Mitarbeiter des Volkswagen-Werks in Sachsen montieren den Dachhimmel eines Autos.
Hintergrund

Vorschläge gegen die Corona-Krise Was die Wirtschaft stützen soll

Stand: 08.03.2020 00:11 Uhr

Steuersenkungen oder Kurzarbeit: Um in Zeiten des Coronavirus die Wirtschaft stabil zu halten, fordern Unternehmen und Politiker staatliche Hilfen. Ein Koalitionsgipfel berät heute über mögliche Maßnahmen. Ein Überblick über die Ideen.

Die deutsche Wirtschaft droht in eine Coronavirus Krise zu rutschen. Nicht nur die Tourismusbranche und der Außenhandel klagen über Einbußen - auch unter Politikern mehren sich landesweit Stimmen, die Unterstützung vom Bund fordern. Im Koalitionsausschuss sollen heute verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung Thema sein - einige davon sind umstritten. Eine Übersicht.

Kurzarbeit

Regulär gibt es Kurzarbeitergeld nur, wenn mindestens ein Drittel der Belegschaft eines Betriebs von erheblichem Arbeitsausfall betroffen ist. Diese Schwelle könnte gesenkt werden - und auch die Voraussetzung entfallen, dass dazu alle Arbeitszeitkonten in einem Unternehmen auf Null stehen müssen oder mindestens ein Drittel der Belegschaft von erheblichem Arbeitsausfall betroffen ist.

Einem "Handelsblatt"-Bericht zufolge haben Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Kanzleramtschef Helge Braun bereits über zeitweise Lockerungen der Regularien für Kurzarbeit beraten. Heil bestätigte der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten", die Regierung werde im Koalitionsausschuss daran arbeiten, den Einsatz von Kurzarbeit zu erleichtern. Auch CSU-Chef Markus Söder hält das für wichtig.

Unternehmenskredite

Laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) muss die Politik betroffenen Unternehmen vor allem helfen, die Liquidität zu sichern, etwa über Kredite der staatlichen Förderbank KfW und Bürgschaften. Das geschieht bereits, bekräftigte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Samstag - und bezeichnete die bestehenden Programme als ausreichend.

Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagebau, Thilo Brodtmann, sieht auch die Hausbanken der Betriebe in der Pflicht, schnell und unbürokratisch mit Überbrückungskrediten helfen.

"Eine Art Steuerstundung"

Außerdem schlägt das IW zudem "eine Art Steuerstundung" vor. Seit 2008 gilt der sogenannte Investitionsabzugsbetrag, der es Unternehmen ermöglicht, Abschreibungen zeitlich vorzuverlegen, wodurch sich die Steuerlast des laufenden Jahres reduziert. Der Betrag ist auf 200.000 Euro im Jahr und auf Unternehmen mit einem Betriebsvermögen von bis zu 235.000 Euro beschränkt. Dieser Schwellenwert könnte vorübergehend angehoben werden.

Steuervorteile für Personengesellschaften

Kapitalgesellschaften wie GmbH oder AG zahlen Körperschaftsteuer in Höhe von 15 Prozent, dazu kommen Gewerbesteuer und Soli. Es handelt sich um einen linearen Tarif. Personengesellschaften wie GbR oder KG unterliegen der Einkommensteuer, der Tarif ist progressiv. Union und SPD sind sich weitgehend einig, dass die Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften angeglichen werden soll, um so die Personengesellschaften besserzustellen. 

Steuersatzsenkungen

Steuersatzsenkungen für Unternehmen brachte unter anderem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ins Spiel.

Die SPD lehnt den Vorschlag ab: Parteichef Norbert Walter-Borjans bekräftigte in der "Rheinischen Post" vom Samstag, eine pauschale Senkung der Unternehmensteuern sei mit seiner Partei nicht zu machen. 

Soli-Abbau vorverlegen

Stattdessen drängt die SPD im Schatten der Coronavirus-Krise darauf, den weitgehenden Abbau des Solidaritätszuschlags um ein halbes Jahr auf Juli 2020 vorzuziehen.

Die FDP-Fraktion würde zustimmen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Marco Buschmann der "Neuen Osnabrücker Zeitung". CSU-Finanzexperte Hans Michelbach schlug in der "Passauer Neuen Presse" vor, den Soli vollständig abzuschaffen - auch für Kapitalgesellschaften. 

Mehrwertsteuer zeitweise senken

Andere Vorschläge zielen darauf ab, den Konsum in Deutschland zu stützen. Kurzfristig wäre dies laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) über eine zeitlich befristete Reduzierung der Mehrwertsteuer möglich. "Im Ergebnis würde das dazu führen, dass größere Anschaffungen vorgezogen werden", sagte DIW-Chef Marcel Fratzscher dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. 

Der Vize-Fraktionschef der Linken, Fabio De Mas, stimmt zu: "Im Falle eines Nachfrageschocks sollte es eine Senkung der Mehrwertsteuer bei Lebensmitteln geben, da dies kleine Einkommen besonders entlastet."

Konjunkturprogramm

Je mehr Sektoren der deutschen Wirtschaft von den Folgen der Corona-Epidemie erfasst werden, desto öfter sind Forderungen nach einem großen Konjunkturpaket zu hören.

DIW-Chef Fratzscher etwa sagte: "Vertrauen wieder herzustellen, erfordert starke Signale. Dazu gehört ein langfristiges Investitionsprogramm." Auch SPD-Chef Walter-Borjans erneuerte in der "Bild" die Forderung nach einem "Langzeit-Investitionspaket" statt "Investitionspäckchen nach Kassenlage".

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und weitere Unionspolitiker sprechen sich klar dagegen aus. Man sei "umfassend vorbereitet und gewappnet", sagte Altmaier und verwies auf einen dreistufigen Hilfsplan, den er vergangene Woche vorgelegt hatte. Bei Bedarf könne die Hilfe durch den Bund "hochgefahren" werden.

Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 07. März 2020 um 18:00 Uhr.