Habeck und Baerbock im Chipwerk mit Schutzanzügen

Habecks Sommertour Von Unternehmensbesuchen und Pfusch

Stand: 15.07.2023 07:01 Uhr

Wirtschaftsminister Habeck versucht bei seiner Sommertour in Sachsen, für Innovation und Klimaschutz zu werben. Die Skepsis bei vielen Betrieben ist groß, der Streit um das Heizungsgesetz hallt nach.

Nur die Augen von Wirtschaftsminister Robert Habeck schauen noch aus dem hellblauen Arbeitsanzug heraus, als er beim Chiphersteller Infineon im sogenannten Reinraum steht. Neben ihm, ähnlich verhüllt, Außenministerin Annalena Baerbock. Die beiden grünen Minister witzeln über ihre Outfits und schauen fasziniert der Herstellung von Halbleitern zu. Kein Partikel darf die Produktion stören, darum sind die beiden bis auf die Augen umhüllt mit sterilem Stoff.

Mit einem Wohlfühltermin startet die Sommerreise des Wirtschaftsministers in Sachsen. Es sind gute Bilder, die sich bei Infineon produzieren lassen: Habeck und Baerbock zum ersten Mal gemeinsam als Minister auf Unternehmensbesuch. Es geht um eine Zukunftstechnologie, Halbleiter, die auch hier in Ost-Deutschland, im "Silicon Saxony" produziert werden. Geld dafür bringt der Wirtschaftsminister mit: Eine Milliarde Euro Förderung soll Infineon für den Ausbau seines Halbleiterwerks erhalten.

Geld reicht nicht für alle

Seit Anfang der Woche tourt Habeck durch Deutschland - von West nach Ost. Während er auf den Terminen in Westdeutschland noch eher mit offenen Armen begrüßt wurde, ist die Stimmung im Osten angespannter. Bei einem Gespräch von Habeck mit Unternehmerinnen und Unternehmern muss die Presse draußen bleiben.

Im Vorfeld äußert der eine oder andere Firmenchef seinen Unmut, wie es denn nun zum Beispiel mit der Stahlindustrie weitergeht, wie das mit der Wärmewende klappen soll bei den hohen Energiepreisen, oder auch wie der Minister nun ihnen, den kleinen Firmen, finanziell helfen will. Es könne ja nicht sein, dass es nur Förderung für die "Big Player", etwa die Chip-Industrie gebe. 

Doch Habeck ist klar, dass er nicht im großen Stil überall Geldgeschenke machen kann. Der Streit um den Haushalt für das kommende Jahr steckt ihm noch in den Knochen, und auch der monatelange Streit um das Gebäude-Energiegesetz hat Spuren hinterlassen.

"Warum sagt man in der Politik nicht Pfusch?"

Das Heizungsgesetz ist dann auch Thema bei seinem Besuch bei einem Dachdeckerbetrieb in Ottendorf-Okrilla. Firmenchef Jörg Dittrich berichtet, dass die Sorge, die Verunsicherung groß war. Beschwichtigt dann aber - jetzt sei vieles klarer. Der 83-jährige Claus Dittrich, sein Vater und ehemaliger Chef des Familienbetriebs, findet deutlichere Worte. Er ärgert sich, dass stets von "handwerklichen Fehlern" in der Politik gesprochen werde. Im Handwerk spreche man aber von Pfusch. "Warum sagt man bei der Politik nicht auch Pfusch?" 

Der Senior versichert Habeck aber auch, dass er sich Mühe gebe. Entsprechend entspannt bemüht sich Habeck zu reagieren. Kurz darauf witzelt er beim Versuch einen Dachziegel fachgerecht zu beschneiden, wenn das jetzt misslinge, heiße es wieder, das sei Pfusch.

Dass nach einer Klage des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann das Bundesverfassungsgericht das Gesetzgebungsverfahren kurz vor der parlamentarischen Sommerpause erstmal gestoppt hatte, lässt den Minister offenbar kalt. Habeck vermittelt den Eindruck: Hauptsache das Gesetz kommt, Hauptsache der Streit in der Koalition wird nicht fortgeführt und hoffentlich geht es bald wieder auch um andere Themen.

Ratlosigkeit zu Umfragewerten der AfD

Noch ein weiteres Thema steht bei der Reise immer wieder im Raum, über das vor Ort häufig lieber geschwiegen wird: die hohen Umfragewerte der AfD in der Region. Auch vielen Unternehmern ist klar, dass die vielerorts gute wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre durch einen Wahlerfolg der AfD gefährdet wäre. Das Anwerben von Fachkräften aus dem In- und Ausland würde dadurch schwieriger denn je. 

Habeck treibt das Thema um, er sucht weiter den Dialog, auch mit denen, die sicher nicht die Grünen wählen werden. Doch die Ratlosigkeit bei dem Thema auf der Reise ist spürbar.

Philipp Eckstein, ARD Berlin, zzt. Dresden, tagesschau, 14.07.2023 20:19 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Sachsen, Das Sachsenradio, Regionalnachrichten, am 13. Juli 2023 um 15:30 Uhr.