Ein Soldat hält seine Hände hinter dem Rücken zusammen
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Offizierschule der Luftwaffe Dozent wegen rechtsradikaler Aussagen gekündigt

Stand: 03.03.2023 06:00 Uhr

Die Bundeswehr hat einem Oberstleutnant der Reserve gekündigt, der sich vor Offiziersanwärtern rechtsradikal geäußert haben soll. Zudem soll es Hinweise auf Kontakte zu "Reichsbürgern" geben.

Von Reiko Pinkert, NDR

Seit Jahren gerät die Bundeswehr immer wieder wegen rechtsradikaler Vorfälle in die Schlagzeilen. Und seit Jahren versucht die Bundeswehr, gegen Soldatinnen und Soldaten vorzugehen, die sich "ausländer- und fremdenfeindlich" äußern oder sogar in rechten und neonazistischen Netzwerken aktiv sind. Auch gegen Reservistinnen und Reservisten, bei denen man Zweifel an der Verfassungstreue hat, geht die Bundeswehr vor.

Laut einer Sprecherin der Bundeswehr in Köln wurden allein im Jahr 2022 insgesamt 515 Reservistinnen und Reservisten aus dem Dienst entlassen. Gründe dafür waren zum Beispiel Strafverfahren, bei denen Haft drohte oder dass das Ansehen der Bundeswehr ernsthaft gefährdet gewesen sei. Aktuell stehen der Bundeswehr etwa 900.000 Soldatinnen und Soldaten der Reserve zur Verfügung. 

Als Dozent an der Offizierschule der Luftwaffe

Einer dieser im Jahr 2022 entlassenen Reservistinnen und Reservisten war nach Informationen des NDR zuletzt als Dozent an der Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck tätig. Der Oberstleutnant der Reserve, Joachim M., wurde Anfang Dezember 2022 entlassen, weil seine "diskriminierenden, unwürdigen und ehrverletzenden" Äußerungen sowie sein Aufruf zu Auflehnung und Revolution laut Bundeswehr eine ernsthafte Gefahr der militärischen Ordnung darstellen würden. Das geht aus internen Bundeswehrdokumenten hervor, die der NDR einsehen konnte.

Der Mann soll bei einem Seminar im Mai vergangenen Jahres die Lehrgangsteilnehmer gefragt haben, ob "hier Schwule" dabei seien und ob einer der anwesenden Offiziersanwärter ein "schwules Kommunistenschwein" sei. Tage später habe der Soldat einen schwarzen Offiziersanwärter rassistisch beleidigt.

Aufruf zur Revolution

Außerdem soll der Dozent im Seminar behauptet haben, dass die Bundeswehr vor die Wand gefahren werde. Für ihn hätten die angehenden Offiziere nur zwei Optionen: "Entweder ihr startet eine Revolution, oder ihr könnt den Laden auflösen." Darüber hinaus habe er die Bundeswehr als "Verein von Ja-Sagern und Verhinderern" bezeichnet, in dem er kein Soldat sein möchte. Die Äußerungen sollen unabhängig voneinander von Zeugen bestätigt worden sein.

Laut interner Dokumente gab es 2022 beim Karrierecenter der Bundeswehr Hinweise, wonach es Verbindungen zwischen Joachim M. und einer "Reichsbürger"-Gruppierung gäbe. Joachim M. dementiert Kontakte zu "Reichsbürgern" und bestreitet, dass er homophobe Äußerungen im Seminar getätigt und zur Revolution aufgerufen habe. Er habe lediglich in anderer Wortwahl Kritik äußern wollen. Dem NDR schreibt er, dass er sich für die rassistische Äußerung entschuldigt habe.

Joachim M. war bis zum Jahr 2000 Berufssoldat und in seiner Tätigkeit als Lehrstabsoffizier für Innere Führung und Pädagogik unter anderem für die dienstrechtliche Gleichstellung homosexueller Soldaten zuständig. Seit seinem freiwilligen Ausscheiden als Berufssoldat leistete er etliche Dienste als Reservist.

Terrorverfahren des GBA

In den internen Bundeswehrdokumenten wird auch ein Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts (GBA) gegen Joachim M. aufgeführt. Danach soll der Mann mit weiteren Beschuldigten geplant haben, eine Söldnergruppe aufzubauen, um im Jemen-Krieg einzugreifen. Der GBA ermittelte gegen die Gruppe wegen der Verabredung zu Mord, Geiselnahme und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Tateinheit mit der versuchten Gründung einer terroristischen Vereinigung. Zwei der Beschuldigten sind mittlerweile zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Gegen den benannten Oberstleutnant der Reserve ist das Verfahren hingegen eingestellt worden.

Für Asgaard im Irak tätig

Die Bundeswehr hat Joachim M. auch entlassen, weil er in der Vergangenheit für das Sicherheitsunternehmen Asgaard gearbeitet hat. M. war 2017 für das Unternehmen im Irak in leitender Funktion tätig. Laut internen Dokumenten hat die Firma Asgaard aus Sicht der Bundeswehr "rechtsradikale Bezüge", und der Geschäftsführer sei "erkennbar dem rechtsextremen Spektrum" zuzuordnen.

Dirk Gassmann, Geschäftsführer der Firma, spricht in seiner Antwort auf eine Anfrage des NDR von haltlosen und unwahren Unterstellungen. Das Unternehmen war 2020 unter anderem wegen angeblicher Anschlagspläne auf eine Politikerin der Linkspartei ins Visier der Behörden geraten. Der GBA ermittelte wegen Planung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Das Verfahren wurde aus "tatsächlichen Gründen", wie es in dem Einstellungsvermerk heißt, eingestellt.

Die Bundeswehr wollte sich auf Anfrage zu der Entlassung des Reservisten mit Verweis auf datenschutzrechtliche Gründe nicht äußern.

Benedikt Strunz, Benedikt Strunz, NDR, 03.03.2023 06:14 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 03. März 2023 um 09:40 Uhr.