
LNG-Eröffnung in Wilhelmshaven "Ein wichtiger Beitrag für die Sicherheit"
Bundeskanzler Scholz hat in Wilhelmshaven das erste Flüssigerdgas-Terminal Deutschlands eröffnet. Er lobte die Errichtung in einer Rekordzeit von zehn Monaten. Das LNG-Terminal sei ein "ganz wichtiger Beitrag für unsere Sicherheit".
Festakt in Wilhelmshaven: Bundeskanzler Olaf Scholz hat im niedersächsischen Wilhelmshaven das erste deutsche Flüssigerdgas-Terminal offiziell eröffnet. Mit diesen und den weiteren LNG-Terminals werde die deutsche Energieversorgung "unabhängig von den Pipelines aus Russland", sagte Scholz in seiner Rede auf dem Spezialschiff "Höegh Esperanza". Das Terminal sei ein "ganz, ganz wichtiger Beitrag für unsere Sicherheit".
Über das Terminal sollen jährlich rund sechs Prozent des deutschen Erdgasbedarfs ins Netz eingespeist werden. Die sogenannte Floating Storage and Regasification Unit (FSRU) nimmt verflüssigtes Erdgas (LNG) von Tankern auf und wandelt es an Bord in Gas um. Nach Angaben des Konzerns soll ab Donnerstag Gas ins deutsche Pipelinenetz eingespeist werden.
Lob für das neue "Deutschland-Tempo"
Scholz lobte bei der Eröffnung die rasche Bereitstellung der Anlagen, die noch vor wenigen Monaten kaum für möglich gehalten worden sei. "Das ist jetzt das neue Deutschland-Tempo, mit dem wir Infrastruktur voranbringen", sagte der Kanzler. Insofern sei dies auch ein Zeichen für die Stärke der deutschen Wirtschaft. "Ende nächsten Jahres werden wir voraussichtlich über eine Importkapazität von über 30 Milliarden Kubikmeter Gas verfügen".
Der Kanzler verwies auf die dramatischen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine - in erster Linie für die Ukrainerinnen und Ukrainer, aber auch für Inflation und Energiesicherheit. Wenn aber nun nach diesem Terminal auch die weiteren geplanten Anlagen in Lubmin, Brunsbüttel und Stade fertiggestellt seien, "dann können wir sagen: Deutschland hat seine Energiesicherheit gewährleistet", hob der Kanzler hervor. Insofern sei dies "ein guter Tag".
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil nannte die Eröffnung des Importterminals ein "ermutigendes Zeichen" zum Ende eines schwierigen Jahres. Wer vor einem Jahr gesagt hätte, Deutschland werde "ruckzuck unabhängig von russischem Erdgas", wäre ausgelacht worden, sagte der SPD-Politiker. "Tatsächlich gehört es zu den großen politischen Leistungen, dass genau das gelungen ist. Dass die leeren Speicher gefüllt worden sind und dass wir heute mit der Eröffnung des ersten LNG-Terminals hier in Deutschland zeigen, wie wir auch weiter Unabhängigkeit voranbringen", sagte Weil.
An der Eröffnung nahmen auch Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner teil.
Langfristige Lieferverträge
Kurz vor der Einweihung versicherten Scholz und die norwegische Firma Höegh, dass man sich rasch um den Ausbau der Flüssiggas-Verbindungen kümmern werde. "Unser Ziel ist es, den Ausfall des russischen Gases auch im kommenden Jahr komplett zu kompensieren", sagte Scholz der "Süddeutschen Zeitung". Man komme auch durch den nächsten Winter.
Die Bundesregierung sei mit den Gas-Importeuren kontinuierlich im Gespräch und werbe auch dafür, längerfristige Verträge abzuschließen. "Als Lehre aus der Vergangenheit müssen wir uns künftig unabhängiger von einzelnen Lieferanten machen", mahnte Scholz. Das Gas werde zu großen Teilen aus Norwegen kommen, aus den USA und vom Golf, ein kleiner Teil aus den Niederlanden.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte vor übertriebener Euphorie gewarnt. Die Gefahr einer Gasmangellage sei auch mit dem neuen Terminal noch nicht gebannt.
Habeck: Notabwehr hat absolute Priorität
Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte im Interview mit den tagesthemen seine Energiepolitik verteidigt. "Die Not abzuwehren hat absolute politische Priorität", sagte er in Bezug auf einen möglichen Gasmangel. Die Regierung habe "klug entschieden, entschlossen reagiert und etwas hinbekommen, was man Mitte des Jahres zu Recht noch für unmöglich gehalten hatte."
Den Vorwurf von Klimaschützern, Deutschland schaffe Überkapazitäten beim Gas und verbaue sich den Weg zu den Klimazielen, wies der Wirtschaftsminister deshalb zurück. "Von einer Überkapazität kann gar keine Rede sein", widersprach Habeck im tagesthemen-Interview und verwies darauf, dass die Terminals lediglich ein Drittel des deutschen Verbrauchs sicherstellten.
Umwelthilfe kündigt rechtliche Schritte an
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigte weitere rechtliche Schritte an, um eine Befristung des Betriebs zu erreichen. Eine erste Klage läuft bereits. "Klimakrise und Energiekrise dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Er befürchtet, dass die angestrebte Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase durch übermäßigen Flüssigerdgas-Import gefährdet wird.
Nicht zuletzt sei die Einleitung großer Mengen Biozid erlaubt worden, das gehöre aber verboten. All das werde die DUH "notfalls auch mit rechtlichen Mitteln durchsetzen", erklärte die Organisation. Habeck zeigte sich überzeugt, dass die Genehmigung für die Terminals Klagen standhalten würde.