Polizisten kontrollieren Autofahrer am deutsch-tschechischen Grenzübergang Petrovice.

Illegale Einreisen Union für mehr Kontrollen an Binnengrenzen

Stand: 24.04.2023 18:12 Uhr

Wegen der steigenden Zahl illegaler Einreisen fordert die Unionsfraktion Kontrollen an den deutschen Grenzen zur Schweiz und zur Tschechischen Republik. Das Bundesinnenministerium sieht dafür offenbar keinen Anlass.

Von Sascha Adamek, rbb

Die Unionsfraktion im Bundestag will einen Antrag auf Einführung von Grenzkontrollen an den Übergängen von der Schweiz und von Tschechien einbringen - beide Länder sind Mitglied des Schengen-Raums, innerhalb dessen es eigentlich keine routinemäßigen Grenzkontrollen gibt.

In der heute beschlossenen Vorlage des Fraktionsvorstands, die dem ARD-Politikmagazin Kontraste vorliegt, heißt es, solange die EU-Außengrenzen "nicht hinreichend geschützt" seien und die Zahl illegaler Einreisen über diese Grenzen anhalte, müssten die Kontrollen an diesen Binnengrenzen wiedereingeführt werden. Bislang hat Deutschland eine Ausnahme von der Schengen-Regel nur für die österreichische Grenze angemeldet.

Der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries erklärte gegenüber Kontraste, die Grenzen zur Schweiz und Tschechien würden gegenwärtig verstärkt für unerlaubte Einreisen genutzt. Die Kommunen seien bereits jetzt überlastet, daher könne es "so wie es ist, nicht mehr weitergehen". Inzwischen stehe "die Akzeptanz des Asylrechts" auf dem Spiel, so de Vries.  

Bundespolizei beobachtet Anstieg illegaler Einreisen

Informationen von Kontraste zufolge sollen bei den sporadischen Kontrollen an der österreichischen Grenze im Jahr 2022 insgesamt 14.675 Personen zurückgeschoben worden sein. An der Grenze zur Schweiz oder Tschechien ist dieses Vorgehen durch die Bundespolizei zur Zeit rechtlich nicht möglich, weil hier keine Schengen-Ausnahme angemeldet wurde. Insgesamt verzeichnete die Bundespolizei bereits im ersten Quartal 2023 19.672 unerlaubte Einreisen: "Seit dem Jahr 2022 stellt die Bundespolizei einen kontinuierlich ansteigenden Trend in Bezug auf illegale Einreisen fest", so die Bundespolizei.

Die Bundespolizei teilte Kontraste mit, dass im ersten Quartal 2023 insgesamt 3063 illegale Einreisen über die Schweiz und 1516 über Tschechien stattgefunden hätten. Wie bereits die "Bild" berichtete, habe sich die Zahl illegaler Einwanderer aus der Schweiz vom ersten zum zweiten Halbjahr 2022 verfünffacht.

Auf eine Kontraste-Anfrage, warum nur an der österreichischen Grenze kontrolliert werde, antwortete das Bundesinnenministerium, eine vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen sei laut dem Schengener Grenzkodex nur bei einer "ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit" möglich. Sie habe stets "ultima-ratio-Charakter" und sei zeitlich befristet. Das Ministerium teilte zugleich mit, dass es an den Grenzen zur Tschechischen Republik und zur Schweiz bereits eine "intensive Schleierfahndung" durch die Bundespolizei - unterhalb "der Schwelle der vorübergehenden Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen" - gebe.

Deutsche Polizeigewerkschaft widerspricht

Der Vize-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Manuel Ostermann kritisierte das Bundesinnenministerium. Wenn dieses die Notwendigkeit der temporären Einrichtung von Grenzkontrollen nicht sehe, müssten stattdessen die Kompetenzen der Bundespolizei im Aufenthaltsgesetz gestärkt werden, so dass Kontrollen und Zurückschiebungen an den deutschen Binnengrenzen durch die Bundespolizei grundsätzlich ermöglicht würden. Dies ist bei der derzeitigen Rechtslage nur im Falle von Schengen-Ausnahmen wie an der österreichischen Grenze möglich.

"Das Problem einzig durch rhetorische Absichtserklärungen zu lösen ist ein fataler Irrweg", so Ostermann. Er sprach von einem "Sicherheitsrisiko" und der Gefahr gesellschaftlicher Spaltung.