Die DAX-Kurve auf der Kurstafel an der Frankfurter Börse geht nach oben
analyse

Trotz Rezession Warum ist der DAX gerade so stark?

Stand: 12.12.2023 13:24 Uhr

Das Weihnachtsgeschäft an der Börse brummt. Der DAX hat sich zuletzt in immer neue Höhen geschwungen, obwohl die deutsche Wirtschaft lahmt. Was erklärt die gute Stimmung der Anleger - und droht bald die Katerstimmung?

Von Sebastian Schreiber, ARD-Finanzredaktion

Höher, schneller, weiter: Das Börsengeschehen ist auch ein sportliches Geschäft, in dem es um Rekorde geht. Der Anlauf zu Bestmarken war für den DAX lange weit, doch zuletzt hat sich die deutsche Leitbörse in großer Geschwindigkeit nach oben bewegt.

Um knapp 15 Prozent ist der DAX seit Oktober gestiegen, auf ein Rekordniveau. Und das, obwohl die Konjunktur in Deutschland schwächelt: Die Zahl der Insolvenzen steigt und Ökonomen erwarten, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr unter dem Strich zurückgeht. Steigende Kurse und schwache Wirtschaft: Wie passt das zusammen?

Wirtschaft in den USA läuft gut

"Der Blick nach Deutschland, der kann schon depressiv machen. Wir haben eine Rezession, wir haben enorme Standortprobleme, enorme Probleme mit der Bürokratie", sagt Stefan Riße, Anlagestratege beim Vermögensverwalter Acatis. "Aber die Unternehmen, die in Deutschland sitzen - die Großen -, machen ihr Geschäft nur zu Teilen in Deutschland und ansonsten im Rest der Welt, zum Beispiel in den USA, wo die Wirtschaft immer noch gut läuft."

Die Finanzmärkte auf beiden Seiten des Atlantik sind eng miteinander verknüpft. Die Anleger teilen die Hoffnung, dass die Notenbanken die zuletzt im Eiltempo gestiegenen Zinsen bald wieder senken: noch nicht bei den Sitzungen, die für die US-Notenbank Federal Reserve und die Europäische Zentralbank (EZB) in dieser Woche anstehen, aber dann im Laufe des kommenden Jahres.

Sinkende Zinsen beleben die Konjunktur

"Wir haben in den jüngsten Zahlen gesehen, dass die Inflation an Schärfe verliert", sagt Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management. "Und von der Seite gehen wir davon aus, dass sich die Zentralbanken jetzt im Pausenmodus befinden." Diese Woche werde es bei den Währungshütern darum gehen, dass man einen Ausblick gebe: "Wie lange pausieren wir, und wie ist der weitere Zinspfad?"

Und so werden die Analysten an der Börse in dieser Woche genau verfolgen, welche Aussagen die Notenbanker treffen, wenn es um die Strategie für die kommende Zeit geht. Sinkende Zinsen könnten die Wirtschaft beleben. Investitionen wären dann für die Unternehmen - auch für private Haushalte - wieder erschwinglicher und Aktien als Anlageklasse möglicherweise wieder attraktiver.

"Es kommen Enttäuschungen"

Aber: die Notenbanken lockern ihre Geldpolitik nicht ohne Grund. Während die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit der Rezession gekämpft hat, könnte das im kommenden Jahr auch die US-Wirtschaft ereilen. "Bekommen wir eine Rezession, dann werden die ersten Zinssenkungen nicht unbedingt schon zu steigenden Kursen führen. Da wird wahnsinnig viel vorweggenommen - und ich glaube, da kommen auch nochmal Enttäuschungen", so Acatis-Analyst Riße.

Niemand weiß, wie sich die Aktienmärkte im kommenden Jahr genau entwickeln werden. Klar ist schon jetzt - das zeigt die Erfahrung: Wo es steil nach oben geht, kann es auch jederzeit wieder ein Stück abwärts gehen. Mit jedem Rekord an der Börse wächst auch die Fallhöhe. 

Sebastian Schreiber, ARD-Finanzredaktion, tagesschau, 12.12.2023 10:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 12. Dezember 2023 um 09:00 Uhr.