Windkraftanlagen in Niedersachsen

Bilanz nach gut 20 Jahren Was die EEG-Umlage gebracht hat

Stand: 29.04.2022 10:51 Uhr

Der Bundestag hat für die Abschaffung der EEG-Umlage gestimmt. In Zukunft soll der Staat Wind- und Solaranlagen fördern, nicht mehr die Verbraucher. War das Modell ein Erfolg?

Von Marcel Heberlein, ARD Berlin

Rainer Baake ist stolz auf sein Werk - und das von vielen anderen: "Wir haben eine Revolution ausgelöst", sagt er. Im Jahr 2000, als das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, auf den Weg gebracht wird - maßgeblich gestaltet von einer "Viererbande" um die Abgeordneten Hermann Scheer von der SPD und die Grüne Michaele Hustedt - ist Baake Staatssekretär im grünen Umweltministerium unter Jürgen Trittin. Später wird Baake zum "Mister Energiewende", treibt unter anderem mehrere Reformen des EEG voran. Von Anfang an im Gesetz enthalten: die EEG-Umlage.

Die Idee: Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen pro Kilowattstunde etwas mehr für den Strom und mit diesem Geld fördert der Staat den Ausbau von Wind- und Solaranlagen. Am Anfang, sagt Baake, seien neue Technologien sehr teuer, "weil es eine kleine Stückzahl gibt, weil die Wirtschaft noch nicht gelernt hat, Prozesse zu optimieren." Deshalb müsse man anfangs diesen Prozess unterstützen.

Und so bekamen die Betreiber der Anlagen durch die EEG-Umlage garantiert, dass ihr Strom abgenommen wird - zu einem sicheren Preis. Ein Kickstart für Wind und Solar in Deutschland, die zu Beginn deutlich schneller ausgebaut wurden als selbst Baake und die rot-grüne Regierung erwartet hatten. Das Modell ist danach in vielen anderen Ländern kopiert worden. "Das EEG und die Förderung der Erneuerbaren und das Reduzieren der Preise für diese Technologien ist vielleicht die größte Leistung, die Deutschland jemals in Fragen des globalen Klimaschutzes erbracht hat", sagt Baake.

Es wurden Fehler gemacht

Für Verbraucherinnen und Verbraucher dagegen war die EEG-Umlage über Jahre ein Preistreiber. Der Staat habe nicht rechtzeitig auf den Boom der Erneuerbaren reagiert, findet Thorsten Lenck von der Denkfabrik Agora Energiewende. "Man hat gesehen, dass die Kosten für erneuerbare Energien relativ schnell gesunken sind. Aber trotzdem waren die Fördersätze vergleichsweise hoch. Und das hat eben sehr, sehr viele Einnahmen auch in die Kassen der Erneuerbaren-Anlagenbetreiber gebracht."

Auch Rainer Baake sieht das als größten Fehler: Zu lange habe die Politik die Höhe der Förderung festgesetzt, zu viel gefördert. Die Preise für die Energiewende seien dadurch zeitweise unnötig hoch gewesen. 2009 und 2010 sei etwa für die Solarenergie "viel zu viel" bezahlt worden. "Das hat am Ende zu Bequemlichkeit geführt und auch dazu, dass die Solarindustrie dann nicht mehr wettbewerbsfähig war und das Land verlassen hat", sagt Baake. Er schreibt die Versäumnisse vor allem den unionsgeführten Regierungen der 2000er-Jahre zu, denen er nicht mehr angehört hat.

Technik wird wettbewerbsfähig

2014 holte dann Umweltminister Sigmar Gabriel von der SPD den Grünen Baake zurück ins Ministerium. Zwei Jahre später verkündet Gabriel einen Systemwechsel: Die Erneuerbaren sollten "fit für den Markt" werden. Die Vergabe von Projekten läuft seitdem über ein Ausschreibungsverfahren. Potenzielle Betreiber von Wind- und Solaranlagen bieten um die Wette und wer am wenigsten Förderung will, bekommt den Zuschlag. Ein Gutteil der Projekte kommt mittlerweile ganz ohne Förderung aus, weil die Technik wettbewerbsfähig geworden ist.

Es soll weiter gefördert werden

Trotzdem will die Regierung die Möglichkeit der Förderung erhalten. Denn der Ausbau der Erneuerbaren soll in den nächsten Jahren noch viel schneller gehen. Nur soll ab jetzt der Staat die Förderung bezahlen, und nicht mehr Verbraucherinnen und Verbraucher mit einer Umlage über den Strompreis. Baake prognostiziert, dass die Ausgaben für den Staat in Zukunft immer geringer werden. "Das wird jetzt Richtung Null gehen."

Thorsten Lenck von Agora Energiewende schränkt das ein. Auch er glaubt zwar, dass die staatliche Förderung langfristig deutlich abnehmen wird. Aber "momentan fehlt der Wettbewerb". Wenn nur wenige Betreiber von Wind- und Solaranlagen miteinander um neue Flächen konkurrieren, "dann hilft mir auch die Ausschreibung nicht, die Kosten zu drücken. Dann wetten alle Bieter in dieser Auktion auf die maximale Förderung."

Marcel Heberlein, Marcel Heberblein, ARD Berlin, 28.04.2022 14:22 Uhr

Anmerkung der Redaktion: Durch die erste Version des Artikels entstand der Eindruck, dass das Umweltministerium federführend das EEG entworfen hat. Dem ist nicht so. Wir haben den Text aktualisiert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in der Sendung "Umwelt und Verbraucher" am 28. April 2022 um 11:36 Uhr.