Cannabis-Konsum auf Volksfesten in RLP: Das Kiffen ist in den Kommunen ganz unterschiedlich geregelt.

Rheinland-Pfalz Kiffen auf Volksfesten - So ist die Lage in Rheinland-Pfalz

Stand: 24.04.2024 13:11 Uhr

Soll das Cannabisrauchen auf Volks- und Weinfesten in Rheinland-Pfalz verboten werden? Veranstalter und Kommunen sind sich nicht einig, das Land sieht keinen Handlungebedarf.

Seit Anfang April ist in Deutschland der Cannabis-Konsum in Grenzen erlaubt. Wie sollen diese Regeln zum Kiffen aber praktisch umgesetzt werden und an welchen Stellen sind weitere Maßnahmen nötig? Das fragen sich derzeit auch die Veranstalter der Volks- und Weinfeste in Rheinland-Pfalz.

Laut dem Cannabisgesetz des Bundes ist das Kiffen unter anderem in unmittelbarer Gegenwart von Minderjährigen verboten - was faktisch schon ein Verbot für Volksfeste zumindest tagsüber bedeutet, weil sich dort regelmäßig auch Kinder und Jugendliche aufhalten. Volksfestbetreiber und Schausteller beklagen trotzdem eine Regelungslücke.

Land sieht keinen zusätzlichen Regelungsbedarf

Dabei sieht sich das Land Rheinland-Pfalz derzeit aber nicht in der Pflicht. Zwar werde aktuell eine Landesverordnung zur Umsetzung des Cannabisgesetzes in Rheinland-Pfalz erarbeitet, teilte das zuständige Sozialministerium auf SWR-Anfrage mit. Aber: "Eine Regelung zu Volksfesten ist dem Land auf Grundlage der Bundesgesetzgebung nicht möglich."

Eine solche Regelung sei aber auch nicht nötig, erklärt das Ministerium unter Hinweis auf die entsprechenden Regelungen im Cannabisgesetz zum Kinder- und Jugendschutz. Diese würden den öffentlichen Konsums von Cannabis in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren einschränken. "Bei Volksfesten und Jahrmärkten, die insbesondere auch von Familien mit Kindern besucht werden, ergibt sich somit schon aufgrund des Charakters der Veranstaltung de facto ein Konsumverbot", so das Ministerium.

Sofern Veranstaltungen in geschlossenen Räumlichkeiten wie beispielsweise Gaststätten oder Festzelten stattfinden, könnten Veranstalter zudem von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und ein Konsumverbot aussprechen.

Worms: Verbot von Kiffen nicht nötig, aber trotzdem angedacht

Auch viele Kommunen argumentieren wie das Sozialministerium. Vor dem Hintergrund des Bundesgesetzes sei es "eigentlich gar nicht nötig, von Seiten der Stadt ein explizites Kiff-Verbot für die Wormser Feste zu verhängen", heißt es in einer Mitteilung der Stadt Worms zum Kiffen auf Festen. Um aber Unklarheiten auszuschließen, werde es möglicherweise dennoch ein solches Verbot geben.

Wie gefährlich ist Passivkiffen?

Also zunächst einmal: Gesund ist das Passivrauchen von Marihuana nicht, sagt Julia Nestlen von der SWR-Wissenschaftsredaktion Welche direkten Folgen hat Passivkiffen? "Zunächst einmal kann es zu den gleichen spürbaren Effekten kommen, wenn man in einer Raucherkneipe sitzt", betont Nestlen: brennende Augen, trockene Schleimhäute, Kopfschmerzen, Hustenreiz. Bei der Frage, ob Passivkiffen high machen kann, sei es wichtig zu unterscheiden, so Nestlen. Bei realistischen Situationen, in denen jemand ungewollt passiv Marihuana raucht - etwa in einem großen Bierzelt oder einer größeren Raucherkneipe - sei es unwahrscheinlich, dass es überhaupt eine berauschende Wirkung gebe. Das zeigten Studien - unter anderem der Uni Mainz. Beim passiven Einatmen könne es zwar zu messbaren THC-Werten (Tetrahydrocannabinol - der berauschende Wirkstoff von Cannabis) im Blut kommen. Aber das seien geringste Mengen. Es sei laut Fachleuten sehr unwahrscheinlich, dass diese überhaupt eine Wirkung, also einen Rausch, auslösen könnten. Die gemessenen THC-Werte lägen zudem weit unter den Grenzwerten von Polizeikontrolltests. Aber: "Wenn man zum Beispiel lange auf sehr engem Raum und ohne Belüftung Marihuana-Rauch passiv einatmet, ist es grundsätzlich möglich, dass ein Drogentest bei einer Polizeikontrolle anschlägt", warnt Nestlen. Und es sei dann auch wahrscheinlicher, dass die Betroffenen high werden. Wie gesundheitsschädlich ist Passivkiffen?  Marihuana werde sehr häufig mit Tabak vermischt gerauchgt, sagt Nestlen. "Heißt: Die bekannten Risiken vom passiven Zigaretten-Rauch bestehen auch dann." Auch Marihuana-Rauch beinhalte viele der Giftstoffe, die von Zigarettenrauch bekannt seien und die von Fachleuten mit Lungenkrebs in Verbindung gebracht würden.  Insgesamt sei Passivrauchen von Marihuana aber bisher weniger untersucht. Die Studien, die es gibt, deuteten jedoch darauf hin, dass bei häufigem Kiffen das Risiko für Asthma, Schädigungen an den Blutgefäßen und damit Risiko für Herzinfarkte und auch das Krebsrisiko anstiegen.

Koblenz plant Cannabis-Verbot bei Volksfesten

Auch die Stadt Koblenz will das Kiffen bei öffentlichen Festen wie Rhein in Flammen oder dem Altstadtfest verbieten. Oberbürgermeister David Langner (SPD) sagte dem SWR: "Wir werden das bei Veranstaltungen unterbinden, weil wir davon ausgehen, dass sich auch andere dadurch gestört fühlen. Ich glaube, das trägt am Ende auch zu einem besseren Miteinander bei." Für Kontrollen sei die Stadt aber nicht zuständig, betont Langner. Das Land habe den Kommunen keinen Auftrag dazu erteilt.

Kein Cannabis-Verbot in Kaiserslautern

Dagegen hat der Stadtrat von Kaiserslautern am Montagabend gegen ein Verbot von Cannabis-Konsum auf Volksfesten votiert. Die Mehrheit des Stadtrats - SPD, Grüne und Linke - sprach sich gegen ein solches Verbot aus. Als Grund wurde genannt, dass Alkohol, der hohen Schaden anrichte, als Volksdroge überall konsumiert werden dürfe.

Die Vorsitzende des Kaiserslauterer Schaustellerverbandes, Susanne Henn-Marker, zeigte sich geschockt über die Entscheidung. Sie befürchtet Umsatz-Einbußen für die Schausteller, weil nun weniger Familien auf die Kerwe kommen könnten: "Man kifft ja passiv mit. Wir Schausteller leben vom Familienpublikum." Henn-Marker und andere Schausteller in Kaiserslautern wollen nun eigene Verbotsschilder vor ihre Stände stellen und sich dabei auf ihr Hausrecht berufen. 

Bayern hat Kiff-Verbot für Volksfeste angekündigt

Auch in anderen Bundesländern wird über mögliche Verbote diskutiert, Bayern hat ein solches bereits angekündigt. Durch eine Änderung des bayerischen Gesundheitsschutzgesetzes wolle die Staatsregierung den Konsum von Cannabisprodukten auf Volksfesten, in Biergärten und auf Außengeländen von Gaststätten im Freistaat verbieten, teilte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) mit.

In Nordrhein-Westfalen werde "gegenwärtig landesseitig noch geprüft, inwieweit und gegebenenfalls welcher Zuständigkeits- und Umsetzungsregelungen es bedarf", sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).

Auf dem Stuttgarter Frühlingsfest, das am Samstag begonnen hat, darf auf dem gesamten Gelände kein Cannabis geraucht werden. Das Fest sei ausdrücklich auch für Kinder und Familien gedacht, erklärten die Veranstalter.

Sendung am Di., 23.4.2024 14:00 Uhr, SWR4 am Nachmittag, SWR4