Das Eingangstor mit dem Schriftzug "Arbeit macht frei" im ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen

Oft rechtsextremer Hintergrund Mehr Übergriffe in KZ-Gedenkstätten

Stand: 04.11.2023 17:12 Uhr

KZ-Gedenkstätten in Deutschland verzeichnen immer mehr Übergriffe aus dem rechten Spektrum. Rechtsextreme scheuen sich offenbar nicht mehr, die Gedenkorte zu besuchen und ihre Ideologie offen zu propagieren.

Laut dem Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten beklagen diese Einrichtungen eine spürbare Zunahme von Übergriffen. "Die Zahl der Vorfälle nimmt spürbar zu: Vandalismus durch Hakenkreuz-Schmierereien, Beschädigungen von Gedenktafeln oder Leugnung der NS-Verbrechen stellen ein Problem in einer ernsthaften Dimension dar", sagte Oliver von Wrochem der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Gesinnung wird offen gezeigt

Die Täter seien häufig im rechten Spektrum zu verorten, so der Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. "Menschen mit rechter Gesinnung scheuen sich nicht länger, KZ-Gedenkstätten zu besuchen und hier offen rechtsextremistisches Gedankengut zu äußern." Viele Einrichtungen hätten auf diese Entwicklung mit einer Verschärfung der Hausordnung reagiert: "Personen, die verbotene Symbole tragen, sich offen antisemitisch oder geschichtsrevisionistisch äußern, werden des Geländes verwiesen."

Derartige Vorfälle würden zur Anzeige gebracht, so von Wrochem weiter: "Oft wird aber sehr subtil agiert. Etwa, indem Fragen zur Geschichte gestellt werden, die suggerieren, es habe den Holocaust nicht gegeben, oder die die NS-Verbrechen relativieren."

Zusammenhang mit AfD-Wahlerfolgen vermutet

Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten sieht bei der Zunahme der Vorfälle einen Bezug zu den jüngsten Wahlerfolgen der AfD: "Eine in Teilen rechtsextremistische Partei schneidet bei Wahlen gut ab. Und in Deutschland ist es zu häufig folgenlos, sich antisemitisch, rassistisch, antiziganistisch oder geschichtsrevisionistisch zu äußern. Das alles hat Auswirkungen."

Mit Blick auf die Anti-Israel-Demonstrationen und antisemitische Haltungen auch unter Migranten sagte von Wrochem: "Bislang habe ich in Gedenkstätten, die an NS-Unrecht erinnern, keine vermehrten Vorfälle beobachtet, die sich unmittelbar darauf zurückführen lassen." Es sei aber nicht auszuschließen, dass sich dies noch ändert: "Die gesellschaftlichen Entwicklungen wirken sich immer auf die Gedenkstättenarbeit aus, und Gedenkstätten müssen Antworten finden auf diese Herausforderungen."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 04. November 2023 um 06:30 Uhr.