Der Fussballplatz im Ahrtahl wird eingeweiht.
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PR für Katar in Deutschland Kritik unerwünscht  

Stand: 15.11.2022 18:00 Uhr

Kurz vor der WM präsentiert sich Katar als Wohltäter, mit Spenden auch für das flutgeschädigte Ahrtal. Recherchen von Report Mainz zeigen: Katar wollte dabei Kritik verhindern, dies sogar mit Hilfe von Fußballfunktionären.

Von David Meiländer und Anna Stradinger , SWR

Ein dankbarer PR-Termin: Kinder, die lächelnd in die Kameras schauen. Der zweite Sekretär der katarischen Botschaft, Ahmad Al-Hay, besucht den kleinen Ort Hönningen im Ahrtal. Dieser wurde im Juli 2021 von der Flut verwüstet.

Das Emirat Katar spendete eine Million Euro an eine Stiftung des Fußballverbandes Rheinland. Dafür sollen im Ahrtal Minifußballfelder entstehen. Am vergangenen Sonntag wird das erste eingeweiht. Den Termin plante Walter Desch mit. Er ist Vorsitzender der Stiftung, an die das Geld geflossen ist.

Für seinen Gast zeigt er an diesem Vormittag viel Verständnis, auch mit Blick auf in vielen Medien erhobene Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen in Katar. "Ich habe mitbekommen und mich informiert, dass auch Frauen sehr wohl Rechte haben", ruft Desch auf offener Bühne. "Und zwar auch in Führungspositionen, wie ich gesehen habe." Der Botschaftssekretär nickt. Besser könnte es gar nicht laufen.

"Sie wollten gute Presse"

Desch sagt, er habe sich intensiv mit Katar beschäftigt. Das erste Gespräch mit Vertretern der katarischen Botschaft ist ihm noch gut in Erinnerung: Die Männer hätten perfektes Deutsch gesprochen und Anzüge getragen.

Die öffentlichkeitswirksamen Termine im Ahrtal seien den katarischen Diplomaten ein besonderes Anliegen gewesen. So sei es bei ihm angekommen: "Sie wollten gute Presse und natürlich auch, das war ein wichtiger Punkt, dass wir Katar dann sehr positiv darstellen für die Weltmeisterschaft." Er habe sich drauf eingelassen, habe das Geld fürs flutgeschädigte Ahrtal haben wollen. Auf Nachfrage, ob er sich zum Instrument einer katarischen PR gemacht habe, antwortet er "Ja" und er "akzeptiere das". 

Warnung vor Katar und der PR-Arbeit des Landes

Katar hat ein Imageproblem. Menschenrechtsorganisationen sprechen von schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen, von Schwulen und Lesben, die in dem reichen Wüstenstaat um ihre Freiheit fürchten müssen.

Ahmad Mansour

Experte Mansour warnt, Katar wolle sein Image reinwaschen.

Ahmad Mansour, Extremismusexperte und Buchautor, warnt vor dem Emirat, das noch immer ein Zentrum für den politischen Islam sei: "Wir dürfen nicht vergessen: Ein politischer Islam ist Islamismus und der hat das Ziel in Europa, auch unsere Gesellschaft zu unterwandern", sagt er. Das Land investiere viel Geld in PR- und Lobbyarbeit, um sich jetzt vor der WM von alldem reinzuwaschen. 

Lobbyisten im Auftrag von Katar in Deutschland

Auch im Ahrtal hatten die Katarer Hilfe. Desch erinnert sich: Bei den Gesprächen über die Spende im Ahrtal war immer ein weiterer Mann dabei: der Geschäftsführer einer bekannten Lobbyagentur. Er habe den Deal mit eingefädelt, behauptet Desch. Auch am Sonntag ist der Lobbyist mit dabei. Dieser erklärt auf Anfrage, sich zu Mandaten nicht äußern zu wollen.

Der Fussballplatz im Ahrtahl wird eingeweiht.

Bei der medienwirksamen Einweihung des Fussballplatzes im Ahrtal war der zweite Sekretär der katarischen Botschaft, Al-Hay, anwesend.

Bei der Spende fürs Ahrtal ging es noch um etwas anderes: Denn das Geld, das Katar spendete, ging an die Stiftung "Fußball hilft!", die ehemalige "Theo-Zwanziger-Stiftung", ursprünglich benannt nach dem früheren DFB-Präsidenten, einem der bekanntesten Kritiker Katars. In der Vergangenheit hatte er den Golfstaat als "Krebsgeschwür des Weltfußballs" bezeichnet.

Laut Dokumenten, die dem ARD-Politikmagazin Report Mainz vorliegen, ging es darum, Zwanziger dazu zu bringen, sich nicht kritisch zur Spende des Golfstaats an die Stiftung des Fußballverbands Rheinland zu äußern.

Kritische Aussagen "absolut kontraproduktiv"

In einer Gesprächsnotiz eines Treffens vom 30. März 2022 zwischen katarischen Diplomaten und dem Fußballverband Rheinland heißt es, eine kritische Äußerung Zwanzigers sei "absolut kontraproduktiv" für das Engagement Katars. Es bestehe die Gefahr eines "kommunikativen Störfeuers". Dem Dokument zufolge wurde anschließend beschlossen, mit Zwanziger ein Gespräch zu führen, "um auszuloten, ob er bereit wäre, zu diesen Aktivitäten keine kritischen Statements in den Medien abzugeben".

Der Präsident des Fußballverbands Rheinland, Eibes, sagte Report Mainz, er habe sich wenige Tage später mit Zwanziger getroffen. Er habe Zwanziger nicht unter Druck gesetzt, sondern ihn nur nach seiner Haltung zum Spendendeal gefragt: "Ich habe ihm lediglich die Frage gestellt, wie er sich verhält, wenn die Stiftung das Geld annimmt. Und er hat daraufhin geantwortet, dass er - da er mit der Stiftung nichts mehr zu tun habe - sich dazu auch nicht äußern würde."

Eibes ist neben seinem Amt im Fußballverband Rheinland auch Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich. Zwanziger ließ Fragen von Report Mainz unbeantwortet. Er hat äußerte sich vereinzelt kritisch zur Spende im Ahrtal. Auch die katarische Botschaft antwortete nicht auf die Fragen von Report Mainz.