
Waffenlieferungen für Ukraine Kampfjets - doch eine Option?
Folgen nach den "Leopard"-Panzern doch Kampfjets? Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Heusgen, ist dafür und bezieht sich auf das Völkerrecht. SPD-Chefin Esken schließt es nicht aus - anders als der Kanzler.
Die Debatte um weitere Waffenlieferungen an die Ukraine geht weiter. Nach der Zusage der 14 "Leopard 2"-Panzern durch die Bundesregierung drängt die Ukraine seit Mittwoch auf die Lieferung von Kampfjets. Dabei geht es auch um die Frage, ob weitere Zusagen zu einer Eskalation beitragen würden. Einigkeit besteht hingegen, dass Deutschland nicht zur Kriegspartei werden darf.
Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, befürwortet die Lieferung von Kampfflugzeugen, um sich gegen Russland zu verteidigen. Im ARD-Europamagazin sagte er:
Ich glaube, dass die Lieferung von Kampfjets adäquat ist, um die Ukraine besser zu schützen gegen die Angriffe der Russen.
Nach seinen Worten kämen hierfür amerikanische F16-Kampfjets in Frage oder Kampfflugzeuge sowjetischer Bauart aus alten DDR-Beständen. Ausländische Kräfte dürften der Ukraine gemäß dem Völkerrecht Waffen liefern, das schließe Kampfpanzer ebenso ein wie auch Kampfflugzeuge, fügte Heusgen hinzu.
Esken weicht aus
SPD-Chefin Saskia Esken schloss eine Lieferung von Kampfjets an die Ukraine zumindest nicht ausdrücklich aus. Auf die Frage, ob sie die Lieferung ausschließe, sagte sie im ARD-"Bericht aus Berlin" nur:
Es kommt ja ganz entscheidend darauf an, dass eben Deutschland und dass auch die NATO nicht Kriegspartei sind.
Deswegen sei die Regierung in diesen Fragen in sehr enger Abstimmung mit den US-Amerikanern. Deutschland sei nicht Kriegspartei, und dies wolle die Regierung auch für "alle Zukunft vermeiden".
Zugleich komme es darauf an, dass Deutschland mit jeder Entscheidung dem russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich mache, "dass wir die russische Aggression zurückweisen".
Ähnlich hatte sich zuvor der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jon Finer, im US-Fernsehsender MSNBC geäußert. Man schließe kein bestimmtes Waffensystem aus und werde die Unterstützung danach ausrichten, was die Ukraine brauche. Die USA würden dies sehr sorgfältig diskutieren, sagte Finer im Hinblick auf Anfragen der Ukraine.
Scholz: Deutschland beteiligt sich nicht am Krieg
Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte mit Unverständnis auf die anhaltende Diskussion über die Lieferung von Kampfflugzeugen. "Es ist dazu jetzt alles gesagt, auch von mir", sagte Scholz bei seinem Besuch in Chile. "Es ist eigenwillig, dass diese Debatte geführt wird." Nötig sei stattdessen eine "seriöse Debatte, in der das entschieden wird, was zu entscheiden ist".
Scholz warnte erneut vor einem "Überbietungswettbewerb", bei dem "innenpolitische Motive statt die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund stehen". Bei so wichtigen Themen wie Waffenlieferungen müsse es "um Sachfragen gehen, um rationale Abwägungen", betonte der Kanzler.
Zuvor hatte der Bundeskanzler bereits bekräftigt, dass Deutschland sich aus seiner Sicht trotz umfangreicher Waffenlieferungen nicht am Ukraine-Krieg beteiligt. "Das ist ein Krieg zwischen Russland und der Ukraine", sagte Scholz während seines Lateinamerika-Besuchs auf einer Pressekonferenz in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. "Daran ändert sich nichts dadurch, dass wir die Ukraine mit finanzieller, humanitärer Hilfe ausstatten oder Waffen liefern."
Deutschland werde alles dafür tun, damit es nicht zu einer Eskalation kommt, die zu einem Krieg zwischen Russland und NATO-Staaten führt.
Weiterhin direkte Gespräche mit Putin
Scholz rief zur Besonnenheit in der Debatte über weitere Waffenlieferungen auf. Er warne davor, "in einen ständigen Überbietungswettbewerb einzusteigen, wenn es um Waffensysteme geht", sagte er dem "Tagesspiegel" mit Blick auf Forderungen, der Ukraine, nun auch Kampfjets zu liefern.
Wenn, kaum dass eine Entscheidung getroffen ist, in Deutschland die nächste Debatte beginnt, wirkt das wenig seriös und erschüttert das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in staatliche Entscheidungen.
Er werde weiterhin versuchen, in direkten Gesprächen auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin einzuwirken. "Es ist an Putin, Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen und diesen furchtbaren unsinnigen Krieg zu beenden, der schon Hunderttausenden das Leben gekostet hat." Putin mache in den Telefonaten immer wieder deutlich, dass er "sich Teile seines Nachbarlandes mit Gewalt einverleiben" wolle, was "unakzeptabel" sei, so Scholz weiter.
Selenskyj: Ukraine benötigt schneller Waffen
Unterdessen forderte Präsident Wolodymyr Selenskyj schnellere Waffenlieferungen und neue Waffentypen, um russischen Angriffen standhalten zu können. In Donezk in der östlichen Ukraine sei die Lage sehr schwierig angesichts der anhaltenden Attacken, sagt Selenskyj in seiner abendlichen Audiobotschaft.
Russland wolle, dass sich der Krieg hinziehe und die ukrainischen Truppen erschöpften. Deshalb müssten die Waffenlieferungen beschleunigt und neue Waffenoptionen für die Ukraine eröffnet werden.