Ein Auto verlässt die Grenzübergangsstelle zu Russland in Narva, Estland.
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Ukraine-Krieg und die Folgen ++ Weitere Einreisebeschränkungen für Russen ++

Stand: 08.09.2022 20:29 Uhr

Die baltischen Staaten und Polen werden zum 19. September die Einreise von Russen weiter beschränken. Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben 20 Ortschaften in der Region Charkiw zurückerobert. Der Liveblog vom Donnerstag zum Nachlesen.

08.09.2022 • 20:29 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir beenden an dieser Stelle für heute den Liveblog und bedanken uns für Ihr Interesse.

Die USA sehen keine Hinweise dafür, dass die von den UN vermittelte Einigung zwischen der Ukraine und Russland auf Getreideexporte nicht eingehalten wird. Es gebe keine Anzeichen dafür, sagt der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, John Kirby.

Russlands Präsident Wladimir Putin und später auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatten kritisiert, die Getreide-Exporte gingen nicht an arme Länder und hatte die Abmachung in Frage gestellt.

Nach Angaben des Koordinierungszentrum in Istanbul, das das Getreideabkommen überwacht, gingen bis heute 43,5 Prozent der Ladungen in Volkswirtschaften mit hohem Einkommen. 27,9 Prozent seien in Volkswirtschaften mit niedrigem oder mittlerem Einkommen geliefert worden. Im Ländervergleich war die Türkei Hauptempfänger (21 Prozent). Das Land hat sich bisher nicht an Sanktionen gegen Russland beteiligt.

Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums hat Vergeltung für die Visa-Einschränkungen der Europäischen Union angekündigt. Allerdings werde man das Land nicht komplett zur EU verschließen, sagte sie. An erster Stelle stünden die Interessen Russlands und des russischen Volkes.

US-Generalstabschef Mark Milley hat den russischen Einmarsch in die Ukraine als militärischen Misserfolg dargestellt. Die Russen hätten zwar in verschiedenen Teilen der Ostukraine kleinere taktische Erfolge erzielt, sagte Milley auf dem amerikanischen Militärstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein. "Der Krieg ist nicht vorbei. Aber bisher wurden die russischen strategischen Ziele vereitelt." Dies liege an Fehlern von Russlands Streitkräften, aber vor allem auch an der Tapferkeit der Ukrainer.

Die ukrainischen Soldaten hätten vom Westen gelieferte Waffensysteme effektiv eingesetzt und würden "exzellent" geführt, so Milley. Zur laufenden ukrainischen Gegenoffensive im Süden den Landes sagte Milley, diese befinde sich noch in den Anfängen: "Für eine vollständige Bewertung ist es noch zu früh" - doch es gebe reale und messbare Erfolge in der Region. Die Ukrainer hätten mehr als 400 Ziele getroffen, was für die Russen "verheerende Auswirkungen" habe. "Russische Kommunikationswege und Lieferketten sind stark belastet", die Kontrolle des Hauptquartiers sei gestört, die Russen hätten Schwierigkeiten, Streitkräfte aufzustocken und Verluste zu ersetzen.

US-General Mark Milley und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin geben auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein ein Pressestatement ab.

US-General Mark Milley (rechts), Vorsitzender des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte, und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin geben nach dem Ende der Ukraine-Konferenz auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein ein Pressestatement ab.

Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace haben die Ankunft einer Gaslieferung aus Russland an einem Flüssiggas-Terminal in Schweden blockiert. Das Greenpeace-Segelboot "Witness" und Aktivisten in Kajaks hinderten den in den Niederlanden registrierten LNG-Tanker "Coral Energy" am Anlegen und Entladen der Gaslieferung, wie der Terminal-Eigentümer und Greenpeace mitteilten. "Aktivisten sind auf die Verladearme des Terminals geklettert und haben Boote im Wasser", sagte eine Sprecherin des Terminal-Eigentümers Gasum.

Der Protest am Hafen von Nynäshamn südlich von Stockholm begann demnach am Vormittag und war fünf Stunden später trotz einer Räumung der Ladearme durch die Polizei immer noch im Gange. Die Aktivisten forderten die schwedische Regierung auf, ihre Importe von russischem Gas sofort zu stoppen. Sie entrollten Transparente mit der Aufschrift "Stoppt die Finanzierung von Putins Krieg" und "Stoppt den russischen Handel mit fossilen Brennstoffen".

Die ukrainische Wirtschaftsleistung ist kriegsbedingt zuletzt um mehr als ein Drittel eingebrochen. Im zweiten Quartal 2022 sei die Wirtschaftsleistung im Jahresvergleich um 37,2 Prozent zurückgegangen, teilte das ukrainische Statistikamt mit. Im ersten Quartal hatte der Einbruch bei 15,1 Prozent gelegen. 2021 war die ukrainische Wirtschaft noch um 3,4 Prozent gewachsen.

Große Teile der Süd- und Ostukraine wurden von russischen Truppen besetzt und die für den Export wichtigen Häfen des Landes blockiert. Die südostukrainische Hafenstadt Mariupol mit ihren Stahlwerken wurde zu großen Teilen zerstört. Viele Unternehmen haben ihre Produktion komplett eingestellt. Das Land ist derzeit von ausländischen Finanzhilfen und Rüstungsgütern abhängig.

Die baltischen Staaten und Polen werden zum 19. September die Einreise von Russen weiter beschränken. Russische Staatsbürger mit einem Schengen-Visum für touristische Aufenthalte, Geschäftsreisen, Sport- und Kulturveranstaltungen dürfen dann nicht mehr in die vier EU- und NATO-Länder einreisen. Dies teilten die Regierungschefs der an Russland grenzenden Staaten gemeinsam mit. "Wir haben beschlossen, gemeinsame Beschränkungen für den Tourismus für russische Staatsangehörige einzuführen, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu schützen", erklärte die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas. "Russland hat Krieg nach Europa gebracht und setzt alle Mittel ein, um unsere Gesellschaften zu untergraben. Als Grenzstaaten der EU müssen wir Europa sicher halten."

Demnach soll nun allen russischen Staatsbürgern mit Schengen-Visa die Einreise verweigert werden - unabhängig davon, von welchem Mitgliedsland es ausgestellt wurde. "Die Mehrheit der Visa wurde russischen Staatsbürgern vor Russlands umfassender Aggression in der Ukraine unter anderen geopolitischen Bedingungen und Erwägungen ausgestellt. Reisen in die Europäische Union sind ein Privileg, kein Menschenrecht", hieß es in der Erklärung. Entsprechende Regelungen sollen in jedem der vier Länder erlassen werden und dann zum Stichtag in Kraft treten.

Der bekannte Kommandeur der prorussischen Separatisten in Donezk, Alexander Chodakowski, hat einem der russischen Rechtfertigungsversuche für den Angriffskrieg gegen die Ukraine offen widersprochen. Er habe bisher keine Belege dafür gefunden, dass die Ukraine einen Angriff auf Russland geplant habe - Moskau behauptet das immer wieder. "Die Ukraine hat sich auf einen Abwehrkrieg vorbereitet", schrieb Chodakowski in seinem Telegram-Kanal. Bei den Dokumenten, die seine Truppen nach der Eroberung ukrainischer Stellungen erbeutet haben, sei ihm kein einziges taktisches Dokument untergekommen, das Angriffshandlungen vorsehe.

Russland hat am 24. Februar seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Der Kreml begründete die Invasion auch damit, dass er einem Angriff der ukrainischen Armee auf die seit 2014 abtrünnigen Teile der Gebiete Donezk und Luhansk zuvorkommen müsse. Zudem habe Kiew Angriffspläne für die 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim gehabt. Die Ukraine hat derartige Vorwürfe immer zurückgewiesen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Umsetzung des Getreideabkommens mit der Ukraine und Russland kritisiert. Das Getreide aus der Ukraine werde allein in "reiche Länder" ausgeführt, die Sanktionen gegen Russland erhoben hätten, sagte Erdogan. Das beunruhige Putin und widerspreche dem Grundgedanken des Getreideabkommens. Er fügte hinzu: "Ich hoffe, wir können so schnell wie möglich auch mit Getreidelieferungen von russischer Seite beginnen und dafür sorgen, dass dieses Getreide in wirklich arme Länder geliefert wird."

Bis zum 8. September seien 43,5 Prozent der Ladungen in Volkswirtschaften mit hohem Einkommen geliefert worden, sagte eine Sprecherin des mit dem Getreideabkommen in Istanbul errichteten Koordinierungszentrums laut Nachrichtenagentur dpa. 27,9 Prozent seien in Volkswirtschaften mit niederigem oder mittlerem Einkommen geliefert worden. Im Ländervergleich war die Türkei Hauptempfänger (21 Prozent). Das Land hat sich bisher nicht an Sanktionen gegen Russland beteiligt.

Agrarexporte über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen waren wegen des russischen Angriffskriegs zunächst monatelang blockiert. Die Kriegsgegner Ukraine und Russland unterzeichneten am 22. Juli unter UN-Vermittlung jeweils getrennt mit der Türkei ein Abkommen, um von drei Häfen Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen. Im Zuge der Einigung unterzeichneten die UN und Russland auch eine separate Absichtserklärung. Diese sieht nach UN-Angaben vor, den Export von russischen Lebensmitteln und Düngemitteln zu fördern.

Zu den den Gegenoffensiven im Süden und Osten der Ukraine gibt es von offizieller Seite nur wenig Informationen. ARD-Korrespondent Tobias Dammers schätzt die Lage in Mykolajiw in der Südukraine ein. Die Stadt liegt etwa 25 Kilometer von der gegenwärtigen Front entfernt.

Tobias Dammers, WDR, zzt. Mykolajiw, über die ukrainische Gegenoffensive im Süden und Osten

tagesschau24 15:00 Uhr

Die UNO hat nach eigenen Angaben Hinweise darauf, dass das russische Militär ukrainische Kinder nach Russland verschleppt und zur Adoption freigibt. "Unbegleitete Minderjährige" würden "glaubhaften" Hinweisen zufolge zwangsweise in russisch besetzte Gebiete oder nach Russland umgesiedelt, teilte das UN-Menschenrechtsbüro in New York mit.

Die stellvertretende UN-Generalsekretärin für Menschenrechte, Brands Kehris, sagte vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, ihr Büro sei "besorgt" darüber, dass die russischen Behörden ein "vereinfachtes Verfahren" eingeführt hätten, über das ukrainischen Kindern ohne elterliche Fürsorge die russische Staatsbürgerschaft verliehen werde - und dass diese Kinder "für eine Adoption durch russische Familien infrage kommen".

Kehris zufolge haben die russischen Besatzer im Rahmen eines als "Filtration" bezeichneten Programms Zentren eingerichtet, in denen ukrainische Zivilisten durchsucht und ihre persönlichen Daten gesammelt werden. Die Menschen müssten sich körperlichen Durchsuchungen unterziehen und sich dafür in manchen Fällen vollständig entkleiden. Außerdem würden ihre Mobilgeräte durchsucht und persönliche sowie biometrische Daten erfasst. Es gebe "glaubwürdige" Informationen über zahlreiche Menschenrechtsverletzungen bei diesen Prozeduren.

Energiesparen auch in Dänemark: Angesichts der hohen Energiepreise will die Regierung in Deutschlands nördlichem Nachbarland die Temperaturen in öffentlichen Gebäuden auf 19 Grad Celsius herabsenken. Das sagte Klima- und Energieminister Dan Jørgensen auf einer Pressekonferenz in Kopenhagen. Normalerweise liege die Temperatur bei 21 bis 23 Grad. Krankenhäuser, Pflegeheime und Kinderkrippen sollten davon ausgenommen werden. Außerdem solle unnötige Außenbeleuchtung abgeschaltet werden.

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben etwa 20 Ortschaften in der Region Charkiw im Osten des Landes zurückerobert. Teilweise sei man bis zu 50 Kilometer in die russischen Linien eingedrungen, sagte Olexij Hromow, Mitglied des ukrainischen Generalstabs. Derzeit würden die Orte nach feindlichen Kämpfern durchsucht.

Neben ihrer lange angekündigten Gegenoffensive im Süden des Landes kämpft die Ukraine seit einigen Tagen auch im Osten um eine Rückeroberung ihrer Gebiete.

Auch in der Nähe von Kramatorsk im Gebiet Donezk hätten ukrainische Einheiten ihre Positionen um bis zu zwei Kilometer verbessern können, sagte Hromow. Bei Slowjansk seien die Russen um bis zu drei Kilometer zurückgedrängt und das Dorf Oserne befreit worden.

Im südukrainischen Gebiet Cherson seien die russischen Truppen an mehreren Abschnitten um zwei und bis zu mehreren Dutzend Kilometer zurückgedrängt worden. Insgesamt seien Gebietsgewinne von mehr als 700 Quadratkilometer erzielt worden. An den anderen Frontabschnitten bestehe weiter eine "schwierige, jedoch nicht kritische Situation", hier würden russische Truppen weiterhin angreifen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Drei Viertel der Menschen in Frankreich halten die im Ukraine-Krieg gegen Russland verhängten Sanktionen nach einer Umfrage für unwirksam zur Beendigung des Konflikts. Das geht aus einer Studie des Instituts Elabe hervor. 52 Prozent der Befragten bewerten demnach die Militär- und Finanzhilfe des Westens für die Ukraine ebenfalls als ineffizient. 47 Prozent gehen indes davon aus, dass damit der Krieg beendet werden kann. Angesichts der Kaufkraftprobleme in Frankreich stellt eine wachsende Zahl der Befragten die Sanktionen und die Unterstützung für die Ukraine inzwischen infrage.

Dass die Sanktionen und die Unterstützung trotz Auswirkungen auf den Alltag in Frankreich Priorität haben, finden 40 Prozent der Menschen, 6 Prozent weniger als bei einer Umfrage Ende März. Ein Reduzieren der Sanktionen und Unterstützung bei wachsenden Problemen in Frankreich befürworten 32 Prozent, das sind zwei Prozent weniger als im März. Um 8 auf 27 Prozent gewachsen ist indes der Anteil derjenigen, die die Kaufkraft für wichtiger halten als die Unterstützung für die Ukraine und die einen Stopp der Sanktionen wollen, um die Wirtschaft wiederzubeleben. Angesichts der Kämpfe um das ukrainische AKW Saporischschja befürchten nach der Umfrage 80 Prozent der Menschen in Frankreich eine nukleare Katastrophe, ähnlich viele sind ohnehin wegen des Krieges besorgt. Nur 16 Prozent gehen von einem schnellen Kriegsende in wenigen Wochen oder Monaten aus, 83 Prozent glauben, dass der Konflikt noch viele Monate wenn nicht mehrere Jahre andauert.

Deutschland wird die Ukraine künftig bei der Minenräumung unterstützen. Gemeinsam mit den Niederlanden werde ein Ausbildungsprogramm starten, in dem ukrainische Soldaten in Deutschland beim Räumen von Minen und der Entschärfung von Sprengfallen ausgebildet werden sollen, sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nach Gesprächen mit ihrer niederländischen Kollegin Kajsa Ollongreen am Rande des Treffens der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Das Training soll in Baden-Württemberg in Stetten am kalten Markt in der Kampfmittelabwehrschule der Bundeswehr erfolgen. Dabei werde Deutschland gemeinsam mit den Niederlanden nicht nur Know-How, sondern auch Material zur Verfügung stellen, sagte die Ministerin. 

Ziel sei es dafür zu sorgen, dass die Ukraine den Kampf "gegen diesen widerlichen Einsatz von Waffen" wie Minen und Sprengfallen führen könne. Laut Lambrecht sollen zunächst rund 20 ukrainische Soldaten in der Kampfmittelräumung ausgebildet werden, dies könne "sehr zügig" geschehen. 

Darüber hinaus werde Deutschland die Ukraine durch "Winterpakete" beispielsweise mit Material zur Stromerzeugung, Zelten und Winterausrüstung unterstützen, sagte Lambrecht. Zudem werde "alsbald" die zweite Lieferung schon zugesagter Gepard-Panzer sowie von Brückenlegepanzern des Typs Biber erfolgen. In Ramstein trafen sich die Verteidigungsminister der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe zu Gesprächen über den Ukraine-Krieg und Sicherheitsfragen.

Martin Schmidt, SWR, berichtet über den Gipfel der internationalen Kontaktgruppe für Militärhilfen in der Ukraine

tagesschau 12:00 Uhr

US-Außenminister Antony Blinken ist zu einem nicht angekündigten Besuch in der Ukraine eingetroffen. Bei der Visite in Kiew kündigte Blinken weitere Militärhilfen in Höhe von mehr zwei Milliarden Dollar für die Ukraine und andere europäische Staaten an. Es gehe um eine langfristige Hilfe für die Ukraine und 18 weitere Länder, die am stärksten von einer möglichen russischen Aggression bedroht seien, sagte Blinken bei Gesprächen mit ukrainischen Spitzenpolitikern. Die Hilfe soll zusätzlich zu einem 675 Millionen Dollar schweren Paket mit Waffen, Munition und gepanzerten Fahrzeugen für die Ukraine fließen, das Verteidigungsminister Lloyd Austin auf dem US-Militärstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein ankündigte.

Insgesamt steigt die Hilfe der USA für die Ukraine seit dem Amtsantritt der Regierung von Präsident Joe Biden auf 15,2 Milliarden Dollar. Aus US-Kreisen verlautete, die neuen Zusagen verdeutlichten, dass die amerikanische Unterstützung für das Land angesichts der russischen Invasion unerschütterlich sei. Austin sagte, der Krieg befinde sich in einem weiteren Schlüsselmoment, da die ukrainischen Streitkräfte ihre Gegenoffensive im Süden des Landes begonnen hätten. Auf dem Schlachtfeld seien jetzt nachweislich Erfolge der gemeinsamem Anstrengungen zu sehen.

Stephan Laack, WDR, 08.09.2022 13:38 Uhr

Der Preis für europäisches Erdgas ist vor dem Treffen der EU-Energieminister morgen auf den tiefsten Stand seit etwa einem Monat gefallen. Die Ressortchefs wollen bei ihrem Treffen Lösungen gegen die extrem gestiegenen Energiepreise erörtern. Auch ein Preisdeckel für russische Gasimporte steht zur Debatte.

Am Vormittag fiel der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas um knapp acht Prozent. Mit rund 197 Euro je Megawattstunde lag der Preis erstmals seit Anfang August unter der runden Marke von 200 Euro. Der TTF-Kontrakt wird häufig als Richtschnur für das europäische Preisniveau verwendet. Erst zu Wochenbeginn war der Gaspreis wegen des vorläufigen Lieferstopps über die wichtige Pipeline Nord Stream 1 noch in Richtung 300 Euro in die Höhe geschnellt.

Saubere Energiequellen bieten nach Angaben der Internationalen Energieagentur inzwischen mehr Menschen Arbeit als fossile Brennstoffe. Die IEA erklärte in einem Bericht, der Wiederaufschwung der Branche nach der Corona-Pandemie werde durch emissionssenkende Technologien vorangetrieben. Dazu gehörten die Produktion von Elektrofahrzeugen, die Dämmung von Gebäuden, Solarprojekte und Windparks.

Auf saubere Energie, zu der nach Definition der IEA auch Atomkraft gehört, entfallen inzwischen mehr als die Hälfte der 65 Millionen Arbeitsplätze in der Energiebranche. Dies gilt für alle Regionen weltweit, mit Ausnahme von Russland und dem Nahen Osten. Hintergrund ist unter anderem, dass viele Länder in Europa aufgrund des Krieges in der Ukraine händeringend nach Alternativen zu russischen Erdgaslieferungen suchen.

Die verschuldete Betreiberin der russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2 hat einen drohenden Konkurs erneut abgewendet. Das Kantonsgericht am Sitz der Nord Stream 2 AG in Zug verlängerte die provisorische Nachlassstundung bis zum 10. Januar 2023, wie das Schweizerische Handelsamtsblatt (SHAB) bekanntmachte. Die im Mai erstmals gewährte Frist wäre am 10. September ausgelaufen. Bis mindestens Januar können Gläubiger damit kein Geld eintreiben.

Ein vom Gericht eingesetzter Sachwalter, die Firma Transliq, kann nun weiter prüften, ob eine Sanierung oder Verständigung mit den Gläubigern Aussicht auf Erfolg hat. Wenn das nicht der Fall ist, muss nach Schweizer Recht ein Konkursverfahren eröffnet werden.

Nach dem Beginn der ukrainischen Gegenoffensive haben die russischen Besatzer eigenen Angaben zufolge Frauen und Kinder aus der Stadt Kupjansk gebracht, einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt des ostukrainischen Gebiets Charkiw. "Die Lage in der Stadt Kupjansk ist heute so, dass wir einfach gezwungen sind, die Evakuierung der Bevölkerung - zumindest der Frauen und Kinder - zu gewährleisten, weil die Stadt Raketenangriffen der ukrainischen Militärverbände ausgesetzt ist", sagte der Chef der von Russland eingesetzten Militärverwaltung, Witali Gantschew, der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Am Mittwoch hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj "gute Nachrichten aus der Region Charkiw" verkündet. Er selbst nannte keine weiteren Details. Aus Berichten russischer Kriegskorrespondenten geht derweil hervor, dass die ukrainische Armee bei der Stadt Balaklija um etwa 20 Kilometer in russisch besetzte Gebiete vorgedrungen sein soll. Diese Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Ukraine meldet schwere Gefechte in der Nähe des Atomkraftwerks Saporischschja. Der Generalstab des Militärs erklärte am Morgen, in den vergangenen 24 Stunden habe es Angriffe auf Dörfer und Ortschaften unter anderem mit Panzern und Granatwerfern gegeben. Der Chef des Regionalrats von Dnipro, Mykola Lukaschuk, schrieb im Nachrichtendienst Telegram, die Stadt Nikopol werde von russischen Truppen aus der Stadt Enerhodar heraus beschossen. In Enerhodar liegt das AKW Saporischschja, das von russischen Truppen kontrolliert, aber von ukrainischen Technikern betrieben wird.

Russland und die Ukraine haben sich gegenseitig vorgeworfen, die Anlage zu beschießen. Die russische Nachrichtenagentur Tass meldete unter Berufung auf den von Russland eingesetzten Chef der Verwaltung in Enerhodar, Alexander Wolga, die Ukraine habe das AKW nicht mit Artillerie angegriffen. In den vergangenen zwei Tagen seien aber Geschosse von Drohnen auf das AKW-Gelände abgefeuert worden. Diese Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Die USA haben der Ukraine weitere Militärhilfe für den Krieg gegen Russland zugesagt. Es gehe um ein neues Waffenpaket mit einem Volumen von rund 675 Millionen US-Dollar (etwa 676 Millionen Euro), sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin zum Auftakt einer Konferenz der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Es handele sich unter anderem um die Lieferung weiterer Haubitzen, Artilleriemunition und gepanzerter Fahrzeuge. Die militärische Unterstützung der Verbündeten für die Ukraine zahle sich aus, betonte Austin: "Wir sehen den nachweisbaren Erfolg unserer Bemühungen auf dem Schlachtfeld."

US-Präsident Joe Biden hatte erst Ende August Unterstützung für die Ukraine im Umfang von knapp drei Milliarden US-Dollar (rund drei Milliarden Euro) angekündigt. Damit könne Kiew Luftabwehrsysteme, Artilleriesysteme und Munition, Drohnen und Radare erwerben, "um sich langfristig verteidigen zu können".

Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hält die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und sich selbst für mögliche Vermittler zwischen Russland und der Ukraine. Der 85-Jährige, der sich im Wahlkampf um einen Parlamentssitz befindet, sagte am Mittwochabend in einer Talkshow des Senders Rai, nur mit einer Mediation könne der Konflikt beendet werden. Auf die Frage, ob er selbst ein Vermittler sein könnte, antwortete er: "Ich glaube, wenn es eine Person gibt, die an meiner Stelle oder mit mir aktiv werden könnte, ist das Frau Angela Merkel."

Der viermalige italienische Regierungschef, der in den vergangenen Jahren neben seiner politischen Arbeit vor allem mit etlichen Skandalen auffiel, ist mit Kremlchef Wladimir Putin befreundet. Nach Russlands Angriff auf die Ukraine zeigte sich Berlusconi erst nach einigem Zögern enttäuscht von Putin und verurteilte die Aggression Moskaus. Nun betonte er, dass es für eine Friedensvermittlung jemanden brauche, der "nahe dran" ist an Putin und auch beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "intervenieren" könne, um Verhandlungen zu erreichen.

Gezielte Angriffe auf Flussübergänge setzen die russischen Truppen in der Ukraine nach Einschätzung britischer Militärexperten weiter unter Druck. Wie aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London hervorgeht, zerstörten die ukrainischen Verteidiger eine Pontonbrücke entlang einer wichtigen Nachschubroute in der Region Cherson im Süden des Landes. "Die systematischen Präzisionsschläge gegen anfällige Flussübergänge dürften weiter Druck auf die russischen Kräfte ausüben (...)", teilten die britischen Experten mit. Das verlangsame die Fähigkeit Moskaus, Reserven und Nachschub an Material aus dem Osten zum Einsatz zu bringen.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar veröffentlicht die britische Regierung regelmäßig Geheimdienstinformationen zu dessen Verlauf. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

Bei nächtlichen Raketen- und Artillerieangriffen russischer Truppen sind nach ukrainischen Angaben mehrere Menschen getötet worden. Attacken wurden aus verschiedenen Landesteilen gemeldet. In der Region Donezk wurden laut den dortigen Behörden sieben Zivilisten getötet und im Großraum Charkiw fünf Menschen verletzt.

In der Region Saporischschja seien mindestens elf Gebäude beschädigt worden, schrieb Gouverneur Walentyn Resnitschenko auf Telegram. Berichte über Verletzte gab es hier nicht. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Belarus hat nach eigenen Angaben Militärübungen in drei Bereichen des Landes gestartet, darunter an der Grenze zu Polen. Das Verteidigungsministerium teilte mit, das Manöver finde im Südwesten nahe der Grenzstadt Brest, im Großraum der Hauptstadt Minsk in der Landesmitte und bei Witebsk im Nordosten nahe Russland statt.

Bis zum 14. September solle trainiert werden, von feindlichen Kräften eingenommenes Territorium zurückzuerobern und die Kontrolle über Grenzregionen zurückzugewinnen. Die Zahl der beteiligten Soldaten und der Umfang der eingesetzten Ausrüstung liege unter der Schwelle, bei der nach OSZE-Regeln das Manöver angemeldet werden müsste.

Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Agnieszka Brugger, hat gefordert, der Ukraine  weiterhin Hilfe zu leisten - auch über ein mögliches Ende der Kampfhandlungen hinaus. "Wir müssen uns mit den Partnerinnen und Partnern darauf einstellen, die Ukraine sehr lange im Bereich Militär und Sicherheit zu unterstützen", sagte Brugger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vor einem Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein.

"Das gilt sogar, wenn es, wovon wir ja gerade weit entfernt sind, zu einem Ende der Kampfhandlungen kommen sollte", betonte Brugger. Denn dann werde die Gefahr natürlich nicht geringer werden. "Deshalb braucht es jetzt gute Pläne und gute Abstimmung und auch mehr deutsche Beiträge", sagte Brugger weiter.  

Verteidigungsminister und andere Spitzenvertreter der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe kommen heute auf der US-Luftwaffenbasis im rheinland-pfälzischen Ramstein zusammen, um über die weitere Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland zu beraten. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte Ende August zu dem Treffen eingeladen. Die Minister und hochrangige Militärvertreter der rund 50 Mitgliedsstaaten der Kontaktgruppe würden in Ramstein "über die anhaltende Krise in der Ukraine und verschiedene Sicherheitsfragen" beraten, hieß es damals. 

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) will gegen 12.15 Uhr zusammen mit ihrer niederländischen Kollegin Kajsa Ollongreen in Ramstein vor die Presse treten, um über die Gespräche zu informieren. In Ramstein hatte die Gruppe erstmals Ende April getagt. Lambrecht hatte dort erstmals die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine durch Deutschland angekündigt. Dabei handelte es sich um 30 Exemplare des Flugabwehrpanzers Gepard.

Der ukrainische Atomkonzern Enerhoatom hat russischen Truppen vorgeworfen, ukrainische Mitarbeiter des Kraftwerks Saporischschja misshandelt und verschleppt zu haben. "Etwa 200 Leute sind bereits inhaftiert worden. Von einigen wissen wir nicht, was mit ihnen passiert ist. Es gibt keinen Hinweis, wo sie sind", sagte der Präsident von Enerhoatom, Petro Kotin, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zudem seien Mitarbeiter gefoltert oder sogar getötet worden. Derzeit seien noch etwa 1000 Beschäftigte im AKW Saporischschja tätig. Vor dem Krieg waren es Kotin zufolge 11.000.

Auch der UN-Sicherheitsrat hatte sich äußerst alarmiert über die Vorwürfe gegen das russische Militär geäußert, Ukrainerinnen und Ukrainer zunächst in Lager zu verschleppen und anschließend nach Russland zu deportieren.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland angekündigt, die Unterstützung für Unternehmen, die von den Folgen der Energiekrise betroffen sind, auszuweiten. So sollten drohende Betriebsaufgaben verhindert werden. Zwar gebe es bereits einen Schutzschirm, der auch kleinere und mittlere Unternehmen abdecke. Doch Habeck betonte: "Aber es ist klar: Für den Herbst und Winter müssen wir den Schutzschirm größer aufspannen."

Der ukrainische Sicherheitsrat hat Sanktionen gegen etwa 600 russische Politiker verhängt. Die Strafmaßnahmen richten sich Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge gegen 28 Mitglieder des russischen Sicherheitsrates, gegen 424 Abgeordnete der russischen Staatsduma sowie gegen 154 Senatoren des russischen Förderationsrats. "Sie tragen Verantwortung für den Krieg Russlands gegen die Ukraine, für den Terror gegen unser Volk", so Selenskyj. Details zu den Sanktionen nannte er aber nicht.

In seiner Videoansprache von Mittwochabend hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj "gute Nachrichten aus der Region Charkiw" verkündet. Die Ukrainer hätten Grund, Stolz auf ihre Armee zu sein. Konkret ging Selenskyj auf vermeintliche militärische Erfolge nicht ein, er dankte jedoch mehreren Brigaden, die sich besonders ausgezeichnet hätten.

Zuvor hatte bereits der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch von Erfolgen der eigenen Truppen im Süden und Osten des Landes gesprochen.