
Sanktionen gegen Russland Bessere Umsetzung dank neuem Gesetz?
Im Zuge der Sanktionen gegen Russland haben deutsche Banken bislang 125 Millionen Euro eingefroren. Von erfolgreicher Umsetzung der Maßnahmen will aber niemand sprechen. Ein neues Gesetz soll helfen. Von P. Eckstein.
Im Zuge der Sanktionen gegen Russland haben deutsche Banken bislang 125 Millionen Euro eingefroren. Von erfolgreicher Umsetzung der Maßnahmen will aber niemand sprechen. Ein neues Gesetz soll Abhilfe schaffen.
Als Ende Februar im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine umfangreiche Sanktionen verhängt wurden, sah sich die Bundesregierung gut vorbereitet. Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mehrfach mit, es gebe etablierte Strukturen und Prozesse, die Behörden hätten Erfahrung bei der Durchsetzung von Sanktionen.
Doch während andere EU-Staaten schnell erste Erfolge meldeten, etwa bei der Beschlagnahme von Luxusjachten sanktionierter Oligarchen, konnte Deutschland wochenlang öffentlich nichts vorweisen. Zahlreiche Medien berichteten kritisch über vermeintlich unklare Zuständigkeiten und Behörden, die die Verantwortung hin- und herschoben.
Wohl auch als Reaktion darauf kündigte die Bundesregierung Mitte März an, eine Taskforce einzurichten, um eine effektive Durchsetzung der Sanktionspakete sicherzustellen.
"Eine Reihe von Schwachstellen"
In den ersten Wochen ihrer Arbeit konnte allerdings auch die Taskforce öffentlich keine Ergebnisse präsentieren. Vergangene Woche wurde Bundeskanzler Olaf Scholz darauf im Bundestag angesprochen. Er sagte: "Haben wir alle notwendigen Instrumente, um aktiv so handeln zu können, wie wir das gerne wollen? Und die Antwort darauf lautet: nein."
Kurz zuvor hatte die Taskforce dem Bundeskabinett einen Bericht vorgelegt. Darin schildert sie, dass sie "in der bisherigen Arbeit eine Reihe von Schwachstellen identifiziert" habe. Ein zentrales Problem sei, "dass es keine eigenständigen Rechtsgrundlagen für die Vermögensermittlung im Sanktionsbereich gibt". Dies führe dazu, dass die Behörden "auf allgemeine Rechtsgrundlagen zugreifen müssen, die nicht für den Sanktionsbereich ausgelegt sind".
Die Taskforce, die vom Bundesfinanz- und dem Bundeswirtschaftsministerium geleitet wird, soll jetzt ein Sanktionsdurchsetzungsgesetz erarbeiten, das diese Mängel behebt. So soll für die Vermögensermittlung im Sanktionsbereich eine eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen werden. Zudem soll der Datenaustausch zwischen Behörden verbessert werden, "insbesondere um Umgehungsfällen zu begegnen, in denen Vermögen verschoben oder verschleiert" werden, so ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums.
Wissler: Hätten Maßnahmen schon vor Jahren gebraucht
Die Parteivorsitzende der Linken, Janine Wissler, sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, diese Maßnahmen "hätten wir schon vor Jahren gebraucht". Es gebe schon lange Berichte darüber, dass in Deutschland "systematisch Vermögensbestände auch verschleiert werden können".
Jetzt sei es entscheidend, was in dem Gesetzentwurf stehe und wann er komme. Die Regierung müsse den Entwurf schnell vorlegen, und dabei dürfe es "nicht nur um russische Oligarchen" gehen, sondern auch um "deutsche Staatsbürger und andere Staatsbürger, die natürlich Geld auch verstecken" - und zwar nicht nur vor Sanktionen, sondern vor allem auch vor den Finanzämtern.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei im Zoll, Frank Buckenhofer, begrüßte das Vorhaben ebenfalls grundsätzlich. Er fordert, dass die Zuständigkeiten besser geregelt werden: Es brauche "klare Verantwortlichkeiten, damit man am Ende auch jemanden hat, dem man sagen kann: 'Du hast es gemacht, du hast es gut gemacht oder eben nicht gut gemacht.'" Buckenhofer und seine Gewerkschaft fordern bereits seit längerem die Einrichtung einer spezialisierten Finanzpolizei mit eigenen Befugnissen.
Vieles noch unklar
Wie weitreichend das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung letztlich wird, ist noch unklar. Bislang sind nur wenige Details bekannt. Eine Frage des ARD-Hauptstadtstudios zum Zeitplan beantwortete das Bundeswirtschaftsministerium diese Woche nicht.
Im Bundestag hatte Scholz vergangene Woche dazu gesagt, es sei nicht nur ein rechtliches Unterfangen, "sondern auch ein großes technologisches Unterfangen, das nicht von einem Tag auf den anderen bewältigt werden kann". Die Bundesregierung "habe es auf der Agenda" und verfolge es mit großem Nachdruck, "nicht nur wegen der aktuellen Situation, aber natürlich wegen der unbedingt auch".
Erste Erfolge
Mittlerweile konnte die Taskforce erste Erfolge vermelden. So konnte am Mittwoch in Hamburg eine Luxusjacht ablegen, nachdem geklärt wurde, dass der Eigentümer auf keiner Sanktionsliste steht. Eine andere Jacht, die mehrere Hundert Millionen Euro teure "Dilbar", darf den Hamburger Hafen hingegen vorerst nicht mehr verlassen. Sie sei "nun rechtssicher festgesetzt und dauerhaft an einem sanktionswidrigen Auslaufen gehindert", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums.
Auch bei den eingefrorenen Geldern gibt es zumindest einen kleinen Fortschritt. So teilte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios mit, dass deutsche Kreditinstitute im Zusammenhang mit den Russland-Sanktionen bis zum 8. April 125.024.208,53 Euro eingefroren haben. Das sind rund 30 Millionen Euro mehr als vor rund drei Wochen.
Im Vergleich mit dem, was andere EU-Mitgliedsstaaten bislang gemeldet haben, ist diese Summer aber noch immer relativ klein.