Neubauten stehen in einem Neubaugebiet in der Region Hannover.

Anstieg auf knapp vier Prozent Bauzinsen auf höchstem Stand seit 2011

Stand: 17.10.2022 12:26 Uhr

Die Kredite für Wohnimmobilien steigen in einem rasanten Tempo. Die Vier-Prozent-Marke dürfte laut dem Finanzierungsvermittler Interhyp demnächst überschritten werden.

Noch vor einem Jahr lagen die Bauzinsen bei knapp einem Prozent. Nach Daten des Finanzierungsvermittlers Interhyp sind die Immobilienkredite mit knapp vier Prozent aktuell auf den höchsten Wert seit 2011 gestiegen. Ein zehnjähriges Standarddarlehen wurde danach vor dem Wochenende mit 3,98 Prozent verzinst. Das Münchner Unternehmen rechnet damit, dass die Vier-Prozent-Schwelle demnächst überschritten wird.

"Dass die Zinsen zeitnah wieder spürbar sinken werden, ist unwahrscheinlich", sagte Mirjam Mohr, die für das Privatkundengeschäft zuständige Vorständin. An der gesamtwirtschaftlichen Gemengelage aus gestiegener Inflation, gestraffter Geldpolitik der EZB und hohen Renditen für deutsche Staatsanleihen werde sich in den kommenden Wochen und Monaten vermutlich nichts ändern. "Deshalb erwarten wir weiterhin moderat steigende Zinsen."

Zinsbelastung steigt deutlich

Die rapide Verteuerung der Immobilienzinsen seit Jahresbeginn hat auch viele Fachleute in der Immobilienbranche überrascht - im Februar lag der Durchschnittszins für ein zehnjähriges Darlehen noch bei etwas über einem Prozent, im Juni bereits bei über drei Prozent. In der ersten Jahreshälfte war die Nachfrage nach Immobilienkrediten noch hoch, doch ist diese seit dem Sommer spürbar zurückgegangen.

Der Zinsanstieg der vergangenen Wochen von 3,5 auf vier Prozent kann für Käufer bereits eine monatliche Mehrbelastung von deutlich über 100 Euro bedeuten. Laut Interhyp-Rechenbeispiel liegt die monatliche Rate bei einem Kaufpreis von 400.000 Euro, 50.000 Euro Eigenkapital, Tilgung von zwei Prozent und einem Zinssatz von 3,5 Prozent bei 1705 Euro. Bei einem Zinssatz von 4 Prozent sind es demnach bereits 1860 Euro.

Finanzvermittler Hypoport leidet

Der Einbruch der Nachfrage am Immobilienmarkt schlägt sich beim Finanzvermittler Hypoport aus Lübeck massiv im Neugeschäft nieder. Das Transaktionsvolumen auf der Kreditplattform Europace schrumpfte im dritten Quartal - vor allem wegen eines Rückgangs der Immobilienfinanzierungen - um 18 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro, wie das im Kleinwerteindex SDAX gelistete Unternehmen heute in Berlin mitteilte.

Der Finanzvertrieb Dr. Klein vermittelte im Sommerquartal nur noch 7,8 Milliarden Euro, was einem Minus von 23 Prozent entspricht. Die Nachfrage nach Immobilienkrediten sei sowohl bei Privatkunden als auch bei Profis sehr schwach. Hypoport hatte seine Prognose für das laufende Jahr angesichts des Abwärtstrends im September bereits gekippt.

Nachfrage nach Immobilienkrediten sinkt

"Eine derartige Entschleunigung hat der deutsche Wohnimmobilienmarkt in den letzten 25 Jahren noch nicht erlebt", resümierte Hypoport-Vorstandschef Ronald Slabke. Die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern klafften seit einigen Wochen weit auseinander. Das habe nicht nur dazu geführt, dass es länger dauere, bis Immobilien einen neuen Eigentümer fänden, sondern dass sich Käufer ganz zurückgezogen hätten. Das liege an dem sprunghaften Zinsanstieg, der Inflation und Rezessionsängsten und der Hoffnung auf weiter fallende Immobilienpreise.

Auch Banken und Sparkassen berichten seit Wochen über eine deutlich geringere Nachfrage nach Immobilienkrediten. Die Hypoport-Aktie ist seit Anfang November 2021 um 85 Prozent eingebrochen. Heute gab sie um 1,2 Prozent auf 83,75 Euro nach.

Immobilienpreise sinken teils

In einigen Städten haben die höheren Bauzinsen und die zunehmende Unsicherheit am Markt bereits zu einem Abflachen des Preisanstiegs oder sinkenden Preisen geführt. In Leipzig sind die Preise für Immobilien im zweiten Quartal im Vergleich zu den ersten drei Monaten laut einer Auswertung von Interhyp um 7,2 Prozent zurückgegangen, in Köln um 6,9 Prozent und in Berlin um ein Prozent. Im Durchschnitt fielen die Preise im zweiten Jahresviertel aber weniger stark um 0,9 Prozent. Seit 2012 sind die Preise Interhyp zufolge um beinahe 85 Prozent gestiegen.

Bianca von der Au, HR, 17.10.2022 14:42 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 08. September 2022 um 10:00 Uhr.