Interview

Interview mit Hans-Olaf Henkel Kampagne gegen Gerster aus eigenen Reihen

Stand: 28.08.2007 00:28 Uhr

Der ehemalige BDI-Präsident Henkel hält es für wahrscheinlich, dass BA-Chef Gerster Opfer einer Kampagne aus der eigenen Behörde ist. Die 40 Millionen Euro, die die Bundesagentur in 2004 für Beraterausgaben veranschlagt hat, hält er für nicht ungewöhnlich. "Guter Rat ist eben teuer", sagte er im Gespräch mit tagesschau.de

tagesschau.de: Sollte Herr Gerster entlassen werden?

Henkel: Doch nicht aufgrund irgendwelcher unbegründeter Vorwürfe. Man müsste ihm schon nachweisen, dass er irgendwas falsch gemacht hat. Ich kann nicht erkennen, dass solche Beweise vorliegen.

tagesschau.de: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der jetzigen Bundesagentur für Arbeit seit Florian Gerster die Leitung übernommen hat?

Henkel: Er hat sicher ein sehr schweres Erbe übernommen. Der Grund für den Rücktritt seines Vorgängers war die Duldung von massiven Fälschungen über die Vermittlungstätigkeit in der Bundesanstalt. Und auf diesem Gebiet ist die Behörde sicher besser geworden. Ich halte die Behörde aber immer noch für viel zu groß. Ich würde Herrn Gerster also, im Gegensatz zu seinen Kritikern, empfehlen, das Tempo der Reformen eher noch anzuziehen.

"Guter Rat ist teuer"

tagesschau.de: Gerster ist ja nicht nur wegen einer fehlenden Ausschreibung, sondern generell wegen der hohen Summen in die Kritik geraten, die er für Beraterverträge ausgeben will. Ist es nach Ihrer Einschätzung ungewöhnlich, so viel Geld auszugeben?

Henkel: Nein. Ich glaube, dass viele deutsche Firmen im Verhältnis zum Gesamtvolumen noch mehr ausgeben. Ich denke, dass so einer Behörde, die jahrzehntelang immer nur in ihrem eigenen Saft gekocht hat, externes Wissen wirklich gut tut. Guter Rat ist teuer, und das gilt auch in diesem Fall.

Halbwahrheiten gezielt an die Öffentlichkeit gebracht

tagesschau.de: Florian Gerster selbst hat immer wieder von einer gezielten Kampagne gesprochen, die gegen ihn gefahren wird. Denken Sie, er hat damit Recht?

Henkel: Das denke ich schon, obwohl ich dafür keine Beweise habe. Ich könnte mir vorstellen, dass es zum Beispiel gezielte, zum Teil auch wahrheitswidrige Informationen aus dem eigenen Unternehmen gegeben hat. Es ist klar, dass er in diesem Koloss eine Menge ändern muss und dabei muss man natürlich auch einigen Leuten auf die Füße treten. Wenn die dann Gelegenheit haben, mit Halbwahrheiten an die Öffentlichkeit zu treten und diese dann gegen Herrn Gerster aufzuwiegeln, dann setzt das einen Wettlauf in Gang. Mein persönlicher Ratschlag an Gerster ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und seinen Job weiter zu machen, wenn er ein gutes Gewissen hat.

Im übrigen muss man daran erinnern, dass der Verwaltungsrat unter anderem mit einer Vertreterin der Gewerkschaften, Frau Engelen-Kefer, besetzt ist. Und sie ist da schon seit ewigen Zeiten. Ich glaube, für die insgesamt unbefriedigende Entwicklung der Behörde bis zu Herrn Gersters Arbeitsantritt sollte man diesen Leuten die Hammelbeine lang ziehen und sie verantwortlich machen.

Das Gespräch führte Sabine Klein, tagesschau.de