Neues Kaffee-Imperium Die Krönung ohne Jacobs

Stand: 15.01.2020 06:45 Uhr

Vor 125 Jahren legte Johann Jacobs den Grundstein für den Kaffeekonzern Jacobs und für das Milliardenvermögen seiner Nachfahren. Jetzt wird Jacobs Teil eines Kaffeeimperiums, das die Milliardärs-Familie Reimann an die Börse bringt. Ausgerechnet die Familie Jacobs hat nichts mehr damit zu tun.

Als der deutsche Unternehmer Johann Jacobs am 15.1.1895 in Bremen das "Specialgeschäft in Caffee, Thee, Cacao, Chocoladen, Biscuits" gründete, war nicht abzusehen, dass Jacobs Jahrzehnte später zu den größten Kaffeeunternehmen der Welt gehören würde – und dass die mittlerweile milliardenschwere Familie, die ihr Vermögen in der Jacobs Holding bündelt, nicht einmal mehr daran beteiligt ist.

Denn im 125sten Jahr des Bestehens soll das Kaffee-Unternehmen, oder besser das, was nach einer wechselvollen Geschichte daraus geworden ist, an die Börse gehen. Hauptakteur wird nicht die Jacobs-Familie sein, sondern eine andere deutsche Milliardärs-Dynastie: die Reimanns.

Reich werden und reich bleiben

Es sind also zwei der reichsten Familien Deutschlands, deren Namen in dieser Börsengeschichte eine Rolle spielen – wobei man die Jacobs-Familie mittlerweile wohl eher als deutschstämmig bezeichnen müsste. Der Jacobs-Urahn legte mit seinem Kolonialwarengeschäft den Grundstein für ein bedeutendes Vermögen, von dem die Familie noch 125 Jahre später lebt. Nach Schätzungen des "Manager Magazins" beträgt das gesamte Vermögen derzeit mehr als acht Milliarden Euro.  

Wenn das "Manager Magazin" richtig gerechnet hat, liegt die Familie Reimann allerdings mit weitem Abstand vorn. Deren Vermögen soll sogar bei 35 Milliarden Euro liegen.

Um die Milliardenvermögen zu verwalten, haben beide Familien ähnliche Wege gewählt. Was für die Jacobs-Familie die Züricher Jacobs-Holding ist, ist für die Reimanns die JAB Holding. Auch die kommenden Reimann- und Jacobs-Generationen sollen ein finanziell möglichst sorgenfreies Leben führen können.

Die Quelle der Reimann-Milliarden liegt im Chemiegeschäft in Ludwigshafen. Im Jahr 1851 gründete der Urahn Karl Ludwig Reimann dort zusammen mit Johann Adam Benckiser eine Chemiefabrik. Der Name hat noch immer einen Klang in der Geschäftswelt. Aus der Chemiefabrik Johann A. Benckiser ist schließlich Reckitt-Benckiser geworden, ein börsennotiertes britisches Konsumgüterunternehmen, das mit Marken wie Durex, Calgon oder Sagrotan auch hierzulande bekannt ist.

Über die Familienholding JAB, deren Name auf Johann A. Benckiser zurückgeht, hielten die Reimanns zunächst noch einen signifikanten Anteil an Reckitt Benckiser. Mittlerweile hat die Beteiligung aber nur noch geringes Gewicht. Wie bei der Jacobs-Familie ist die Verbindung zur Quelle der Milliarden gekappt.

Jacobs landet an der Börse

Das große Geschäft wittern die Reimanns heute dort, wo die Familie Jacobs längst ausgestiegen ist: In der Kaffeebranche. 2015 kaufte die Milliardärsfamilie über die von ihnen kontrollierte JAB-Holding das Traditionsunternehmen Jacobs vom US-Konzern Mondelez, der aber mit rund 26 Prozent noch über eine signifikante Beteiligung an Jacobs verfügt. JAB führte Jacobs mit der Marke Douwe Egberts zu Jacobs Douwe Egberts (JDE) zusammen. Gemeinsam mit der US-Kaffeehaus-Kette Peet's Coffee, die bereits zum JAB-Portfolio gehört, soll JDE in diesem Jahr an die Börse gebracht werden.

Mit dem Börsengang sollen bis zu 3,0 Milliarden Euro eingesammelt werden. Es wäre vermutlich in diesem Jahr einer der größten IPOs in Europa. Die künftige JDE Peet's wird mit einem Jahresumsatz von rund sieben Milliarden Euro nach Nestlé das größte börsennotierte Kaffeeunternehmen sein.

Tiere, Kaffee, Luxusparfüm

Zuletzt (Stand 30. Juni 2019) lag der Wert der JAB Holding bei 20,15 Milliarden Euro. Der JAB-Fokus liegt tendenziell auf konjunkturunabhängigen Branchen und Konsumgütern des täglichen Lebens. Bekannte Produkte sind beispielsweise Schweppes, 7up oder Dr. Pepper.  

Daneben ist aber auch Raum für ein wenig Alltags-Luxus. Den Reimanns gehören rund 60 Prozent an Coty, einem Parfüm- und Kosmetikkonzern, der unter anderem die Parfüm-Marken Calvin Klein, Davidoff, David Beckham oder Cerutti im Programm hat. Hinzu kommt noch das Segment Tiermedizin als wichtiges Standbein. Das ist keine schlechte Wahl, wenn man das Vermögen nicht nur bewahren, sondern auch ausbauen möchte.

Kakao, Zähne, Bildung

Die Familie Jacobs setzt zum Vermögenserhalt und -Ausbau mit ihrer Jacobs Holding AG dagegen auf Humanmedizin. Der Familie gehört mit Colosseum Dental eine Kette von europäischen Zahnarztpraxen. In den USA ist sie mit der North American Dental Group vertreten. Auch das Bildungswesen ist Teil des Portfolios, die Holding investiert in Privatschulen.

Die bedeutendste Beteiligung ist der rund 40-prozentige Anteil am Schweizer Schokoladenproduzenten Barry Callebaut. Erst im November des vergangenen Jahres hatte die Jacobs Holding rund zehn Prozent ihres Anteils am Konzern für etwa eine Milliarde Franken verkauft. Beobachter spekulieren nun intensiv darüber, welche Pläne die Familienholding für die Zukunft verfolgt. Auffallend ist, dass beide Familien eher defensiv investieren und große Risiken zu meiden scheinen, um die Milliarden zu bewahren.

Den Weg zurück ins Kaffeegeschäft dürften ihnen die Reimanns wohl versperrt haben. Aber die Möglichkeiten der Geldanlage sind so vielfältig, dass sich beide Familien niemals wirklich in die Quere kommen müssen.

ts        

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Radio Bremen der Morgen am 15. Januar 2020 um 06:00 Uhr.