZ Bank begründet das erwartete starke Interesse an den Quartalsberichten mit Rezessionssorgen. Damit stünden mögliche negative Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne wieder im Raum, auch wenn es dazu weder 2022 noch 2023 gekommen sei. Er selbst sieht für die Quartalsergebnisse der US-Unternehmen angesichts des herrschenden Konjunkturpessimismus "positives Überraschungspotenzial und von dieser Seite her Unterstützung für die Aktienkurse". 

Update Wirtschaft vom 15.01.2024

Update Wirtschaft vom 15.01.2024, tagesschau24, 15.01.2024 09:00 Uhr

Thema des Tages an der Börse waren die heimischen Konjunkturdaten, die herrschende Rezessionssorgen verstärkten. Konkret sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 nach vorläufigen Daten zum Vorjahr preisbereinigt um 0,3 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt heute mit. Die hohe Inflation bremste den Privatkonsum als wichtige Konjunkturstütze. Im Jahr 2022 war Europas größte Volkswirtschaft noch um 1,8 Prozent gewachsen. Die Aussichten für das laufende Jahr haben sich Volkswirten zufolge eingetrübt. Manche befürchten auch 2024 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung.

"Diese Zahl tut weh", sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. "An sich wäre in Anbetracht hoher Inflation, massiv gestiegener Zinsen und einem schwachen weltwirtschaftlichen Umfeld gegen eine schrumpfende Volkswirtschaft nichts einzuwenden, doch der Blick auf das internationale Umfeld zeigt, dass es durchaus auch besser geht."

Der Euro bewegt sich zum Wochenstart kaum bei aktuell 1,0949 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0945 (Freitag: 1,0942) Dollar fest.

Neben den schwachen deutschen BIP-Zahlen wurden auch aus der Eurozone leicht schwächere Produktionsdaten aus der Industrie ausgewiesen. "Stagnation im vergangenen Jahr und die Aussichten im laufenden Jahr für 2024 sind kaum besser", sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, mit Blick auf die deutschen Konjunkturdaten. "Die Wirtschaft wächst nicht mehr und die Investitionen in die Zukunft nehmen ab."

Wegen des US-Feiertages werden aus USA heute keine Wirtschaftsdaten erwartet. Im schweizerischen Davos beginnt allerdings die Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (bis 19.1.), bei dem unter anderem der chinesische Ministerpräsident Li Qiang erwartet wird.

Der Preis für Erdgas in Europa ist heute deutlich gefallen - erstmals seit fast fünf Monaten unter die Marke von 30 Euro je Megawattstunde (MWh). Am Nachmittag sank der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam um etwa acht Prozent auf 29,29 Euro.

Experten verwiesen auf das vergleichsweise hohe Angebot, nachdem zahlreiche Staaten in den vergangenen Monaten russische Lieferungen durch verstärkte Importe von Flüssigerdgas aus anderen Ländern ersetzt haben. Dies wurde auch durch den Bau von Terminals an der deutschen Küste möglich. Zudem sind die deutschen Gasspeicher gut gefüllt.

Anfang 2023 wurde eine Megawattstunde noch bei 79 Euro gehandelt. Der Beginn des Kriegs im Nahen Osten hatte den Preis Anfang Oktober zwar zeitweise wieder über 50 Euro steigen lassen, dann setzte aber eine Trendwende ein. Das aktuelle Niveau liegt deutlich unter den Höchstständen, die im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine erreicht worden waren. Im Verlauf des Jahres 2022 wurden zeitweise mehr als 300 Euro fällig, nachdem Russland seine Gaslieferungen nach Europa stark gedrosselt hatte.

Auch die Ölpreise sinken rund ein Prozent. Die Investoren versuchten, die möglichen Auswirkungen des Kriegs in Nahost auf die Ölversorgung einzuschätzen, hieß es am Markt. Die Rohölpreise waren vergangene Woche stark gestiegen, nachdem die USA und Großbritannien die Huthi-Rebellen im Jemen zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer angegriffen hatten. "Im Moment sehen wir noch keinen Einfluss auf die Versorgung", sagte Warren Patterson, Rohstoff-Experte bei der niederländischen Bank ING. "Und ich gehe davon aus, dass wir dafür eine wesentliche Eskalation des Konflikts sehen müssten."

Aktien von Deutscher Bank und Commerzbank, aber auch der niederländischen ABN Amro stehen wegen vager Fusionsspekulationen im Fokus. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag nach Börsenschluss unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen schrieb, hat die Deutsche Bank jüngst verstärkt mögliche Übernahmen diskutiert, darunter seien auch die Namen europäischer Banken wie Commerzbank und ABN Amro gewesen. Sprecher der Banken wollten sich gegenüber Bloomberg nicht äußern.

Dass Unternehmen beständig Zukäufe innerhalb der Branche prüfen, ist allerdings Standard. In der Vergangenheit hatte es auch immer mal wieder Spekulationen über einen Zusammenschluss der beiden Frankfurter Geldhäuser Deutsche Bank und Commerzbank gegeben. Vor einigen Jahren hatten Deutsche Bank und Commerzbank sogar über eine Fusion gesprochen, die Gespräche dann aber im April 2019 beendet.

Autokäufer müssen für Elektromodelle mehr zahlen als für Benziner, aber bei Autobauern wie BMW drücken sie die Gewinnmarge: "Wir verdienen Geld. Aber von Margengleichheit kann aktuell noch keine Rede sein", sagte BMW-Finanzvorstand Walter Mertl. Das dürfte auch in den nächsten Jahren so bleiben.

Mit den ab 2025 auf den Markt kommenden BMW der "Neuen Klasse", die auf einer eigens für E-Autos entwickelten Plattform samt neuen Batteriezellen und neuer Software stehen, will der Konzern seine Produktionskosten deutlich senken. "Mit der Neuen Klasse nähern sich die Margen weiter an", sagte Mertl. Aber "auch 2026 haben wir noch keine Parität".

Der Lufthansa-Konzern sucht weiter zahlreiche Arbeitskräfte. Auch in diesem Jahr wolle man rund 13.000 Menschen in den unterschiedlichsten Berufen einstellen, teilte das MDAX-Unternehmen heute mit. Das entspricht etwa den Neueinstellungen aus dem Vorjahr.

Nach dem Komplettverkauf der Catering-Gesellschaft LSG arbeiten noch rund 95.000 Menschen in 90 Ländern für das Unternehmen. Zurzeit werden unter anderem Beschäftigte für Kabine (3.500), Cockpit (1.000), Technik (2.000) und Informationstechnologie (900) gesucht. Auch beim Bodenpersonal in München und Frankfurt sind viele Stellen frei. Etwa zwei Drittel der Neueinstellungen ersetzten in der Vergangenheit ausscheidende Arbeitskräfte. Ein Drittel sind zusätzliche Beschäftigte. Man fokussiere sich darauf, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, erklärte Personalvorstand Michael Niggemann.

MAN hat im vergangenen Jahr 83.700 Lastwagen verkauft und seine Auslieferungen gegenüber dem von Lieferengpässen beeinflussten Vorjahr um 44 Prozent gesteigert. Der Absatz von Stadt- und Reisebussen legte um 19 Prozent auf 5.700 Fahrzeuge zu. Das von Traktor- und Agrarmaschinenherstellern beflügelte externe Motorengeschäft habe das erfolgreichste Jahr seit 2014 geschafft. Vertriebsvorstand Friedrich Baumann sagte heute: "Nach sehr herausfordernden Jahren sind wir wieder zurück in der Erfolgsspur."

Zwei Drittel der Lkw-Produktion von MAN kommt inzwischen aus Niedriglohn-Ländern. Mit dem Abbau von 3.400 Stellen in Deutschland und der Verlagerung von Teilen der Lkw-Produktion aus dem Stammwerk München nach Krakau wollte das Unternehmen nach langer Durststrecke wieder profitabler werden. MAN gehört mit Scania und Navistar zur Volkswagen-Holding Traton. Die Finanzzahlen will Traton am 5. März vorlegen.

Der Spezialchemiekonzern Lanxess aus dem MDAX treibt einem Zeitungsbericht zufolge den beschlossenen Verkauf seines Polyurethan-Geschäfts voran. Die Deutsche Bank sei mit der Suche nach einem Käufer beauftragt worden, berichtete das "Handelsblatt" heute unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Der Prozess solle in den kommenden Wochen starten, das Geschäft könnte dabei mit 500 bis 600 Millionen Euro bewertet werden. Lanxess wollte sich dazu nicht äußern. Die Deutsche Bank lehnte dem Bericht zufolge eine Stellungnahme ab.

Der Kölner Konzern hatte im November angekündigt, die Kunststoff-Geschäftseinheit Urethane Systems mit sechs Produktionsstandorten und rund 400 Mitarbeitern verkaufen zu wollen. Der Bereich passe als letztes verbliebenes Polymergeschäft nicht mehr zur Ausrichtung von Lanxess.

Der Medizin- und Sicherheitstechnikkonzern Drägerwerk will nach einem deutlichen Umsatz- und Ergebnisanstieg die Dividende kräftig erhöhen. Dräger sei 2023 wie geplant zu Wachstum und Profitabilität zurückgekehrt, teilte der SDAX-Konzern heute mit. Hintergrund seien Nachholeffekte im Zuge einer besseren Lieferfähigkeit. Auch die hohe Nachfrage nach Beatmungsgeräten in China zu Beginn des Jahres habe sich positiv auf Umsatz und Ergebnis ausgewirkt.

Die vorläufigen Zahlen für das vergangene Jahr lägen mit einem währungsbereinigten Umsatzanstieg von 13,2 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro und einer Gewinnmarge (Ebit-Marge) von 4,9 Prozent über den eigenen Erwartungen. Vor diesem Hintergrund will Dräger die Dividende deutlich erhöhen und rund 30 Prozent des Überschusses ausschütten. Der endgültige Vorschlag erfolge mit den endgültigen Geschäftszahlen.

Zuwächse im wichtigen Weihnachtsgeschäft geben Douglas Schwung für einen möglichen Gang an die Börse. Douglas habe im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2023/24 den Umsatz um 8,3 Prozent auf rund 1,56 Milliarden Euro gesteigert, teilte die Parfümeriekette auf Basis vorläufiger Zahlen mit. Douglas konnte dabei sowohl im Filial- als auch im Online-Geschäft zulegen. Die Kosmetik-Gruppe könnte Insidern zufolge bald den Sprung an die Börse wagen. Entsprechende Planungen des Unternehmens und seines Mehrheitseigners CVC für einen Börsengang voraussichtlich im März liefen auf Hochtouren, hatten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters gesagt.

Der US-Flugzeughersteller Boeing will nach dem Beinahe-Unglück einer 737-9 Max seine Qualitätskontrollen überprüfen und Vertreter von Fluggesellschaften in seine Werkshallen lassen. Alaska Airlines schickt nach dem jüngsten dramatischen Zwischenfall mit einer ihrer Boeing-Maschinen eigene Kontrolleure auf die Produktionslinien des Flugzeugbauers. Der Schritt macht den Vertrauensverlust in Boeings Qualitätskontrollen deutlich. Am Wochenende zeichnete sich zudem ab, dass Flugzeuge des betroffenen Typs 737-9 Max noch länger am Boden bleiben dürften. Die US-Luftfahrtbehörde FAA hat ein Flugverbot ausgesprochen.

Am 5. Januar war an einer fast neuen Maschine vom Typ 737-9 Max kurz nach dem Start ein Rumpfteil herausgebrochen, das einen nicht benötigten Notausgang verschloss. US-Luftfahrtaufsicht FAA und andere Behörden ordneten an, alle gut 170 ähnlichen Flugzeuge des Typs für Untersuchungen am Boden zu lassen. Sowohl Alaska als auch United Airlines fanden bei weiteren Maschinen lose Befestigungsteile.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 15. Januar 2024 um 11:13 Uhr.