Ein Händler steht an der Börse vor der Dax-Kurve.
Marktbericht

Chinas Corona-Politik Verunsicherung an den Börsen

Stand: 29.11.2022 22:15 Uhr

Gerüchte über eine weniger strikte Corona-Politik in China haben die Anleger heute kalt gelassen. Die Wall Street bewegte sich kaum. Der DAX schloss trotz erfreulicher Inflationsdaten im Minus.

Nach einem schwachen Wochenstart aufgrund der jüngsten Unruhen in China haben sich die Börsen heute kaum bewegt. Gestern hatte die Protestwelle wegen der strikten Corona-Beschränkungen in der Volksrepublik Sorgen vor Produktionsunterbrechungen und einem weiteren Rückschlag für die Weltwirtschaft geschürt. Nun kursierten an den Märkten zwar Gerüchte, dass die chinesische Staatsführung ihre Null-Covid-Politik schneller lockern könnte. Dennoch hielten sich die Anleger rund um den Globus zurück.

Der US-Leitindex Dow Jones Industrial trat mit 33.853 Zählern quasi auf der Stelle. Der marktbreite S&P 500 sowie der technologielastige Nasdaq 100 gerieten unter Druck und gingen mit einem Minus von 0,16 und 0,73 Prozent aus dem Handel. "China bietet ein gemischtes Bild. Die Proteste gegen die aktuelle Corona-Politik schaffen Unsicherheit, könnten aber gleichzeitig ein Katalysator für mögliche Lockerungen sein", sagte Carl Ludwigson, Geschäftsleiter beim Vermögensverwalter Bel Air.

Die Investoren an der Wall Street warten jetzt auf neue Impulse von Konjunkturdaten. "Ich rechne in den kommenden Tagen angesichts der zahlreichen Wirtschaftsdaten, die veröffentlicht werden, darunter Inflation, Bruttoinlandsprodukt und der Arbeitsmarktbericht, mit viel mehr Volatilität", kommentierte Craig Erlam, Marktanalyst beim Handelshaus Oanda.

In den Blick rückt zudem die für morgen vorgesehene Rede von US-Notenbank-Chef Jerome Powell, die auf weitere geldpolitischen Schritte schließen lassen könnten. Die Fed hat die Zinsen bisher viermal in Folge um 75 Basispunkte angehoben. Es wird jedoch erwartet, dass sie das Tempo im Dezember auf 50 Basispunkte reduziert. Möglicherweise könnten die Erwartungen an eine entspanntere Geldpolitik aber nicht in dem Maße erfüllt werden, wie es die optimistischsten Annahmen aktuell suggerierten, warnte Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Marktes.

Auch am deutschen Aktienmarkt blieben die Anleger heute vorsichtig. Der DAX bewegte sich den gesamten Handelstag über nur auf Sparflamme und bröckelte im Schlusshandel dann etwas ab. Letztlich verlor der deutsche Leitindex 0,19 Prozent auf 14.355 Punkte.

Auch der unerwartete Rückgang der Inflationsrate hierzulande konnte keinen Schub liefern. Zwar stimme die Richtung der Preisentwicklung im November, denn der Preisanstieg habe sich verlangsamt, sagte Thomas Altmann, Portfoliomanager von QC Partners zu den Daten. "Für eine Entwarnung ist es aber trotzdem zu früh." Außerdem sei an den Börsen nach zuletzt ebenfalls rückläufigen US-Inflationsdaten "schon kräftig vorgefeiert" worden.

Die Teuerung in Deutschland schwächte sich im November etwas deutlicher als am Markt erwartet ab. Die Verbraucherpreise legten im Vergleich zum November 2021 um 10,0 Prozent zu, nachdem sie im Oktober auf 10,4 Prozent und damit den höchsten Stand seit 70 Jahren geklettert war. Diese Daten "werden Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) sicherlich nicht abrupt verändern", konstatierte Altmann. Sofern aber der Inflationsdruck in der gesamten Eurozone nachgelassen habe, stiegen die Chancen auf ein langsameres Zinstempo deutlich.

Daher warten die Investoren nun auf die für morgen geplanten Eurozone-Inflationsdaten, die Rückschlüsse auf die künftige Geldpolitik geben könnten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte am Montag gesagt, dass die Inflation in der Eurozone ihren Höhepunkt wohl noch nicht erreicht habe und damit alle Türen für Zinserhöhungen offen gehalten.

Derweil hat sich die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone im November überraschend deutlich aufgehellt. Der Economic Sentiment Indicator (ESI) stieg im Vergleich zum Vormonat um 1,0 Punkte auf 93,7 Punkte, teilte die EU-Kommission mit. Analysten hatten im Schnitt lediglich einen Anstieg auf 93,2 Punkte erwartet. Der Indikator liegt aber immer noch deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt. Zuvor war er achtmal in Folge gesunken.

Die Ölpreise sind heute leicht gestiegen. Rohöl der Sorte Brent verteuerte sich um 0,4 Prozent auf 83,55 Dollar per Barrel (159 Liter). Der Preis für US-Leichtöl WTI kletterte um 1,1 Prozent auf 78,11 Dollar pro Barrel. Damit ist die jüngste Talfahrt der Ölpreise wegen der Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung in China nach Protesten der Bevölkerung gegen die harten Corona-Maßnahmen vorerst gestoppt.

Seit gestern Nachmittag verleihen Spekulationen über die weitere Förderpolitik des Ölverbunds OPEC+ den Ölpreisen Auftrieb. Analysten gehen davon aus, dass die Ölstaaten wegen des jüngsten Preisrückgangs ernsthaft über eine Kürzung der Fördermenge nachdenken könnten.

Der Internetriese Google verstärkt sein Engagement gegen Fehlinformationen im Internet und stellt Faktencheck-Organisationen zusätzliche finanzielle Mittel zur Bekämpfung von Fake-News zu Verfügung. Zusammen mit dem Google-Videodienst YouTube werde man einen neuen globalen Fonds des International Fact-Checking Network (IFCN) am gemeinnützigen Poynter Institute mit umgerechnet 12,73 Millionen Euro fördern, kündigte Google heute an. Der neue Fonds werde ein Netzwerk von 135 Faktencheck-Organisationen aus 65 Ländern in 80 Sprachen unterstützen.

Der chinesische Auftragsfertiger Foxconn kommt einem Zeitungsbericht zufolge als Partner von Volkswagen in Frage. Die Wolfsburger seien mit Foxconn in Gesprächen über ein Werk der neuen US-Marke Scout, berichtete die "Automobilwoche" unter Berufung auf Unternehmenskreise. Volkswagen erklärte: "Wir sind sehr zufrieden mit den Fortschritten, die das Scout-Team macht, und mit der Begeisterung, die es bereits bei den heutigen Fans und zukünftigen Kunden auslöst." Spekulationen über mögliche Partnerschaften kommentiere das Unternehmen nicht.

Der US-Elektroautobauer Fisker erwägt den Bau einer Fabrik in Europa und will mit seinem geplanten Mittelklassemodell Pear die deutschen Hersteller angreifen. "Wir prüfen gerade, den Pear auch in Europa zu bauen", sagte Gründer Henrik Fisker dem "Handelsblatt". Das könne mit einem Partner geschehen oder auch allein. Die Entscheidung solle Mitte kommenden Jahres fallen. Das Elektroauto Pear soll für unter 30.000 Euro zu haben sein. Deutsche Elektro-Mittelklassemodelle liegen meist darüber.

Nach Aussagen von Airbus-Chef Guillaume Faury ist die Nachfrage nach Kurzstreckenmaschinen derzeit sehr stark. Nun sei auch eine Erholung bei Langstreckenflugzeugen zu erkennen. Die Personalknappheit weltweit begrenze jedoch das Wachstum. Zugleich dürften die Engpässe in der Lieferkette der Branche noch länger zu schaffen machen. Mit einer Besserung sei frühestens in sechs Monaten zu rechnen, mit einem Ende der Krise frühestens in einem Jahr, so Faury.

Der britische Billigflieger Easyjet verzeichnet nach einem starken Schlussquartal anhaltend hohe Nachfrage für das nächste Sommerhalbjahr. Die Buchungslage sei gut, die Ticketpreise ab Ostern lägen im Aufwärtstrend. Von April bis September will Easyjet neun Prozent mehr Sitzplätze anbieten als im Vorjahreszeitraum. Die Zuversicht dürfte Sorgen von Anlegern dämpfen, dass die Reisenachfrage wegen Rezession und Inflation sinken könnte.

Die Finanzierungsgesellschaft des Lastwagen- und Busherstellers Daimler Truck startet auch in Deutschland ihr Geschäft. Die Daimler Truck Financial Services war vergangenes Jahr nach der Abspaltung vom ehemaligen Daimler-Konzern - heute Mercedes-Benz - zunächst in sieben Ländern an den Start gegangen. Mit dem Heimatmarkt Deutschland erhöhe sich die Zahl der Länder auf 15, teilte das Unternehmen mit.

Die HSBC verkauft ihre Aktivitäten in Kanada an die Royal Bank of Canada (RBC). Kanadas siebtgrößte Bank legt den Briten für die Übernahme umgerechnet 10,1 Milliarden US-Dollar (knapp 9,7 Milliarden Euro) auf den Tisch, wie die HSBC heute mitteilte. Hinzu kämen noch rund eineinhalb Milliarden Dollar für Schulden und Vorzugsaktien. Mit dem Kauf stärkt die RBC ihre Aktivitäten im Geschäftskundenbereich sowie das Privatkundengeschäft an der Westküste des Landes.

Der Nahrungsmittelriese Nestlé hebt seine Wachstumsprognose erneut an. Für das laufende Jahr werde nun ein organisches Umsatzwachstum zwischen acht und 8,5 Prozent anvisiert. Bisher hatte der Hersteller von Nespresso, KitKat und Perrier ein organisches Umsatzwachstum von rund acht Prozent erwartet. Die Prognose für die operative Marge von rund 17 Prozent bekräftigte das Unternehmen.

Eine Klage gegen Google wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens beim App Store "Google Play" darf zu einer Sammelklage erweitert werden. Ein US-Richter sah die hierfür notwendigen Voraussetzungen gestern als gegeben an. Die Kläger werfen Google vor, Nutzer des Smartphone-Betriebssystems Android unter anderem mit irreführenden Warnungen davon abzuhalten, Software aus anderen Quellen als dem Play Store herunterzuladen.

Twitter-Besitzer Elon Musk heizt den Konflikt mit dem iPhone-Konzern Apple weiter an. In einer Serie von Tweets stellte der Tech-Milliardär erst die Frage in den Raum, ob Apple die Redefreiheit in Amerika hasse - da das Unternehmen seine Werbung bei Twitter nach dem Verkauf der Plattform an ihn weitgehend eingestellt habe. Dann behauptete er, Apple habe ohne Angabe von Gründen gedroht, die Twitter-App aus dem App Store zu entfernen.

Unterdessen geht Twitter geht nach der Übernahme durch Musk nicht mehr gegen Falschinformationen zum Coronavirus vor. Die entsprechenden Maßnahmen wurden bereits am Mittwoch vergangener Woche gestoppt, wie aus einer Mitteilung auf einer Twitter-Webseite hervorgeht.

Der Gewerbeimmobilien-Spezialist Aroundtown sieht sich nach neun Monaten auf Kurs zu seinen Jahreszielen. Der operative Gewinn - gemessen an der in der Branche wichtigen Kenngröße Funds from Operations (FFO 1) - stieg in den ersten neun Monaten um drei Prozent auf 274,5 Millionen Euro. Im laufenden Jahr peilt Aroundtown weiter einen operativen Gewinn von 350 bis 375 Millionen Euro an. Die Nettomieteinnahmen bis Ende September zogen um fast ein Fünftel auf knapp 917 Millionen Euro an.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 29. November 2022 um 09:05 Uhr.