Kommentar Für Merkel ist NRW wichtiger als Europa
"Madame No", wie Kanzlerin Merkel in Brüssel inzwischen genannt wird, hat sich mit ihrem Griechenland-Plan durchgesetzt. Damit hat sie bewiesen, dass ohne sie in der EU nichts geht, aber auch, dass für sie Innenpolitik wichtiger ist als der europäische Gemeinschaftsgedanke, findet Birgit Schmeitzner.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkkorrespondentin Brüssel
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bewiesen: Ohne sie, oder vielleicht besser ohne Deutschland geht in der EU nichts. Das größte Mitgliedsland, die stärkste Volkswirtschaft in der europäischen Union, muss eingebunden sein. Das ist eigentlich Balsam für die deutsche Seele.
Das Problem in diesem Fall ergibt sich aber aus der Frage: Warum hat Merkel so taktiert, gegen den Widerstand fast aller anderen Länder ihre Linie durchgeboxt? Warum hat sie sich so vehement gegen eine rein innereuropäische Lösung gestemmt und darauf bestanden, dass der Internationale Währungsfonds mit ins Boot geholt wird?
Wichtigstes Argument war der Wahlkampf
Sie tat es nicht als überzeugte Europäerin, in Abstimmung mit allen Partnern. Für sie war die deutsche Innenpolitik das wichtigste Argument. Die Umfragewerte für die schwarz-gelbe Koalition sinken und die Angst sitzt tief, dass man so kurz vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen Wähler vergrätzt. Die Regierung will den Bürgern nur ja nicht sagen: Wir wollten die gemeinsame Währung Euro, das galt für gute aber eben jetzt auch für schlechte Zeiten. Und deshalb müssen wir jetzt auch für die Griechen zahlen.
Merkel hat also auf Wählerstimmen geschielt. Das ist selten ein guter politischer Ratgeber (wie wir es gerade auch wieder bei der Diskussion erleben, ob das unselige Versprechen, Steuern zu senken, umgesetzt wird - ob das Geld dafür da ist oder nicht).
Einheitsgedanke ist angezählt
Für die deutsche Europapolitik heißt es: der Gedanke des europäischen Einheitsgedankens ist angezählt. Es gibt Lippenbekenntnisse, einander beizustehen - aber zugleich tut man alles, um den Ernstfall auszuschließen. Merkel hat gesagt, ein guter Europäer handelt nicht übereilt, sondern hat den stabilen Euro im Blick. In diesem Fall hatte sie aber etwas anderes im Blick: sich selbst.