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Europawahl 2024

Maximilian Krah spricht bei einer Kundgebung seiner Partei.
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Nach Auftrittsverbot und Rückzug Warum Krah AfD-Spitzenkandidat bleibt

Stand: 22.05.2024 18:08 Uhr

Die AfD-Spitze verhängt ein Auftrittsverbot gegen Maximilian Krah. Zudem zieht dieser sich aus dem Bundesvorstand der Partei zurück. EU-Spitzenkandidat bleibt er aber. Was bedeutet das für die Europawahl?

Von Noah Kappus, ARD-Rechtsredaktion

Gut zwei Wochen vor der Europawahl hat die AfD ihrem eigenen Spitzenkandidaten Maximilian Krah ein Auftrittsverbot erteilt. Krah selbst bestätigte seinen Rückzug aus dem Wahlkampf und aus dem Bundesvorstand.

Der 47-Jährige stand schon vorher unter Druck wegen der Spionageaffäre um einen Mitarbeiter und wegen seiner Nähe zu Russland und China. Welche Folgen hat das nun für die Europawahl?

AfD-Bundesvorstand untersagt Krah weitere öffentliche Auftritte

Julie Kurz, ARD Berlin, tagesschau, 22.05.2024 20:00 Uhr

Wie kam es zum Rückzug Krahs?

Auslöser war ein Interview Krahs mit der italienischen Zeitung La Repubblica, die nach der nationalsozialistischen SS fragte. Dort erklärte Krah: "Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war." Auf die Frage, ob die SS Kriegsverbrecher seien, antwortete er: "Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht alle waren kriminell."  Die SS bewachte und verwaltete unter anderem die Konzentrationslager und war maßgeblich für Kriegsverbrechen verantwortlich. Bei den Nürnberger Prozessen nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sie zu einer verbrecherischen Organisation erklärt.

Der französische Rassemblement National kündigte wegen des Aussagen Krahs die Zusammenarbeit mit der AfD auf. Die französische Rechtsaußen-Partei RN sitzt bisher mit der AfD im Europaparlament in der Fraktion ID. Nach der Wahl werde man neue Verbündete haben und nicht mehr an der Seite der AfD sitzen, so RN-Parteichef Jordan Bardella.

Kann die AfD Krah noch von der Kandidatenliste nehmen?

Nein, das ist nur innerhalb einer bestimmten Frist möglich, und diese Frist ist bereits abgelaufen. Das Europawahlgesetz bestimmt, dass 72 Tage vor der Wahl der Bundeswahlausschuss verbindlich über die Zulassung von Wahlvorschlägen entscheidet. Eine Zurücknahme hätte also schon bis zum 29. März erfolgen müssen.

Wie kann ein einmal zugelassener Kandidat gestrichen werden?

Das ist nur in zwei Konstellationen möglich. Zum einen, wenn der Kandidat stirbt. Zum anderen, wenn er seine Wählbarkeit verliert. Das ist automatisch der Fall, wenn er wegen eines Verbrechens zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wird. Bei bestimmten Straftaten kann das Gericht den Verlust des passiven Wahlrechts auch bereits ab einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten anordnen.

Zu diesen Straftaten zählt zum Beispiel das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Was passiert, wenn Krah die Wahl nicht annimmt?

Am Zug sind zunächst die Ersatzbewerber einer Partei. Hat eine Partei keine Ersatzbewerber aufgestellt, rückt der Kandidat nach, der es nach dem prozentualen Stimmergebnis der Partei eigentlich nicht mehr in das Europaparlament geschafft hätte.

Welche Folgen hat das nun für die AfD?

Für die AfD könnte der Eklat mit dem Rassemblement National einen Machtverlust auf europäischer Ebene bedeuten. Auch innerhalb der AfD könnte der Streit über Krah ein Nachspiel haben - auf dem Bundesparteitag Ende Juni in Essen.

Neben Krah steht auch der Listenzweite und Bundestagsabgeordnete Petr Bystron unter Druck, der nun ebenfalls ankündigte, vorerst auf Wahlkampfauftritte zu verzichten. Dies habe familiäre Gründe, sagte Bystron dem Bayerischen Rundfunk. Ein Parteisprecher bestätigte die Aussagen. Wie lange er sich zurückziehe, ließ Bystron offen.

Gegen Bystron stehen Anschuldigungen der Geldannahme aus Russland im Raum. Der Bundestag hatte am Donnerstag die Immunität von Bystron aufgehoben, weil die Generalstaatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Geldwäsche gegen ihn ermittelt. Polizisten durchsuchten unter anderem sein Abgeordnetenbüro in Berlin.