Interview

Interview mit GdP-Chef Freiberg "Objektschutz ist nicht nur stehen und schauen"

Stand: 25.08.2007 21:24 Uhr

Rund 270.000 Beschäftigte im Polizeidienst gibt es in Deutschland. Dennoch will Innenminister Schäuble zusätzlich Bundeswehrsoldaten bei der Fußball-WM einsetzen. Überflüssig und nicht sinnvoll, sagt der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, im Gespräch mit tagesschau.de. Die bisher praktizierte Amtshilfe der Bundeswehr reicht.

tagesschau.de: Leidet die Sicherheit, wenn die Soldaten nicht eingesetzt werden?

Konrad Freiberg: Ausdrücklich Nein! Die Soldaten werden in den Bereichen eingesetzt, die unsere Verfassung zulässt. Das heißt, bei Unglücken sind sie immer parat. Sie unterstützen uns auch bei der Logistik. Ich denke etwa an die Awacs-Flugzeuge. Wo die Polizei solche Möglichkeiten nicht hat, steht die Bundeswehr bereit. Sie steht aber ausdrücklich nicht für polizeiliche Aufgaben zur Verfügung. Das ist auch richtig, dafür ist sie nicht gedacht.

tagesschau.de: Wie sind die Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr ?

Konrad Freiberg: Das kommt ja recht häufig vor. Das klappt ganz hervorragend, da gibt es auch keine Klagen.

tagesschau.de: Wenn nach einer Grundgesetzänderung Bundeswehrsoldaten verstärkt eingesetzt werden könnten, wo könnte das sinnvoll geschehen?

Konrad Freiberg: Ich hoffe nicht, dass es dazu kommt. Wichtig ist, dass Rechtssicherheit da ist, was die Bundeswehr darf und was nicht. Von Polizeiaufgaben für die Bundeswehr halten wir gar nichts. Die Bundeswehr ist dazu personell auch nicht in der Lage. Sie überlässt ihren Selbstschutz weitestgehend privaten Sicherheitsfirmen.

tagesschau.de: Wäre es sinnvoll, dass Bundeswehrsoldaten z.B. Gebäude, Stadien oder Botschaftsgebäude bewachen?

Konrad Freiberg: Nein! Objektschutz ist ja nicht nur schauen und stehen. Das beinhaltet auch, das man Leute anhält, überprüft oder festnimmt. Ich denke an die jüngsten Ereignisse in Stendal, wo Hooligans fünf Streifenwagen angezündet und neun Kollegen verletzt haben. Man stelle sich vor, die Bundeswehr stünde dort mit Wehrpflichtigen. Denn nichts anderes beinhaltet der Vorschlag: dass Wehrpflichtige eingesetzt werden. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was dann passieren könnte.

tagesschau.de: Könnte die Bundeswehr von der Technik her in die Struktur der Polizei eingebunden werden? Funken die beiden auf der gleichen Frequenz?

Konrad Freiberg: Nein, auch das nicht. Leider Gottes haben wir keinen Digitalfunk. Wir haben alle veraltete Funktechnik. Wir könnten mit der Bundeswehr nicht unmittelbar über Funk sprechen, sondern nur über Zentralen. Das erschwert die gesamte Zusammenarbeit.

tagesschau.de: Haben Sie genug Personal für die WM?

Konrad Freiberg: Das ist eine äußerst schwierige Frage. Dieselben Leute, die jetzt den Einsatz der Bundeswehr fordern, haben die Polizei drastisch reduziert. Wir haben über 7100 Polizisten weniger als vor fünf Jahren. Weitere 7500 Stellen sollen laut der Länder-Haushaltsentwürfe abgebaut werden. Wenn man auf uns hört – das gilt insbesondere für die Sicherheitsauflagen bei den TV-Großleinwänden bei der WM - und die Politik aufhört, die Polizei weiter zu dezimieren, dann sind wir auch in der Lage, die WM zu meistern.

tagesschau.de: Gibt es Länder, in denen der Abbau besonders oder weniger stark ist? Hat das etwas damit zu tun, ob ein Bundesland Unions- oder SPD-geführt ist?

Konrad Freiberg: Ausdrücklich nicht. Wir müssen feststellen, dass sogar Bayern über 1000 Leute in den nächsten Jahren abbauen wird. Es gibt kein politisches Lager nach dem Motto: Rot-Grün baut ab und die Schwarzen stärken die Polizei. Das ist muss man ganz deutlich sagen.

Die Fragen stellte Wolfram Leytz, tagesschau.de