Menschen in Tel Aviv halten Plakate mit Bildern von Hamas-Geiseln
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Krieg in Nahost ++ Offenbar Fortschritte bei Geiselverhandlungen ++

Stand: 24.02.2024 22:21 Uhr

Bei den Verhandlungen über eine Feuerpause und über die Freilassung weiterer Geiseln sind laut Medien "bedeutende Fortschritte" erzielt worden. Brasiliens Präsident Lula bezichtigt Israel abermals des Völkermordes. Der Liveblog zum Nachlesen.

  • Brasiliens Präsident wiederholt Vorwurf des Völkermordes
  • Lage der Menschen in Gaza spitzt sich zu
  • Israelische Armee: Hamas längst nicht bezwungen
  • Angriff der Huthi auf Frachter verursacht Schäden
  • Tote bei israelischem Luftangriff
24.02.2024 • 22:21 Uhr

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In Israel haben Tausende Menschen in mehreren Städten für die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas und gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu demonstriert. "Ich fordere die am meisten gescheiterte Regierung in der Geschichte (Israels) auf: Tretet ab!", rief ein Reserve-Offizier, der im Gaza-Krieg verwundet wurde, in seiner Rede auf der größten Kundgebung in der Küstenmetropole Tel Aviv. 

Teilnehmer des Protests dort trugen Transparente mit der auf Netanyahu gemünzten Aufschrift "Du bist der Leader! Du bist schuld!". Eine wachsende Zahl von Kritikern wirft dem Regierungschef vor, das Land vor und nach dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas und anderer extremistischen Gruppen auf den Süden Israels am 7. Oktober schlecht regiert zu haben. Die Kritiker beschuldigen ihn, bei wichtigen Entscheidungen alles dem eigenen politischen Vorteil unterzuordnen.

In Tel Aviv versuchte eine Gruppe von Regierungsgegnern, eine Schnellstraße zu blockieren. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Demonstranten von dort zu vertreiben, wie Medien berichteten. Weitere Kundgebungen gab es am Samstag unter anderem in Jerusalem, Haifa, Beerscheba und in Caesarea vor einer privaten Villa Netanyahus. 

Protest gegen die Regierung in Israel

Das israelische Kriegskabinett soll noch heute von den Unterhändlern, die in Paris vermittelte Gespräche über einen möglichen Waffenstillstand im Gazastreifen geführt haben, über den Sachstand unterrichtet werden. Das sagte der nationale Sicherheitsberater von Premierminister Benjamin Netanyahu. Beobachter werten das als wichtigen Schritt: Dass die Unterhändler nach dem Treffen mit Vertretern aus Katar, Ägypten und den USA eine abendliche Sitzung des Kriegskabinetts ansetzen, zeige, dass sie nicht mit leeren Händen zurückgekommen seien.

Bei den Verhandlungen über eine Feuerpause im Gaza-Krieg und über die Freilassung weiterer Geiseln sind Berichten zufolge "bedeutende Fortschritte" erzielt worden. Die Gespräche zwischen Vermittlern aus Katar, Ägypten und den Vereinigten Staaten sowie einer Delegation aus Israel in Paris seien "sehr gut" gelaufen - das meldet die israelische Zeitung "Haaretz" unter Berufung auf Personen, die mit den Einzelheiten des Treffens vertraut sein sollen. Noch vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan könne eine Einigung erzielt werden, zitierte die Zeitung einen ausländischen Diplomaten. Der Ramadan beginnt in diesem Jahr am 10. März. 

Eine israelische Delegation hat am Freitagabend in Paris die Vertreter Ägyptens, Katars und der USA getroffen. Dabei sei eine aktualisierte Fassung für ein Abkommen über eine Feuerpause und die Freilassung von Geiseln erarbeitet worden, meldeten mehrere israelische Medien. Laut der "Jerusalem Post" soll diese nun dem Kriegskabinett in Israel vorgelegt werden. 

Die erzielten Fortschritte erlaubten jetzt Verhandlungen über Einzelheiten des Deals, schrieb das Blatt ebenfalls unter Berufung auf mit den Gesprächen vertraute Personen. Gemeint ist demnach etwa die Anzahl der palästinensischen Häftlinge, die im Gegenzug für die aus Israel entführten Geiseln freigelassen werden könnten. Zunächst müssten die Vermittler aber die Hamas dazu bringen, dem neuen Gerüst für einen Deal zuzustimmen, hieß es weiter.

Die indirekten Verhandlungen verliefen in den vergangenen Wochen schleppend. Israel sprach beispielsweise von Maximalforderungen der Hamas wie einen dauerhaften Waffenstillstand und weigerte sich, darauf einzugehen. Die Islamisten sollen Berichten zufolge aber zuletzt ihre Forderungen heruntergeschraubt haben.

ARD Tel Aviv, tagesschau, 24.02.2024 14:51 Uhr

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat den israelischen Streitkräften im Gazastreifen erneut Völkermord vorgeworfen. "Was die Regierung des Staates Israel tut, ist kein Krieg, es ist Genozid", sagte er in Rio de Janeiro. "Kinder und Frauen werden ermordet." Er sei für die Gründung eines freien und souveränen palästinensischen Staates. "Möge dieser palästinensische Staat in Harmonie mit dem Staat Israel leben", sagte der linke Staatschef. 

Lula hatte am vergangenen Wochenende für einen diplomatischen Eklat gesorgt, als er den israelischen Militäreinsatz in Gaza mit dem Holocaust verglich. "Was im Gazastreifen mit dem palästinensischen Volk geschieht, hat es zu keinem anderen Zeitpunkt in der Geschichte gegeben. Beziehungsweise hat es das schon gegeben: Als Hitler beschloss, die Juden zu töten", sagte er beim Gipfeltreffen der Afrikanischen Union in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba. 

Daraufhin erklärte ihn Israels Außenminister Israel Katz zur unerwünschten Person und zitierte den brasilianischen Botschafter in die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Die Regierung in Brasilien bestellte ihrerseits den israelischen Botschafter ein und rief ihren Vertreter in Israel zu Konsultationen zurück. 

"Niemand wird unser Volk trennen - nicht einmal du, Lula", schrieb der israelische Außenminister Katz auf der Nachrichtenplattform X, ehemals Twitter, über einem gemalten Bild, das Israelis und Brasilianer Arm in Arm zeigt. Katz hatte von Lula zudem eine Entschuldigung gefordert und verlangt, dass er seine Äußerungen zurücknimmt. Das lehnte Lula nun ab. "Ich werde meine Würde nicht gegen eine Lüge eintauschen", sagte er.    

Die heftigen Kämpfe im Gazastreifen gehen israelischen Armeeangaben zufolge weiter. "Im Laufe des vergangenen Tages seien mehrere Terroristen bei Luftangriffen und Zusammenstößen am Boden getötet worden", teilte das Militär mit. Truppen hätten zudem zahlreiche Waffen und Dokumente der Hamas sichergestellt.

Intensive  Kämpfe gab es den Angaben nach etwa in Chan Junis, der größten Stadt im Süden des Küstengebiets. Soldaten hätten dort am Freitag "zahlreiche Terroristen mit präzisem Scharfschützenfeuer getötet". In Al-Saitun, einem Viertel der Stadt Gaza, habe eine Gruppe versucht, eine Rakete auf die israelischen Soldaten zu feuern, teilte das Militär weiter mit. Ein "Fluggerät zielte auf die Terroristen und tötete sie." Die Truppen setzten ihre Aktivitäten in dem Gebiet fort, hieß es weiter. Die Angaben des Militärs konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nachdem die Vereinten Nationen keine Nahrungsmittel mehr in den Norden des Gazastreifens liefern, weil es zu gefährlich ist, spitzt sich die Situation der palästinensischen Bevölkerung dort zu. Auch im Süden Gazas wird die Situation der Menschen immer prekärer.

Israels Armee habe nach eigener Einschätzung der Hamas seit Beginn des Krieges vor fast fünf Monaten zwar einen schweren Schlag versetzt, indem sie Kommandeure getötet, Tunnel zerstört und Waffen beschlagnahmt habe, meldete die New York Times am Freitag.  Doch das Ziel von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, die Hamas zu vernichten, bleibe nach Ansicht amtierender und ehemaliger israelischer Sicherheitsbeamter in weiter Ferne.

"Ist es möglich, dass diese Mission meinen Kindern hinterlassen wird? Die Antwort ist Ja", zitierte die Zeitung einen Beamten des israelischen Militärgeheimdienstes. Während der jüngsten Kämpfe habe die Hamas nach Ansicht israelischer Analysten direkte Konfrontationen mit israelischen Einheiten vermieden, was Israel als Zeichen der Schwäche gewertet habe, schrieb die Zeitung. Andere Experten seien indes der Meinung, dass die Hamas einen Grund für diese Strategie habe. Sie sei demnach überzeugt, dass es einen Sieg bedeuten würde, wenn ein nennenswerter Teil ihrer militärischen Stärke den Krieg überleben würde. 

Ein Angriff der jemenitischen Huthi-Miliz hat ein Schiff schwer beschädigt und nach Angaben des US-Militärs einen Ölteppich verursacht. Wie das US-Zentralkommando mitteilte, liege der Frachter "Rubymar" vor Anker, nehme durch die Schäden aber langsam Wasser auf. Der Ölteppich sei auf einer Länge von 29 Kilometern entstanden. Huthis hätten die "Rubymar" am vergangenen Sonntag im Golf von Aden angegriffen. Das Schiff habe mehr als 41.000 Tonnen Düngemittel geladen, hieß es weiter.

Bei einem israelischen Luftangriff auf ein Wohnhaus im Gazastreifen sollen 25 Menschen getötet worden sein. Unter den Opfern des Angriffs in der zentral gelegenen Stadt Deir al-Balah seien 16 Frauen und Kinder, teilten Vertreter eines Krankenhauses in der Stadt mit. Mindestens 50 weitere Menschen seien verletzt worden.

US-Außenminister Blinken äußert sich "enttäuscht" über Israels Pläne zum Ausbau von Siedlungen im Westjordanland. Die UN fordern, Menschenrechtsverletzungen in den Palästinensergebieten und Israel aufzuarbeiten. Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 24. Februar 2024 um 12:51 Uhr.