"Stille Reserve" Millionen wollen arbeiten - können aber nicht
Fast 3,2 Millionen Menschen gehören zur "Stillen Reserve". Sie können aus verschiedenen Gründen nicht arbeiten, obwohl sie grundsätzlich wollen. Angesichts des Fachkräftemangels ist das ein Problem.
In Deutschland gibt es fast 3,2 Millionen Menschen im Alter von 15 bis 74 Jahren, die sich nach eigenen Angaben zwar Arbeit wünschen, aber kurzfristig aus verschiedenen Gründen nicht können. Dieses ungenutzte Potenzial für den deutschen Arbeitsmarkt geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2023 hervor.
Betreuung oft ein Grund
Die Gründe, weshalb diese Menschen nicht arbeiten, sind vielfältig. In der Statistik werden drei Gruppen gebildet. In der ersten befinden sich etwa 372.000 Menschen. Diese gaben an, dass sie zwar Arbeit suchen, aber zum Beispiel wegen Betreuungspflichten kurzfristig keine Arbeit aufnehmen können.
Die zweite Gruppe der "Stillen Reserve" besteht aus etwa 945.000 Personen. Diese würden nach eigenen Angaben gerne arbeiten, seien für den Arbeitsmarkt verfügbar. Aber sie suchen aktuell keine Arbeit, weil sie zum Beispiel glauben, keine passende Tätigkeit finden zu können.
Der größten Gruppe gehören etwa 1,85 Millionen Menschen an. Diese Menschen suchen keine Arbeit und sind auch kurzfristig nicht verfügbar, könnten sich das aber generell vorstellen.
Mehr Frauen als Männer in der Stillen Reserve
Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen auch eine geschlechtsspezifisch ungleiche Verteilung. Demnach waren im Jahr 2023 57 Prozent der Menschen in der "Stillen Reserve" Frauen. Ihr Anteil war demnach in der dritten Gruppe mit 62 Prozent am höchsten. In den ersten beiden Gruppen lag er bei etwa 52 Prozent.
Deutlich sichtbar werden die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wenn man auf die Hauptgründe blickt, weshalb Menschen nicht arbeiten.
So gaben 32 Prozent beziehungsweise 383.000 der Frauen zwischen 25 und 59 Jahren in der "Stillen Reserve" an, dass sie wegen Betreuungspflichten nicht arbeiten können. Von den Männern nannten dies dagegen nur vier Prozent beziehungsweise rund 32.000 Personen als Hauptgrund.
Hohes Potential
Die Mehrheit der Menschen in der "Stillen Reserve" haben mindestens eine abgeschlossene Ausbildung oder einen höheren Bildungsabschluss.
Eine Lösung mehr Menschen aus der "Stillen Reserve", wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen, sind laut Enzo Weber, Wissenschaftler beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, ein besseres Betreuungsangebot und flexible Arbeitszeitmodelle.
"Die berufliche Entwicklung von Frauen knickt mit der Kinderphase häufig ab. Die dauerhaften Verluste sind dabei weit relevanter als die Stundenreduktion, während die Kinder klein sind."
Für Weber müsste es auch einen Fokus auf ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben, die in körperlich belastenden Berufen arbeiten. Diese sollten rechtzeitig für andere Tätigkeiten qualifiziert werden, um die länger halten zu können.