Klimaaktivisten und Polizei auf einem Rollfeld des Hamburger Flughafens

Klimaproteste an Flughäfen Faeser kündigt neue Sicherheitsstandards an

Stand: 13.07.2023 19:20 Uhr

Die Klimablockaden an zwei Flughäfen stoßen parteiübergreifend auf Kritik. Innenministerin Faeser kündigte neue Sicherheitsstandards für kritische Infrastruktur an. Die "Letzte Generation" plant am Freitag bundesweit Proteste.

Angesichts stundenlanger Störungen des Flugbetriebs durch Protestaktionen an zwei Flughäfen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser neue Sicherheitsstandards angekündigt. "Es wird demnächst tatsächliche Standards für die Betreiber kritischer Infrastruktur geben", sagte die SPD-Politikerin. "Dazu gehören auch die Flughäfen, und das wird auch zu einer besonderen Sicherheit der Flughäfen weiterhin führen."

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte dem "Handelsblatt": "Die Sicherheitsbehörden stehen in engem Kontakt, um mit Blick auf die heutigen Vorfälle die Risikobewertungen erneut anzupassen und Sicherheitsmaßnahmen weiter zu intensivieren."

Auf Rollfeld festgeklebt

Am frühen Morgen hatten Klimaaktivisten der "Letzten Generation" Rollbahnen der Flughäfen Düsseldorf und Hamburg blockiert. In Hamburg traf die Protestaktion viele Urlauber, die zum Beginn der Sommerferien verreisen wollten. Hier stellte der Flughafen seinen Flugbetrieb ab 06.10 Uhr für etwa vier Stunden vollständig ein. Wie eine Sprecherin sagte, mussten bis zum Mittag 28 Abflüge und 22 Ankünfte annulliert werden, dazu gab es Verspätungen und Umleitungen. In Düsseldorf waren die Folgen der Blockade geringer, aber auch hier mussten mehrere Flüge annulliert werden und es kam zu Verspätungen.

Klimaaktivisten legen Flugbetrieb in Hamburg und Düsseldorf lahm

Anna Mundt, NDR, tagesschau, 13.07.2023 20:00 Uhr

Die Aktivisten verschafften sich über den Sicherheitszaun Zugang zu den Flughafengeländen. In Hamburg waren mehrere Protestierende mit dem Fahrrad auf die Rollbahn gelangt. Jeweils zwei Personen klebten sich der Bundespolizei zufolge an vier Stellen auf Zubringerwegen in der Nähe von Start- und Landebahnen fest. Beamte hätten die Aktivisten vom Boden gelöst, dabei seien auch Teile der Rollbahn herausgeschnitten worden. Am Flughafen Düsseldorf durchtrennten Aktivisten ebenfalls einen Zaun und gelangten zu Fuß auf das Vorfeld des Flugplatzes. Dadurch wurde die Fahrt der Flugzeuge zur Startbahn blockiert.

Bundesweit Proteste angekündigt

Für diesen Freitag kündigte die "Letzte Generation" zudem bundesweite Proteste an. Anlass ist der aus ihrer Sicht unzureichende Einsatz der Bundesregierung für weniger klimaschädliche Treibhausgase speziell im Verkehr, wie ein Sprecher laut der Nachrichtenagentur dpa sagte. Verkehrsminister Volker Wissing habe trotz rechtlicher Verpflichtung kein Sofortprogramm vorgelegt, um die im Klimaschutzgesetz festgelegten Höchstmengen einzuhalten. "Es wird morgen ein besonderes Protestbild geben, das den Gesetzesbruch der Regierung transparent macht", so der Sprecher.

Ein Sprecher Wissings sagte zu den Anstrengungen des Ministeriums, das Bundeskabinett habe im Juni die Weichen für eine Reform des Klimaschutzgesetzes gestellt und auch im Entwurf ein Klimaschutzprogramm vorgelegt. Darin seien für den Verkehrssektor weitreichende Maßnahmen vorgesehen. Es sei "gemeinsame Auffassung" der Bundesregierung, dass das Verkehrsministerium damit der Verpflichtung zur Vorlage zusätzlicher Klimaschutzmaßnahmen nachgekommen sei.

Zehn Aktivisten wieder auf freiem Fuß

In Hamburg wurden nach dem Flughafen-Protest unterdessen zehn in Gewahrsam genommene Aktivisten wieder freigelassen, wie ein Polizeisprecher sagte. Dabei gehe es um vier Frauen im Alter von 24, 27, 31 und 43 Jahren und sechs Männer im Alter zwischen 19 und 63 Jahren. Ihnen seien Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Hausfriedensbruchs, der Sachbeschädigung sowie Widerstands beziehungsweise Beihilfe dazu eingeleitet worden.

Geprüft worden sei zudem der Tatvorwurf des gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr. Der Verdacht habe sich jedoch nicht erhärtet. Mangels Haftgründen seien die zehn Demonstranten freigelassen worden.

Wissing: "Kein Klimaschutz, sondern Kriminalität"

Die Protestaktionen an den Flughäfen sorgten parteiübergreifend für Kritik. "Diese gefährlichen Eingriffe in den Verkehr müssen ein Ende haben", sagte Verkehrsminister Wissing dem Portal t-online. Was die Letzte Generation betreibe, sei "kein Klimaschutz, sondern Kriminalität". Die Aktivisten erwiesen dem Klimaschutz einen Bärendienst. "Wer anderen den verdienten und lange ersehnten Jahresurlaub vermiest, trägt zur Spaltung unserer Gesellschaft bei", sagte der FDP-Politiker. "Der Rechtsstaat muss hier hart durchgreifen."

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Rande seiner Sommerreise: "Die Aktivisten, die jetzt lauter Menschen die Reise in den Urlaub verbauen, schaden dem Anliegen Klimaschutz massiv - diese Form des Protest ist nicht richtig." Wer sich wirklich für Klimaschutz einsetzen wolle, müsse die gesellschaftliche Akzeptanz mit im Blick haben, so der Grünen-Politiker.

Der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte für die Aktivisten im Wiederholungsfall Haftstrafen, gegebenenfalls von mehreren Jahren. "Der Rechtsstaat muss durchgesetzt werden, Recht in Deutschland muss durchgesetzt werden", sagte er dem Sender Welt. "Ich finde, dieses Land muss stärker auch über Freiheitsstrafen reden, denn der Rechtsstaat darf sich nicht vorführen lassen." Bußgelder und Bewährungsstrafen seien zu wenig. Linnemann sprach für den Wiederholungsfall von Freiheitsstrafen von "einigen Monaten, vielleicht von wenigen Jahren". 

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bezeichnete die Aktionen als eine "weitere Eskalation durch die Klimachaoten". Der Nachrichtenagentur dpa sagte er: "Diese Straftaten sollten mit Haftstrafen beantwortet werden." Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz sprach von einer "erheblichen Straftat".