Kolumne Euroschau Schluss mit der Durchwurschtelei!

Stand: 14.04.2015 17:15 Uhr

Nach den Krawallen zur Eröffnung des EZB-Hochhauses in Frankfurt vor einem Monat wird der EZB-Rat heute wohl deutlich friedlicher über die Geldpolitik diskutieren. Doch auch ohne Randale: Das Projekt Euro ist so unbeliebt wie nie zuvor.

Von Klaus-Rainer Jackisch, HR

Ausnahmsweise heute trifft sich der Rat der Europäischen Zentralbank diesen Monat zu seiner regulären Sitzung. Denn am normalen Donnerstagstermin müssen die Damen und Herren zum Treffen des Internationalen Währungsfonds nach Washington jetten.

Sie werden also früher als gewohnt im neuen Euro-Tower über die Geldpolitik diskutieren. Einig im Gefühl, dass es dieses Mal wohl harmonischer und friedlicher vor sich geht als Mitte März. Damals hatten randalierende Kapitalismus-Kritiker Autos angezündet, Steine geworfen und Barrikaden errichtet.

Auch ohne Randale: Rund 16 Jahre nach seiner Einführung ist das Projekt Euro unbeliebt wie nie zuvor. Immer mehr Bürgerinnen und Bürgern ist klar: Der Euro verursacht für sie vor allem Kosten und Unruhe. Schon der Start war mit deutlichem Kaufkraftverlust verbunden. Jetzt fressen niedrige Zinsen das Ersparte auf. Künftig bröselt die Altersvorsorge zusammen.

Europas Politiker haben kläglich versagt. Sie haben keine Basis geschaffen, auf der sich die Gemeinschaftswährung ordentlich entwickeln könnte. Derzeit wird das gesamte Projekt nur mit Notmaßnahmen zusammengehalten, deren Folgen schwer überschaubar sind. Zu allem Überfluss wird der Euro nun auch noch zur Weichwährung.

Der Wert schrumpft weiter

Innerhalb nur eines halben Jahres ist der Wert des Euro zum US-Dollar um gut ein Drittel geschrumpft. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der Euro die Parität zum Dollar erreicht, bis also ein Euro einen Dollar kostet. Viele Devisenexperten erwarten, dass er noch weiter sinkt. Das niedrige Zinsniveau, die Strafzinsen der EZB für Einlagen von Banken und die Geldschwemme ihres Anleihe-Kaufprogramms drücken den Kurs immer weiter.

Warum sollte ein außereuropäischer Investor Geld in Euro anlegen? Er bekommt am Ende weniger heraus als er investiert. Also lässt er es.

Noch vor wenigen Jahren wurde der Euro hoch gefeiert. Er könne den US-Dollar von seinem Thron herunterstoßen und habe das Potential zur Welt-Leitwährung. Was für ein Unsinn!

Euro verliert ständig an Bedeutung

Heute steht die Währung so schlecht da wie seit 13 Jahren nicht mehr. Großinvestoren und Notenbanken versuchen, Euros loszuwerden. Vor der Schuldenkrise lag der Anteil des Euro an den globalen Währungsreserven bei fast 30 Prozent. Jetzt liegt er nur noch bei rund 20 Prozent, so Daten des Internationalen Währungsfonds. Der Euro verliert ständig an Bedeutung.

EZB-Chef Mario Draghi nimmt das gerne in Kauf. Ein schwacher Euro bedeutet für ihn Wettbewerbsvorteile auf den Weltmärkten. Europäische Exporteure können ihre Waren billiger verkaufen. Dadurch soll die Konjunktur stimuliert und die Inflation angetrieben werden.

Wirtschaft kommt nicht richtig in Fahrt

Bislang hat diese Strategie wenig Erfolg. Zwar läuft die Wirtschaft in einigen Euro-Ländern rund, wie etwa in Deutschland. In einigen Krisenländern gibt es auch Hoffnungsschimmer: So zieht etwa die Konjunktur in Spanien spürbar an, was diesem gebeutelten Land auch nur zu wünschen ist. Doch insgesamt kommt die Wirtschaft im Euroraum nicht richtig in Fahrt.

Auch psychologisch ist ein angemessener, robuster Wert einer Währung wichtig. Die US-Bank Morgan Stanley malt für den Euro hingegen ein trübes Bild: Die geschwächte Gemeinschaftswährung spiegele derzeit den Zustand der völlig maroden Lage in Griechenland wider. Aber ist das erstrebenswert? Macht es Sinn, wenn sich eine Gemeinschaftwährung am schwächsten Glied orientiert und die Starken dafür zahlen?

Die Arbeitslosigkeit bleibt erschreckend hoch. Das Ausmaß der Jugendarbeitslosigkeit ist unerträglich. Europa kann sich aber keine weiteren "verlorenen Generationen" leisten.

Eine zu schwache Währung hat auch immer negative Folgen für die Bevölkerung, die in Lohn und Brot steht: Teurer gewordene Reisen ins außereuropäische Ausland sind da eher ein Luxus-Problem. Doch ein schwacher Euro bedeutet eben auch höhere Preise für importierte Güter. Sollten die Ölpreise wieder anziehen - was wahrscheinlich ist - steigen die Energiekosten.

Die Bevölkerung zahlt

Die Bevölkerung zahlt also auf allen Ebenen für die Krise. Die Verursacher sind hingegen die eigentlichen Profiteure: Durch die Geldpolitik der EZB steigen die Aktienkurse immer weiter, für Großinvestoren und Banken eine wunderbare Basis, kräftig zu spekulieren.

Es ist höchste Zeit, die Durchwurschtelei zu beenden! Im Kern geht es um die Frage, ob das Projekt Euro sinnvoll ist oder nicht. Und wenn es sinnvoll ist, wie es auf eine solide Basis gestellt wird und wer dafür zahlt.