Omid Nouripour hört Mitarbeitern des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zu.

Sommerreise Nouripour besucht die Katastrophenhelfer

Stand: 19.07.2023 11:35 Uhr

Bei seiner Sommerreise geht Grünen-Co-Chef Nouripour ins Gespräch mit Katastrophenschützern und Sicherheitskräften. Er gibt sich verständnisvoll. Versprechen kann er aber nichts - vor allem kein Geld.

Von Iris Sayram, ARD Berlin

Die Brauen eng zusammengezogen, die Augen zu schmalen Schlitzen geformt, den Kopf leicht vorgebeugt: Omid Nouripour wirkt sehr konzentriert, als er von den Mitarbeitern des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) ihre technische Ausstattung erklärt bekommt. Bei einem Rettungswagen legt der Grünen-Co-Vorsitzende an der Trage mit Puppe zu Demonstrationszwecken noch selbst Hand an. "Ganz schön schwer", stöhnt Nouripour. Doch immer noch müssen die überalterten Rettungswagen eingesetzt werden: "Da laufen Unfallopfer eher weg als sich da drin transportieren zu lassen", scherzt ein Helfer.

180 neue Fahrzeuge gebe es bereits, doch 300 würden fehlen. Nouripour nickt verständnisvoll. Doch versprechen kann er nichts, vor allem kein Geld. Das ist es, woran es auch beim BBK mangelt. Seinen Besuch hält Nouripour dennoch für bedeutsam. "Wir leben in Zeiten großer Unsicherheit. Gerade diejenigen, die uns Sicherheit geben, haben es verdient, dass sie gehört werden und sagen können, wo der Schuh drückt", erklärt Nouripour die Motivation seiner Reise, die am Sonntag in Mannheim startete.

Ob auch die schlechten Kompetenzwerte seiner Partei beim Thema innere Sicherheit ein Rolle spielen? Nouripour widerspricht nicht. Neben dem BBK besucht der Grünen-Co-Chef auch noch die Polizei-Spezialeinheit GSG 9, das Technische Hilfswerk und die Feuerwehr in Bonn-Oberkassel.

Omid Nouripour hilft beim Transport einer Bahre mit einer Übungspuppe in einen Krankenwagen.

Beim Rettungswagen legt der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour an der Trage mit Puppe zu Demonstrationszwecken selbst Hand an.

Schäden hätten vermieden werden können

Vor allem bei der Feuerwehr stecken die Ereignisse aus der Flutkatastrophe im benachbarten Ahrtal vielen noch in den Knochen. "Das ist unser Ground Zero", sagt einer. Bei der Frage, welche Lehre daraus zu ziehen ist und wie die Menschen insgesamt besser geschützt werden können, muss der Amtsleiter der Bonner Feuerwehr, Jochen Stein, nicht lange nachdenken: "Wir haben weniger ein Ressourcenproblem als ein Koordinierungsproblem." Schäden hätten damals vermieden werden können, wenn die Abstimmung unter den Bundesländern reibungsloser funktioniert hätte.

Man habe damals einfach in Eigenregie Hilfe länderübergreifend organisiert. "Das war total illegal", gesteht Stein. Hier stimmt Nouripour nicht nur zu, sondern nimmt den Ball direkt auf: "Wir sind uns einig in der Koalition, dass der Bund mehr tun dürfen sollte. Es braucht Gespräche mit allen Bundesländern, dass man an einem Strang zieht."

Es klingt so, als gebe es hier noch kein konkretes Konzept. Doch einen Gesetzentwurf für eine bessere Koordinierung zwischen den einzelnen Verantwortlichen hat Innenministerin Nancy Faeser erst Anfang der Woche vorgelegt. Der Referentenentwurf soll die kritische Infrastruktur vor Katastrophen wie etwa durch Starkwetter, Flut, Pandemien aber auch Sabotagen schützen. Das sogenannte KRITIS-Dachgesetz befasst sich dabei auch mit einer besseren Koordinierung zwischen Bund und Ländern. Dem BBK ist in dem Entwurf eine besondere koordinierende Rolle vorgesehen.

Ärger um das KRITIS-Dachgesetz

Man kenne die Details zu diesem KRITIS-Entwurf nicht, heißt es bei den Grünen etwas verschnupft. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, wird in einem Statement deutlicher: "Dass bereits ein Referentenentwurf in Hintergrundgesprächen an Journalistinnen und Journalisten verteilt wird, noch bevor er den Fraktionen des Parlaments vorliegt, ist äußerst bedauerlich."

Von Notz hofft, dass das "bestehende Zuständigkeitswirrwarr" beim Schutz der kritischen Infrastruktur aufgelöst werde. Viel Vertrauen darin scheint es bei den Grünen nicht zu geben. Auch Nouripour verweist bei der Thematik lieber auf das eigene 15-Punkte-Programm "für ein krisenfestes Land". Es stammt aus dem vergangenem Jahr.

Landtagswahl in Hessen schwingt mit

Nouripours Heimat liegt in Hessen. Dort, wo Innenministerin Faeser im Herbst gegen den Grünen Spitzenkandidaten Tarek Al-Wazir um das Amt des Ministerpräsidenten antritt. Beim Hessentrend aus dem Frühjahr lagen Grüne noch leicht vor der SPD. Wie fragil die Werte sind, zeigt sich aktuell am Bundestrend, wo die Grünen nur noch an vierter Stelle stehen.

Es gibt einen Moment beim Besuch im BBK, in dem sich Nouripours Gesicht ganz deutlich erhellt: Ein Mitarbeiter öffnet ihm die Tür zu einem ATV - ein besonders kleines und wendiges Zivilschutzfahrzeug mit übergroßen Reifen. Nouripour zögert nicht lange und steuert das Mobil zielsicher über die präparierten Hügel.

Oliver Neuroth, ARD Berlin, zzt. Bonn, tagesschau, 19.07.2023 12:09 Uhr