Steffen Seibert

Deutscher Botschafter in Israel Offenbar doch keine Beschwerde über Seibert

Stand: 18.09.2023 15:04 Uhr

Am Morgen hieß es, Israel habe offiziell Beschwerde gegen den deutschen Botschafter Seibert eingelegt. Doch das stimmt offenbar nicht. Das Auswärtige Amt hat inzwischen entsprechende Berichte dementiert.

Die Berichte über den Eingang einer offiziellen Beschwerde Israels über den deutschen Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert, sind offenbar falsch. Das Auswärtige Amt teilte dem ARD-Studio Tel Aviv mit, man könne "die Medienberichte bezüglich einer offiziellen Beschwerde des israelischen Außenministeriums […] nicht bestätigen".

Seibert bei Anhörung über Justizreform

Botschafter Seibert hatte in der vergangenen Woche als Zuschauer an einer Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof Israels zu einem Teil der umstrittenen Justizreform teilgenommen. In einer kurzen Videobotschaft auf der Plattform X, vormals Twitter, hatte er auf Hebräisch gesagt, er wolle sich die Anhörung ansehen, denn es passiere "etwas Wichtiges für Israels Demokratie".

In der Anhörung war es um die von der Regierung vorangetriebene Justizreform gegangen, die unter anderem zum Ziel hat, die Kompetenzen des Obersten Gerichtshofes einzuschränken. Gegner der Reform sehen das als eine Gefahr für Israels Demokratie, denn das Oberste Gericht gilt als einzige Kontrollinstanz bei Entscheidungen der Regierung. Vor allem der Schutz von Minderheiten und die Wahrung grundlegender Rechte gelten durch die Reform als bedroht.

Die Nachrichtenagentur dpa zitiert einen nicht näher benannten "israelischen Repräsentanten", der die Anwesenheit und die Äußerungen Seiberts als Einmischung in die inneren Angelegenheiten Israels wertete.

Seibert im Fokus von Rechtskonservativen

Im Auswärtigen Amt in Berlin verweist man dagegen darauf, dass das Verfolgen relevanter, auch innenpolitischer Entwicklungen, "eine zentrale Aufgabe von Diplomatinnen und Diplomaten" sei.

Die israelische Botschaft in Berlin teilte dem ARD-Studio Tel Aviv auf Anfrage mit, ein hoher Diplomat habe auf Anweisung des israelischen Außenministers mit Botschafter Seibert gesprochen und den Protest zum Ausdruck gebracht. Ähnliche Botschaften seien auch von der israelischen Botschaft in Berlin an das Auswärtige Amt übermittelt worden. Das Auswärtige Amt blieb auf erneute Nachfrage bei seiner Stellungnahme.

Seibert, lange Jahre Regierungssprecher in Berlin und nun Deutschlands Botschafter in Tel Aviv, war zuvor bereits bei anderen Gelegenheiten in den Fokus der in Teilen rechtsextremen israelischen Regierung geraten. Im Frühjahr hatte er an einem gemeinsamen Gedenken israelischer und palästinensischer Familien teilgenommen. Im Anschluss war es unter anderem zu lautstarken Protesten durch eine rechtsextreme Gruppe vor seiner Residenz gekommen.

Rechtsextreme in der Regierung

Die deutsch-israelischen Beziehungen gelten durch die amtierende Regierung Israels als belastet. Deutschland setzt sich weiterhin für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt ein. Doch in den vergangenen Monaten wurde der Ausbau der Siedlungen in den besetzten Gebieten noch einmal beschleunigt. Dort häufen sich auch Menschenrechtsverletzungen. Minister der Regierung haben Palästinensern öffentlich grundlegende Rechte abgesprochen.

Premier Benjamin Netanyahu hatte Ende letzten Jahres eine Regierung mit ultrareligiösen und nationalreligiösen Partnern gebildet. Rechtsextreme Politiker bekleiden seitdem wichtige Ministerämter. Von einer Wiederaufnahme der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen kann in dieser Konstellation keine Rede sein.

Jan-Christoph Kitzler, ARD Tel Aviv, tagesschau, 18.09.2023 11:57 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. September 2023 um 13:00 Uhr in den Nachrichten.