Luftaufnahme des US-Verteidigungsministeriums
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Krieg gegen die Ukraine ++ Weitere US-Militärhilfe für Kiew ++

Stand: 28.10.2022 23:27 Uhr

Die neuen Militärhilfen der USA für Kiew haben laut Pentagon einen Umfang von 275 Millionen US-Dollar. Die Ukraine schränkt die Stromversorgung ihrer Bürger weiter ein. Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen.

28.10.2022 • 23:27 Uhr

Ende des Liveblogs

Für heute beenden wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Herzlichen Dank für Ihr Interesse, wir sind auch morgen wieder mit einem Liveblog für Sie da.

Fast vier Millionen Menschen in der Ukraine sind Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge wegen der russischen Angriffe auf die Energie-Infrastruktur von Einschränkungen bei der Stromversorgung betroffen. In vielen Städten und Regionen werde der Strom zeitweise abgestellt, "um die Lage zu stabilisieren", sagte er. Betroffen seien die Hauptstadt Kiew und Umgebung sowie die Provinzen Schytomyr, Poltawa, Tscherkassy, Kirowohrad, Riwne, Charkiw, Tschernihiw und Sumy.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Zweifel geäußert an dem von Russland erklärten Abschluss seiner Teilmobilisierung. Er habe vielmehr den Eindruck, die russischen Truppen an den ukrainischen Fronten seien so mangelhaft vorbereitet und ausgerüstet, dass sie bald weitere Kräfte benötigten, sagt er in einer Videoansprache.

Aufgrund erheblicher Schäden durch die jüngsten russischen Angriffe auf die Energie-Infrastruktur in der Ukraine werden in der Region um Kiew "beispiellose" Strombeschränkungen vorgenommen. Um einen vollständigen Stromausfall in der Hauptstadt und zentralen Regionen zu verhindern, führe das staatliche Energieunternehmen Ukrenergo "beispiellose Notfallbeschränkungen ein", kündigte der Stromversorger DTEK bei Facebook an. 

Das ukrainische Energiesystem habe "neuen Schaden erlitten", es gebe ein "Stromdefizit in Höhe von 30 Prozent des Kiewer Verbrauchs".  In Kiew war bereits in den vergangenen Tagen in wechselnden Vierteln für mehrere Stunden der Strom abgestellt worden. In den kommenden Tagen würden nun "strengere und längere Einschränkungen" vorgenommen, teilte DTEK mit. Es könne "auf unbestimmte Zeit" zu Stromausfällen kommen, zitierte der Stromversorger den Gouverneur der Region Kiew, Oleksij Kuleba.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat den Iran zum unverzüglichen Stopp von Waffenlieferungen an Russland aufgerufen. Der ukrainische Top-Diplomat richtete seinen Appell in einem Telefonat an seinen iranischen Kollegen Hussein Amirabdollahian, wie er auf Twitter schrieb.

"Ich habe heute einen Anruf des iranischen Außenministers Hussein Amirabdollahian erhalten, in dem ich gefordert habe, dass der Iran unverzüglich aufhört, Russland mit Waffen zu beliefern, die dafür genutzt werden, Zivilisten zu töten und kritische Infrastruktur in der Ukraine zu zerstören", schrieb er. Teheran hat bestritten, Moskau mit Drohnen und anderen Waffen zu beliefern, die im Krieg in der Ukraine zum Einsatz gekommen sind.

Die USA werden zusätzliche Militärhilfe im Wert von 275 Millionen Dollar an die Ukraine liefern. Dies kündigte Außenminister Antony Blinken an. Die Lieferung werde Waffen, Munition und Ausrüstung aus den Beständen des US-Verteidigungsministeriums beinhalten.

Laut Blinken arbeiten die USA daran, die Luftverteidigungsfähigkeit der Ukraine zu verbessern. Die beiden bodengestützten Luftverteidigungssysteme des Typs Nasams, zu deren Lieferung sich die Vereinigten Staaten verpflichtet hätten, würden nächsten Monat in die Ukraine gebracht.

Von der Ukraine beschlagnahmtes Vermögen von Russen und Belarusen könnten nach Angaben von Finanzminister Serhij Martschenko für den Wiederaufbau seines Landes nach dem Krieg verwendet werden. Die Regierung in Kiew hat Vermögenswerte von Bürgern der beiden Nachbarländer im Wert von rund 1,2 Milliarden Euro auf Eis gelegt.

Von 6700 Mitarbeitern des russisch besetzten AKW Saporischschja in der Südukraine haben etwa 100 einen Arbeitsvertrag beim russischen Atomkonzern Rosatom unterschrieben. Das teilte der ukrainische Betreiber Enerhoatom mit. 4300 Mitarbeiter des größten Atomkraftwerks in Europa hätten sich auf ukrainisch kontrolliertes Gebiet abgesetzt. Von den 100 Mitarbeitern hätten die meisten nur unter Druck bei der Rosatom-Tochter unterschrieben, hieß es bei Enerhoatom. Es gebe aber einige Freiwillige aus dem oberen Management, die sich Beförderungen oder Geld erhofften.

Überprüfbar waren diese Angaben nicht. Allerdings hat auch die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) den Stress beklagt, unter dem das Bedienungspersonal des AKW arbeiten müsse. Einige ranghohe Mitarbeiter wurden mutmaßlich von den Russen verschleppt und waren tagelang verschwunden.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat erklärt, die von Präsident Wladimir Putin verlangte Mobilisierung von 300.000 Rekruten für den Krieg in der Ukraine sei abgeschlossen. "Weitere Maßnahmen sind nicht geplant", sagte er bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Putin. 218.000 der eingezogenen Männer seien in der Grundausbildung. 82.000 seien in die Kampfgebiete gebracht worden, davon seien 41.000 in die für sie vorgesehenen Einheiten eingegliedert worden.

Innerhalb der Ukraine sind einer Studie zufolge bis August mehr als sieben Millionen Menschen vertrieben worden. Die meisten von ihnen seien Frauen, von denen fast ein Drittel mehr als einmal vertrieben worden sei, hieß es in einem gemeinsamen Bericht der EU-Asylagentur, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Gleichzeitig hätten sich mehr als sechs Millionen aller in oder aus der Ukraine vertriebenen Menschen bis August für die Rückkehr in ihre Heimat entschieden. Insgesamt sind bislang nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks 14,3 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, wie es in dem Bericht heißt. Dreiviertel davon gingen in die vier benachbarten EU-Länder Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei.

Die ungarische Justizministerin hat die EU-Staaten eindringlich zu diplomatischen Initiativen aufgefordert, um den Krieg in der Ukraine zu beenden. Weitere Sanktionen gegen Russland im Energiebereich lehnte die auch für die Beziehungen zur EU zuständige Ministerin Judit Varga gegenüber der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten entschieden ab. "Die Staaten der Europäischen Union sollten nicht militärisch in diesen Krieg verwickelt werden. Wir sollten stattdessen alles tun, um die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen und Friedensgespräche zu ermöglichen", sagte Varga den Zeitungen.

Ungarn und Österreich seien derzeit die einzigen EU-Länder, die "laut und deutlich nach einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen rufen", sagte sie. Schon jetzt richteten die hohen Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine großen Schaden an, sagte Varga demnach. Ungarn sei extrem abhängig von russischen Gas- und Öllieferungen. "Deshalb ist für Ungarn beim Thema Energiesanktionen die rote Linie bereits erreicht", sagte sie den Zeitungen.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko wirft dem russischen Präsidenten gezielten Terror gegen die ukrainische Bevölkerung vor. Kremlherr Wladimir Putin ziele mit seinen Raketen auf die kritische Infrastruktur in der Ukraine - es fehle an Energie und funktionierenden Heizungssystemen, sagte Klitschko, der beim Parteitag der CSU in Augsburg zugeschaltet wurde. "Er will, dass unsere Menschen erfrieren."

"Wir kämpfen im Moment um unser Überleben", betonte der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt. "Wir bitten um Frieden, aber haben im Moment keine andere Chance als Verteidigung." Daher sei er dankbar für die Unterstützung der Partner. Die Ukraine wolle Teil der europäischen Familie sein, sagte Klitschko. Daher forderte er weitere politische Unterstützung und Hilfen - auch in Form von Waffen. Gleichzeitig dankte er den europäischen Ländern dafür, dass dort Menschen aus der Ukraine in Zeiten des Krieges ein Dach über dem Kopf fänden.

Russland hat nach Angaben eines Moskau-treuen Beamten die Verlegung von Zivilisten aus der Region Cherson in russisch kontrolliertes Gebiet beendet. Die Arbeit sei "abgeschlossen", erklärte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef der Halbinsel Krim, Sergej Aksjonow, im Onlinedienst Telegram. Derweil bereiteten sich die ukrainischen Streitkräfte weiter darauf vor, die gleichnamige Stadt in der Region, die gleich zu Beginn des Krieges von russischen Truppen besetzt wurde, zurückzuerobern.

In der Ukraine sind bei den jüngsten russischen Angriffen nach Angaben des Präsidialbüros mindestens vier Zivilisten getötet und zehn weitere verletzt worden. In einer Mitteilung hieß es, die russischen Truppen hätten erneut mehrere Städte beschossen, die dem von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja auf der anderen Seite des Dnipro gegenüberliegen. In Nikopol wurden dabei den Angaben zufolge Dutzende Wohngebäude beschädigt, in den benachbarten Städten Marhanez und Tscherwonohryhoriwka wurden Tausende Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die russische Wirtschaft wird 2022 nach Einschätzung der Zentralbank trotz Sanktionen weniger stark schrumpfen als prognostiziert. Der Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP) werde in diesem Jahr bei 3,0 bis 3,5 Prozent liegen, teilte die Bank in Moskau mit. Bislang war die Bank in ihren Prognosen von einem Rückgang zwischen vier und sechs Prozent ausgegangen. Für das kommende Jahr sei immer noch ein Rückgang des BIP zwischen ein und vier Prozent zu erwarten. Doch werde die russische Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder wachsen. Für 2024 und 2025 rechne die Zentralbank jeweils mit einem Wirtschaftswachstum zwischen 1,5 und 2,5 Prozent.

Die Wirtschaft Russlands leidet unter den westlichen Sanktionen wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die von Präsident Wladimir Putin verkündete Teilmobilmachung werde die Konsumnachfrage und damit auch den Preisauftrieb bremsen, schrieb die Bank nach einer Sitzung ihres Direktorenrates. Für 2022 werde eine Jahresinflationsrate zwischen 12,0 und 13,0 Prozent erwartet.

28.10.2022 • 13:42 Uhr

Ölgigant Exxon meldet Rekordprofit

Der amerikanische Ölkonzern Exxon Mobil hat im dritten Quartal Rekorde gebrochen und einen Nettogewinn von 19,66 Milliarden Dollar eingefahren. Die Einnahmen seien mit 112,07 Milliarden Dollar sogar doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum gewesen, teilte Exxon mit. Exxon profitierte von den auch in den USA seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine stark gestiegenen Benzinpreisen. Zudem wurde erheblich mehr Flüssigerdgas nach Europa und Asien exportiert.

Gestern hatte auch der französische Konzern TotalEnergies für das dritte Quartal eine Steigerung des Nettogewinns auf 6,6 Milliarden Dollar gemeldet, trotz Verlusten wegen eines Rückzugs aus einem Projekt in Russland.

Die EU einigte sich im September auf die Abschöpfung von Zufallsgewinnen von Energieproduzenten, um von hohen Energiepreisen betroffene Haushalte und Unternehmen finanziell zu unterstützen.

Die Ukraine hat bislang mehr als 300 Shahed-136-Drohnen aus dem Iran abgeschossen, wie der Sprecher der ukrainischen Luftstreitkräfte mitteilte. Die Drohnen nehmen seit einiger Zeit eine zentrale Funktion bei russischen Luftangriffen auf die Ukraine ein, insbesondere bei Attacken auf die ukrainische Energieinfrastruktur in den letzten Wochen. Der Iran weißt Vorwürfe der Ukraine und des Westens, die sogenannten Kamikazedrohnen an Russland geliefert zu haben, zurück.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschland auf eine schwierige Zukunft als Folge des russischen Kriegs in der Ukraine eingestimmt. "Es kommen härtere Jahre, raue Jahre auf uns zu", sagte er in einer Grundsatzrede in Berlin. "Die Friedensdividende ist aufgezehrt. Es beginnt für Deutschland eine Epoche im Gegenwind." Zugleich beschwor Steinmeier den "Widerstandsgeist" der Deutschen.

Das Land befinde sich in der tiefsten Krise seit der Wiedervereinigung, sagte Steinmeier. "Wenn wir auf das Russland von heute schauen, dann ist kein Platz für alte Träume", so Steinmeier weiter. "Unsere Länder stehen heute gegeneinander."

Die Bundesrepublik könne in diesen Jahren auf ihre Kraft und Stärke bauen, die sie sich in den vergangenen Jahren erarbeitet habe, sagte Steinmeier weiter. Zu diesen Stärken, die Deutschland bislang geholfen hätten, müsse aber etwas hinzukommen, betonte der Bundespräsident: "Wir müssen konfliktfähig werden, nach innen wie nach außen. Wir brauchen den Willen zur Selbstbehauptung und auch die Kraft zur Selbstbeschränkung."

Russland hat nach Angaben eines von Moskau eingesetzten Beamten die Region Cherson in der Ukraine geräumt und alle Zivilisten in russisch kontrolliertes Gebiet gebracht. Die Arbeit, die Bewohner von der linken Uferseite des Flusses Dnjepr wegzubringen, sei "abgeschlossen", erklärte der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef der Halbinsel Krim, Sergej Aksjonow, im Onlinedienst Telegram.

Die ukrainische Armee erklärte am Freitag, Moskaus "sogenannte Evakuierung" gehe weiter. Die russischen Besatzungsbehörden hatten kürzlich die Bewohner der Region Cherson aufgefordert, auf die rechte Seite des Flusses Dnjepr überzusetzen. Am Mittwoch erklärte der von Russland eingesetzte Verwaltungschef der Region Cherson, Wladimir Saldo, innerhalb einer Woche hätten mehr als 70.000 Zivilisten in der Region ihre Wohnungen verlassen. Die Ukraine verglich das russische Vorgehen mit den "Deportationen" der Sowjetzeit.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der Berliner Migrationsforscher Gerald Knaus hat eine bessere Verteilung ukrainischer Flüchtlinge in der Europäischen Union angemahnt. In dieser Frage sei die EU bislang kaum vorangekommen, sagte der Chef der Denkfabrik European Stability Initiative der „Berliner Zeitung“. Tschechien oder Polen hätten im Vergleich zu Frankreich oder Spanien enorm viele Menschen aufgenommen. Das liege, so Knaus, vor allem an der Visafreiheit, die für Ukrainer seit 2017 besteht. Sie könnten sich also selbst aussuchen, in welches Land sie flüchten.

Angesichts eines möglicherweise bevorstehenden „historischen Fluchtwinters“ brauche es jedoch mehr Verteilung unter den Mitgliedstaaten, sagte der Migrationsforscher. Zugleich forderte Knaus, dass Flüchtlinge besser über die Möglichkeiten ihrer Zielländer informiert werden. Es gebe teilweise kaum noch Möglichkeiten zur Unterbringung“, sagte Knaus.

Die Belastung durch steigende Flüchtlingszahlen entstehe „fast ausschließlich durch den Krieg in der Ukraine“, sagte Knaus. „Weder auf der Balkanroute noch über das Mittelmeer kommen dagegen signifikant viele Geflüchtete. Da wiederholt sich kein 2015.“

28.10.2022 • 10:22 Uhr

Russen kaufen mehr Antidepressiva

In Russland werden seit Beginn des Jahres deutlich mehr Mittel gegen Depressionen gekauft als im Vorjahr. Bis Ende September seien 8,4 Millionen Packungen Antidepressiva im Wert von fünf Milliarden Rubel (umgerechnet gut 80 Millionen Euro) verkauft worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf eine Statistik des Zentrums für perspektivische Technologien.

Der Anstieg bei den verkauften Packungen beläuft sich demnach auf 48 Prozent, bei den Ausgaben sogar auf 70 Prozent. Ob die höheren Verkaufszahlen für Medikamenten gegen Depressionen mit dem im Februar begonnenen Krieg gegen die Ukraine zusammenhängen, ist bislang nicht klar.

Der Statistik zufolge kaufen seit Kriegsbeginn vor allem Menschen in den Großstädten verstärkt Antidepressiva. Pro Kopf ist der Verbrauch in Moskau, St. Petersburg und dem Moskauer Umland am höchsten. Daneben stieg auch der Konsum von Beruhigungstabletten deutlich an.

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im dritten Quartal 2022 überraschend um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal gestiegen. Das gab das Statistische Bundesamt heute in einer ersten Schätzung bekannt. Der Anstieg kommt überraschend: Ökonomen hatten mit einem Rückgang von 0,2 Prozent gerechnet.

Mit dem Wachstum dürfte es aber Experten zufolge angesichts der Energiekrise infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine vorerst vorbei sein. Nach Prognose des Münchner Ifo-Instituts wird die Wirtschaft im laufenden vierten Quartal um 0,6 Prozent schrumpfen.

Gleichzeitig haben Experten der EZB-Geldpolitik heute einen Anstieg der Verbraucherpreise im Euro-Raum um 8,3 Prozent prognostiziert. Das teilte die Europäische Zentralbank (EZB) mit. Im September hatte die Inflation angefacht durch einen massiven Anstieg der Energiepreise im Zuge des Krieges in der Ukraine einen neuen Rekordwert von 9,9 Prozent erreicht.

Die USA betrachten China als ihre größte Herausforderung - trotz des russischen Angriffskriegs in der Ukraine. In der gestern in Washington vorgelegten neuen Verteidigungsstrategie erklärt das Pentagon, dass die Bedrohung durch China entscheidend dafür sei, wie die Streitkräfte ausgerüstet und für die Zukunft geformt werden. Ein Konflikt mit China sei "weder zwangsläufig noch wünschenswert", heißt es in dem Dokument, das Bestrebungen beschriebt, Pekings "Dominanz von Schlüsselregionen" zu verhindern. Letzteres bezieht sich auf den Ausbau der chinesischen Militärpräsenz im Südchinesischen Meer und den zunehmenden Druck Pekings auf Taiwan.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird in dem 80-seitigen Dokument als ernste Bedrohung der USA und ihrer Verbündeten mit Atomwaffen, Cyber-Operationen und Langstreckenraketen bezeichnet. Laut Verteidigungsminister Lloyd Austin könne Russland anders als China systemisch die Vereinigten Staaten auf lange Sicht nicht herausfordern. Dennoch stelle russische Aggression eine "unmittelbare und scharfe Bedrohung" der Interessen und Werte der USA dar.

28.10.2022 • 08:37 Uhr

Kadyrow räumt hohe Verluste ein

Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, hat nach einem Artilleriebeschuss durch ukrainische Truppen hohe Verluste in den eigenen Reihen zugegeben. "Es sind 23 Kämpfer gestorben und 58 verletzt worden", schrieb Kadyrow vergangene Nacht auf seinem Telegram-Kanal.

Ukrainische Quellen hatten Anfang der Woche berichtet, dass eine tschetschenische Einheit im südukrainischen Gebiet Cherson über Fotos in sozialen Netzwerken ihren Standort verraten habe und so durch Artilleriebeschuss getroffen wurde. Normalerweise veröffentlichen russische Offizielle keine Zahlen zu eigenen Gefallenen. In diesem Fall ging es Kadyrow wohl darum, die von ukrainischer Seite genannten noch höheren Zahlen zu relativieren.

Gleichzeitig nutzte der Tschetschenenführer das Eingeständnis zu einem Aufruf an seine Landsleute, sich für den Krieg in der Ukraine mobilisieren zu lassen. Kadyrow hat sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor mehr als acht Monaten als einer der schärfsten Befürworter der blutigen Auseinandersetzung profiliert und auch eigene Einheiten in die Ukraine geschickt. Die russische Armeeführung kritisierte er regelmäßig - oft im Verbund mit dem Finanzier der Söldnereinheiten Wagner, Jewgeni Prigoschin - als zu weich. Kadyrow fordert auch den Einsatz von Atomwaffen gegen die Ukraine.

Wirtschaftliche Sanktionen können einer Studie zufolge dem betroffenen Land erhebliche Schäden zufügen - auch ohne die Beteiligung großer Länder wie etwa China. Das ist ein Ergebnis einer heute veröffentlichten Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Sowohl die 2014 gegen Russland verhängten Maßnahmen wegen der Krim-Besetzung als auch die gegen den Iran 2012 hätten spürbar gewirkt.

Mit Blick auf die in diesem Jahr gegen Russland verhängten Sanktionen ist relevant, dass erhebliche Wohlstandsverluste beim sanktionierten Land auch dann eintreten, wenn nicht alle weltweit wirtschaftlich bedeutenden Länder mitziehen", lautet das Fazit des Mitautors Julian Hinz vom IfW-Forschungszentrum Handelspolitik. Russische Exporte fielen der Untersuchung zufolge dauerhaft um 36 Prozent und die Importe um mehr als 30 Prozent niedriger aus, als es vor den 2014 verhängten Sanktionen der Fall war. Das habe zu einem Wohlstandsverlust von 1,5 Prozent oder von zehn Prozent der Handelsgewinne des Landes geführt.

Russische Geschäftsleute sind nach Angaben der EU-Kommission noch immer in erheblichem Ausmaß in Europa aktiv. Laut einer kürzlich durchgeführten Studie gebe es in Europa fast 31.000 Unternehmen, bei denen die wirtschaftlichen Eigentümer aus Russland stammten, heißt es in einem neuen Bericht zu Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Tätig seien sie vor allem in der Immobilien-, Bau- und Hotelbranche sowie im Finanz- und Energiesektor.

Mindestens 1400 dieser Unternehmen haben dem Bericht zufolge Eigentümer, gegen die jüngst Sanktionen verhängt wurden. Konkret geht es demnach um 33 Personen. Zugleich wird darauf hingewiesen, dass einige Oligarchen ihr Eigentum an oder ihre Kontrolle über Unternehmen durch in Drittländern eingetragene zwischengeschaltete Gesellschaften oder lokale nominelle Anteilseigner verschleiern könnten.

28.10.2022 • 04:22 Uhr

USA planen neue Waffenlieferungen

Die USA planen offenbar weitere Waffenlieferungen an die Ukraine. Medienberichten zufolge soll das neue Paket einen Umfang von 275 Millionen US-Dollar haben und unter anderem aus weiteren HIMARS-Raketenwerfern sowie Munition für sie bestehen.

Das Weiße Haus wollte die Details des Pakets nicht bestätigen, der Nationale Sicherheitsberater John Kirby sagte aber, das neue Waffenlieferungen "sehr, sehr bald" bekannt gegeben würden.

Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar hat die russische Armee nach ukrainischer Zählung mehr als 8000 Luftangriffe geflogen und 4500 Raketen abgefeuert. Das sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Allein innerhalb der vergangenen zwei Tage habe es 30 russische Angriffe mit iranischen Drohnen gegeben, von denen 23 abgeschossen worden seien.

"Russlands einzige Taktik ist der Terror", sagte Selenskyj und das könne nur zu einer Niederlage führen. Angesichts der Stromabschaltungen im Zuge der zerstörten Energieinfrastruktur meinte er, dunkel sei nicht ein Leben ohne Licht, sondern ohne Freiheit. Auch den harten Winter würden die Ukrainer überstehen. "Wir haben keine Angst vor der Dunkelheit."

"Die Form des Bösen hat sich gewandelt, aber das Wesen ist unverändert", erklärte er weiter und verglich dabei den Kampf gegen die russischen Besatzer mit dem Widerstand gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg.

Die Internationale Atomenergieagentur IAEA will noch in dieser Woche zwei Atomanlagen in der Ukraine überprüfen. Um die Überprüfung hatte die Ukraine gebeten. Hintergrund sind die wiederholten Anschuldigungen Russlands, die Ukraine würde die Explosion einer mit radioaktivem Material versetzten "schmutzigen Bombe" planen und dafür Kernmaterial abzweigen. Die Ukraine und westliche Regierungen wiesen die Anschuldigungen vehement zurück, Belege legte Russland nicht vor.

Ziel der IAEA-Kontrollbesuche in dieser Woche ist es der IAEA zufolge, mögliche nicht deklarierte atomare Aktivitäten und Materialien aufzuspüren. Einer der beiden Standorte sei vor einem Monat inspiziert worden, wobei keine nicht-deklarierten atomaren Aktivitäten oder Materialien entdeckt worden seien. IAEA-Chef Rafael Grossi sagte, die IAEA-Inspektoren würden eine unabhängige Überprüfung an diesen Standorten durchführen, um jede Abzweigung von Kernmaterial, das der Sicherungsüberwachung unterliege, jede nicht deklarierte Produktion oder Verarbeitung von Kernmaterial aufzudecken.

Nach den Drohungen Russlands, US-Satelliten abzuschießen, haben die USA Moskau vor solchen Angriffen gewarnt. Putin erneuert seine Vorwürfe gegen den Westen. Die Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen.